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«Reiner Wahnsinn» und «Bullerhasen» - Oper beim Weill-Fest gefeiert

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Dessau-Roßlau - Rebellion auf der Bühne: Das Anhaltische Theater Dessau hat mit dem Stück «The Beggar's Opera (Des Bettlers Oper)/Polly» die Rotstiftpolitik in der Kultur angeprangert. Das Haus mit rund 1000 Plätzen war am Samstag zur Premiere ausverkauft. «Reiner Wahnsinn» heißt es in der Inszenierung von Generalintendant André Bücker - zur Lage von Bühnen und Orchestern und wohl auch in Anspielung auf den Namen von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Das Stück wurde im Rahmen des 22. Kurt-Weill-Festes (bis 9. März) erstmals gezeigt.

 
 
In Sachsen-Anhalt gibt es seit Monaten Proteste von Theaterschaffenden gegen den Sparkurs des Landes. 2013 hatte das Land die Bühnen mit 36 Millionen Euro unterstützt, künftig sollen es rund 30 Millionen Euro im Jahr sein. Das Dessauer Theater gehört nach eigenen Angaben zu den ältesten in Deutschland, bundesweit bekannt ist es etwa wegen seiner Wagner-Tradition.
 
 Anfangs zeichnet Bücker im Stück ein düsteres Bild von Sachsen-Anhalt, wo «Leute wegrennen» - oder im tristen Plattenbau im Jogginganzug leben. «Wir alle müssen sparen, da fangen wir bei ihnen gleich an. Die drei Millionen Euro weniger, das wird sie schon nicht umbringen», sagt Mr. Hopeman (Sebastian Müller-Stahl), als er auf die Bühne tritt. Der Mann im grauen Anzug wird von einer aufgebrachten Menge an Schauspielern und Tänzern um den Bettler (Gerald Fiedler) auch die «rote Null» - «vom Stamm der Bullerhasen» genannt. In Sachsen-Anhalt ist Jens Bullerjahn (SPD) Finanzminister.
 
 Mr. Hopeman zeigt sich gnadenlos: «Mit so etwas werden unsere "sauer verdienten Steuern" verschleudert», sagt er zur Arbeit von Künstlern, oder: «Da könnt ihr demonstrieren wie ihr wollt, die Mauern des Landtages reißt ihr nicht ein».
 
 Die 1728 in London uraufgeführte Balladenoper «Des Bettlers Oper» - von John Gay und Johann Christoph Pepusch - kritisierte die damaligen Verhältnisse und sorgte für Aufsehen. Das Nachfolgestück «Polly» wurde sogar verboten. «Als wir die "Beggar's Opera" auf den Spielplan setzten, konnten wir noch nicht ahnen, wie aktuell dieses Stück durch die Sparpläne des Landes bei den Theatern und Orchestern werden würde», sagte Bücker am Samstag.
 
 In der Inszenierung lässt «Ministerialdirigent» Mr. Hopeman Künstler via Casting-Show um einen Job zittern. «Schauspieler, Tänzer und Musiker zeigen, wie sie sich angesichts der verheerenden Kulturpolitik des Landes fühlen», sagte Bücker. Dramaturg Andreas Hillger sagte: «Uns war es wichtig, dass mit dem Stück alle zu Gehör kommen, denn es betrifft alle.» So spielen auch eine Kantinenfrau, ein Techniker und ein Souffleur mit.
 
 Dem Publikum gefiel die dreistündige Inszenierung. Es gab aber auch kritische Stimmen in den Reihen des Theaters wie «zu viel Agitation und Propaganda» oder «alles etwas arg übertrieben».
 
 Das 17-tägige Kurt-Weill-Fest mit 50 Veranstaltungen zu Ehren des in Dessau geborenen deutsch-amerikanischen Komponisten (Musik für Bertolt Brechts «Die Dreigroschenoper») war am Freitag eröffnet worden. Schirmherr ist Ministerpräsident Haseloff. 2013 besuchten das Festival in Dessau-Roßlau und Umgebung laut Veranstalter rund 16 000 Menschen. 
 
Petra Buch
 
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