Gohrisch - Ein kleines Musikfest in der Sächsischen Schweiz beschert den Gästen jedes Jahr neue Töne. Denn auch Uraufführungen sind bei den Schostakowitsch Tagen in Gohrisch gang und gäbe. Ab Donnerstag ist es wieder so weit.
Die Internationalen Schostakowitsch Tage in Gohrisch sind zehn Jahre nach ihrer Gründung in der Musikwelt eine feste Adresse. «Gohrisch ist mittlerweile für viele Künstler ein Begriff», sagte Tobias Niederschlag, Künstlerischer Leiter des Festivals, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Früher hätten die meisten gar nicht gewusst, dass Dmitri Schostakowitsch in Gohrisch sein berühmtes 8. Streichquartett komponiert hat. Diese Wissenslücke habe man schließen können.
«Gohrisch ist nach wie vor das einzige Festival, das jedes Jahr zu Ehren Schostakowitschs stattfindet. Es gibt inzwischen viele Künstler, die auf uns zukommen und wegen eines Auftritts in Gohrisch nachfragen», betonte Niederschlag. In diesem Jahr sei das Programm schon fast komplett gewesen, als die Musiker des Borodin-Quartetts ihr großes Interesse an einem weiteren Auftritt in Gohrisch bekundeten. «Das ist durchaus eine luxuriöse Situation.» In den vergangenen Jahren waren immer wieder Stars der Szene wie der Geiger Gidon Kremer oder der Pianist Igor Levit nach Gohrisch gekommen.
Niederschlag sieht seinen Ort gut vernetzt - mit dem Schostakowitsch-Zentrum in Paris genauso wie mit Forschern aus Russland und der ganzen Welt. «Wir haben das große Glück, jetzt das dritte Mal in Folge eine Schostakowitsch-Uraufführung zu haben. Das sind natürlich auch Glücksfälle, die man nicht planen kann. Und das wird auch nicht jedes Jahr möglich sein», sagte der Festivalchef. Es könne aber durchaus sein, dass in den kommenden Jahren noch ein paar Stücke des Komponisten auftauchen. Wenn es von der Besetzung her passe, werde man sich immer bemühen, sie zuerst in Gohrisch aufzuführen.
Laut Niederschlag haben die Schostakowitsch Tage bei ihren ersten neun Jahrgängen elf Uraufführungen und zehn deutsche Erstaufführungen von Werken verschiedener Komponisten präsentiert. In diesem Jahr wird Schostakowitschs Klavierstück «Im Wald» aus dem Jahr 1919 uraufgeführt.
«Man kann in Gohrisch Dinge hören, die man sonst so leicht nicht hören kann.» In den kommenden Tagen könne man den 30 000. Festivalgast begrüßen. Die Auslastung liege bei gut 95 Prozent. Nach Angaben von Niederschlag hat Gohrisch ein Stammpublikum, das die Festivalpässe kauft, noch bevor das Programm veröffentlicht ist. Die Gäste reisten aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland an.
Inhaltlich will sich das Festival auch fortan auf seinen Namensgeber und Musik des 20. und 21. Jahrhunderts konzentrieren. Dabei soll weiter der Bogen zu Komponisten geschlagen werden, die wichtig für Schostakowitsch waren oder Impulse von ihm aufgriffen. Auch Meister aus früheren Zeiten wie Bach und Beethoven wurden in Programmen schon thematisiert. Modest Mussorgski ist einer der Musiker, den Niederschlag künftig mit Schostakowitsch im Programm verknüpfen will.
Schostakowitsch hatte 1960 in Gohrisch sein 8. Streichquartett komponiert. Es gilt als seine persönliche Abrechnung mit Stalin und als eines der zentralen Kammermusikwerke des 20. Jahrhunderts. Der Musiker logierte damals in einem Gästehaus des DDR-Ministerrates.
Seit 2010 widmen sich die Schostakowitsch Tage mit wechselnden Schwerpunkten dem Schaffen des Komponisten und seinem Einfluss auf andere. Musiziert wird in einer Scheune, die Künstler bekommen lediglich »Frackgeld» von 10 Euro zur späteren Reinigung ihrer Kleidung. Kost und Logis sind aber frei. Das alles macht Gohrisch zu einem besonderen Musikfest.