Gohrisch - Die Internationalen Schostakowitsch Tage in Gohrisch (Sächsische Schweiz) wollen weitere bisher unbekannte Werke ihres Namensgebers vorstellen. Für die 11. Ausgabe des Festivals vom 2. bis 5. Juli kündigten die Organisatoren am Donnerstag zehn Uraufführungen an.
Neben einer Bearbeitung für Streichorchester stehen acht kurze Klavierstücke auf dem Programm, die Schostakowitsch als Teenager 1918 und 1920 komponierte und die bisher nie öffentlich aufgeführt wurden, wie es hieß. Hinzu kommt ein Präludium aus seiner Reifezeit. Ein Schwerpunkt ist in diesem Jahr das Werk Beethovens.
Bereits am Vorabend des Festivals, am 1. Juli, gibt die Sächsische Staatskapelle Dresden als Patenorchester der Schostakowitsch Tage im Dresdner Kulturpalast ein Sonderkonzert. Unter Leitung von Tugan Sochijew spielt Sol Gabetta Schostakowitschs Cellokonzert Nummer 1 auf. Außerdem erklingen die «Polowetzer Tänze» aus der Oper «Fürst Igor» von Alexander Borodin. In den darauffolgenden Tagen in Gohrisch treten weitere namhafte Künstler auf, darunter Dmitri Masleew, Sieger des Moskauer Tschaikowski-Wettbewerbs 2015, und Julianna Awdeewa, die 2010 beim Chopin-Wettbewerb in Warschau gewann. Auch Baiba und Lauma Skride (Violine und Klavier) sind dabei.
Die Konzentration auf Schostakowitsch und Beethoven in dessen Jubliäumsjahr zum 250. Geburtstag kommt nicht von ungefähr. «Für Schostakowitsch war Beethoven zeitlebens ein prägendes Vorbild, bis zuletzt studierte er dessen Klaviermusik und die späten Streichquartette», teilte das Festival mit. Der musikalische Humanismus in Beethovens Sinfonien habe Schostakowitsch Orientierung für sein eigenes Schaffen gegeben, das häufig unter Repressalien und in Zeiten großer Hoffnungslosigkeit entstand.
Den Internationalen Schostakowitsch Preis Gohrisch 2020 verleiht das Festival an die russische Musikwissenschaftlerin Olga Digonskaja. Die leitende Archivarin des Moskauer Schostakowitsch-Archivs hatte in den vergangenen Jahren mehr als 300 unbekannte Schostakowitsch- Manuskripte ausfindig gemacht und dem Veranstalter in Gohrisch immer wieder Novitäten zur Uraufführung anvertraut.
Erstmals gibt es zum Festival in Gohrisch auch Tanz. An drei Tagen - dem Zeitraum, in dem Schostakowitsch in Gohrisch sein 8. Streichquartett komponierte - wird das Borodin Quartett gemeinsam mit dem finnischen Ensemble Raekallio Corp. eine Tanzversion des Werkes erarbeiten und zum Festival-Finale präsentieren.
Schostakowitsch (1906-1975) war zweimal in Gohrisch zu Gast. 1960 komponierte er hier sein 8. Streichquartett, das als persönliche Abrechnung mit Stalin und als eines der zentralen Kammermusikwerke des 20. Jahrhunderts gilt. Der Musiker logierte damals in einem Gästehaus der DDR-Regierung.
Seit 2010 widmen sich die Schostakowitsch Tage mit wechselnden Schwerpunkten dem Schaffen des Komponisten und seinem Einfluss auf andere. Musiziert wird in einer Scheune, die Künstler bekommen lediglich ein «Frackgeld» von zehn Euro zur späteren Reinigung ihrer Kleidung. Kost und Logis sind frei. Das alles macht Gohrisch zu einem besonderen Musikfest. Inzwischen ist es auch international bekannt.