Berlin - Smartphone statt Geige, Tablet-PC statt Trompete: Als Matthias Krebs im Oktober 2010 die Idee kam, klassische Musik nicht mehr mit herkömmlichen Instrumenten zu spielen, sondern mit modernen Telefonen, da schlug ihm vor allem eines entgegen: Skepsis. 400 Musiker hatte der Dozent von der Universität der Künste (UdK) in Berlin angeschrieben und gefragt, ob sie bei seinem Experiment mitmachen wollten.
"Davon haben sich drei bei mir gemeldet. Und einer ist nach der ersten Probe nicht wiedergekommen", erinnert sich der Projektleiter. Zwei Jahre später gehören diese Anfangsschwierigkeiten der Vergangenheit an. Am Sonntag (16. Dezember) steht Krebs im Berliner Dom mit seinem mittlerweile achtköpfigen DigiEnsemble Berlin auf der Bühne. Dabei präsentiert das kleine Orchester neben einer experimentellen Raumklang-Collage auch Arien aus dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach und aus dem Konzert "Ombra Mai Fu" von Georg Friedrich Händel. Das Besondere: Das Orchester spielt die Stücke ausschließlich auf Smartphones und Tablet-PCs. Begleitet werden sie dabei von Sopranistin Anna Gütter und Bariton Roman Trekel.
Gastspiel in Kairo
Für das Ensemble ist es keineswegs das erste Konzert. Ersten Auftritten bei Sommerfesten folgten bald weitere Engagements auf anderen Bühnen. Mittlerweile spielen die Musiker unter der Leitung von Krebs, der selber Musikpädagoge und Opernsänger ist, in Städten wie Hamburg und Stuttgart, aber auch ein Gastspiel in Kairo stand bereits auf dem Programm.
Hinter dem Projekt steht eine lange Aufbauarbeit. Große Erfahrungswerte, wie man mit der Technik musizieren kann, gab es zuvor nicht. Die ersten Versuche endeten laut dem Projektleiter mit einem eher ernüchternden Ergebnis: "Am Anfang kam nur Lärm heraus", sagt Krebs. Doch nach und nach erschloss sich das Ensemble die Fertigkeiten, forschte nach neuen Möglichkeiten und präzisierte die Spielweise. Dabei brauchten sie vor allem Ausdauer: "Um ein Stück einzustudieren und zum richtigen Klang zu bringen, brauchen wir Monate", sagt Krebs.
Aus Sicht des künstlerischen Leiters handelt es sich bei dem Projekt um ein großes Experiment. Es gehe keineswegs darum, die klassischen Instrumente zu ersetzen. "Eine klassische Geige ist sicherlich einhundert Mal besser", sagt Krebs. Aber die neue Technik biete viele Möglichkeiten und er sei neugierig darauf, sie zu entdecken und mit ihr die Musik weiter zu entwickeln. Wenn man einmal in der Lage sei, mit den digitalen Geräten differenziert zu musizieren, könne man anschließend den Klang auch umsteuern und gezielt Töne wie Wasserrauschen oder Ähnliches in die Stücke einfließen zu lassen.