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Sonic Youth kommt mit neuem Album Murray Street auf Deutschland-Tournee

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Nach jahrelanger Live-Abstinenz kommt die New Yorker Band Sonic Youth für 4 Konzerte nach Deutschland anlässlich der Präsentation ihrer neuen CD Murray Street. Termine sind Anfang Juli in Dresden (8. Juli), Berlin (9. Juli), Hamburg (10. Juli) und Köln (11. Juli). Der Vorverkauf läuft.

Der Album-Titel Murray-Street verweist auf die Straße im Süden Manhattans, auf der die legendären Noise-Avantgardisten ihr Studio haben, unweit vom „Ground Zero“ gelegen. Zum Zeitpunkt des Terroranschlages am 11. September hielt sich Bandmitglied Jim O` Rourke im Studio auf, während ein Triebwerk in der Nähe aufschlug. Zu seinen eigenen Erlebnissen in diesem Moment schweigt O`Rourke beharrlich, der genauso wie das Studio mit seiner riesigen Gitarrensammlung unbeschadet blieb. Seit Jahren werden hier die unverkennbar dissonanten Klanggewitter kreiert. Aus improvisierten Sessions gehen schließlich die Alben der experimentierfreudigen New Yorker hervor – mittlerweile zum 16. Mal.

Gegründet 1981 von Thurston Moore, seiner Freundin Kim Gordon und Lee Renaldo, hat die Band immer wieder neue Meilensteine in der fortschreitenden Geschichte alternativer Gitarrenklänge und vor allem in deren Grenzbereichen gesetzt. Egal ob paranoide Wave-Klanggewitter der 80er, brachiale Wutausbrüche des Punk, oder harsche Noise-Attacken für die 90er, und schließlich die Sprödigkeit einer Post-Rock-Ästhetik für das kommende Jahrtausend – die New Yorker lieferten in jeder Disziplin ihre ureigenen und unantastbaren Statements.
Sie überlebten, weil sie dabei über jeden Zeitgeist erhaben blieben – vielleicht auch, weil sie erklärtermaßen Musik für sich selbst und nicht für andere machen und so einen Weg weiter gehen, bei dem die ständige Perfektionierung ihres ureigenen Sounds das Ziel bleibt. Die Bereicherungen für das kreative Miteinander kommen oft von außen. Jedes Bandmitglied bleibt ein autonomes künstlerisches Individuum mit eigenen Projekten, die nicht selten im Bereich freier Improvisationsmusik angesiedelt sind.

Im Jahr 2002, exakt 21 Jahre nach ihrer Gründung, scheint Sonic Youth bei einem reifen Spätwerk angekommen. Das jüngste Album Murray Street kommt – ähnlich wie das Vorgänger-Album NYC Ghosts and Flowers – noch abgeklärter und kontemplativer daher. Ewige Favoriten in punkto brennender Leidenschaft und einer manchmal alles verschlingenden Intensität bleiben sicherlich andere, frühere Alben der New Yorker. Mit Murray Street ist dafür ein Höchstmaß an Ausgewogenheit erreicht, mit der die spezifischen Qualitäten der Musik von Sonic Youth zusammen kommen. Das Songwriting will eingängig sein und bleibt dennoch in die subtile Poesie der typischen elektrischen Klangströme eingebettet. Meist überwiegen melancholische, nachdenkliche und zuweilen auch regelrecht sanfte Grundstimmungen.

Sonic Youth haben immer für einen experimentellen Rock and Roll in einer höchstmöglichen urbanen Verdichtung gestanden – und so lieferte das Vorgänger-Album ein Klangpanorama von New York. Murray Street bleibt in diesem Umfeld. Womöglich hat der 11. September die Künstler nachdenklicher und sanfter gemacht unter einer Oberfläche, die dennoch rauh und aufwühlend bleibt.


CD: Murray Street,
Geffen 2002, Vertrieb über Universal/Motor
Konzertkarten an allen Vorverkaufsstellen.

Stefan Pieper
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