München - Der für seine provokanten Kunstperformances bekannte österreichische Maler und Aktionskünstler Hermann Nitsch wird in der kommenden Saison erstmals an der Bayerischen Staatsoper arbeiten. Wie Intendant Nikolaus Bachler am Mittwoch in München sagte, gestaltet Nitsch am Münchner Nationaltheater Olivier Messiaens fünfstündige Oper «San Francois d'Assise», die zur Eröffnung der Münchner Opernfestspiele am 1. Juli 2011 gezeigt werden soll.
Nitsch wurde vor allem durch sein zum Teil Ekel erregendes «Orgien-Mysterien-Theater» bekannt, in dem er sein Publikum mit Kreuzigungen, der Ausweidung von Tierkadavern oder dem Ausgießen von Blut über nackten Körpern provozierte.
Durch eine ähnlich drastische Bildsprache bekannt wurde der katalanische Kultregisseur Calixto Bieito, der am 21. Dezember 2010 erstmals an der Bayerischen Staatsoper Ludwig van Beethovens Freiheitsoper «Fidelio» herausbringt. Es ist seine erste Arbeit an dem Münchner Haus. Bachler widersprach allerdings dem Eindruck, dass die Staatsoper in der Saison 2010/2011 vor allem auf wohl kalkulierte Schockeffekte setze. «Schock ist nicht unser Thema. Wir wollen beweisen, dass die Stempel, die Künstler wie Bieito oder Nitsch aufgedrückt werden, gar nichts aussagen.»
In Bachlers dritter Spielzeit präsentiert die Staatsoper insgesamt sechs Neuproduktionen sowie rund 30 Werke aus dem Repertoire. Eröffnet wird die Saison am 23. Oktober mit Antonin Dvoráks «Rusalka», inszeniert von dem Österreicher Martin Kusej, der ab 2011 die Leitung des der Staatsoper benachbarten Bayerischen Staatsschauspiels übernehmen wird. Nach Bieitos «Fidelio» steht am 27. Februar 2011 ein Doppelabend mit zwei Märchenstoffen auf dem Programm: Maurice Ravels «L'enfant et les sortilèges» und Alexander Zemlinskys «Der Zwerg». Regie führt der junge Pole Grzegorz Jarzyna; die musikalische Leitung liegt, wie auch bei Messiaens gewaltigem Bühnenwerk über das Leben des heiligen Franziskus, in den Händen des Bayerische Generalmusikdirektors Kent Nagano.
Vincenzo Bellinis Oper «I Capuleti e i Montecchi» nach William Shakespeares «Romeo und Julia» steht am 27. März 2011 in der Regie des Franzosen Vincent Boussard auf dem Spielplan. Letzte Premiere der kommenden Spielzeit und zugleich zweite Neuinszenierung der Münchner Opernfestspiele 2011 ist Wolfgang Amadeus Mozarts «Mitridate, rè di Ponto» mit dem Barockspezialisten Ivor Bolton als Dirigent. Regie führt David Bösch, dessen Münchner Inszenierung von Gaetano Donizettis «L'elisir d' amore» in diesem Mai erstmals mit Anna Netrebko als Adina zu sehen ist. Eine tragende Rolle spielen an der Bayerischen Staatsoper auch die Konzerte des Staatsorchesters. Nagano selbst leitet dabei vier Festspiel- beziehungsweise Akademiekonzerte sowie eine Tournee des Bayerischen Staatsorchesters durch 13 europäische und russische Städte im September 2010.
In einer Bilanz seiner bisherigen Intendanz lobte Bachler das Opernhaus in den höchsten Tönen: «Das Haus wird immer hitziger und heißer und das ist gut so.» Bachler bestätigte, dass die Staatsoper aufgrund einer von der bayerischen Staatsregierung erlassenen Haushaltssperre im laufenden Jahr eine Million Euro an Sachkosten einsparen müsse. «Viel mehr darf es nicht werden, sonst können wir das nicht mehr auffangen.» Jüngst hatte Ulrich Peters, Intendant des Münchner Gärtnerplatztheaters, über ähnliche Sparauflagen geklagt. Das Ministerium hatte dies dementiert.