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Key Visual Stunde Null/ Onck West

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Stunde Null - Radio-Reenactment zum Ende des 2. Weltkrieges im Haus des Rundfunks

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Das Radio-Reenactment für Pianisten und 8-Kanal Soundcollage aus originalen Radiodokumenten macht das wichtigste Propagandainstrument der Nationalsozialisten am historischen Ort nacherlebbar. Das Verstummen des Nazisenders im Frühjahr 1945 steht sinnbildlich für das Kriegsende und die „Stunde Null“. Sie verbindet sich mit dem Stück 4‘33‘‘ von John Cage, in dem kein Ton erklingt zu einem Möglichkeitsraum.

STUNDE NULL
Radio-Reenactment zum Ende des 2. Weltkrieges im Haus des Rundfunks

URAUFFÜHRUNG 8. MAI 2025 17:30 Uhr Kleiner Sendesaal
Die Regisseurin und Klangkünstlerin Ulrike Ruf macht mit „Stunde Null“, einem Radio-Reenactment für Pianisten und 8-Kanal Soundcollage aus originalen Radiodokumenten, das wichtigste Propagandainstrument der Nationalsozialisten am historischen Ort nacherlebbar. Das Verstummen des Nazisenders im Frühjahr 1945 steht sinnbildlich für das Kriegsende und die „Stunde Null“. Sie verbindet sich mit dem ikonischen Stück 4‘33‘‘ von John Cage, in dem kein Ton erklingt, zu einem Möglichkeitsraum. An diesen Moment des Innehaltens, des Lauschens in die Stille, des Wahrnehmens schließt sich der Originalmitschnitt der Nocturne F-Dur op.10, №1 von P. Tschaikowski an, dem ersten klassischen Stück, das nach Kriegsende im Kleinen Sendesaal aufgenommen und an die ausgebombten Berliner gesendet wurde.

Weitere Aufführungen: 18:10/ 19:30/ 20:10/ 20:45 Uhr. 
18:45/21:20 Uhr Lecture mit Publikumsgespräch im Foyer mit Prof. Dörte Schmidt (UdK-Berlin, For-schungsstelle Exil und Nachkriegskultur)

Ulrike Ruf: Konzept und Soundcollage // Ernst Surberg: Klavier Carlo Grippa: Sounddesign und Klangregie // Torsten Podraza: Licht Christina Gießmann: Produktionsleitung

Eintrit frei - Tickets reservieren

Hintergrund

Am 8. Mai 2025 wird sich das Ende des Zweiten Weltkrieges und damit auch das Ende der Nazidiktatur zum 80. Mal jähren. Der Rundfunk war das zentrale Propagandainstrument des Regimes. Er trug entscheidend zum Aufstieg der Nationalsozialisten bei und verbreitete die Lüge, die zum Auslöser des 2. Weltkriegs wurde. Die Deutschen wurden auf den Krieg eingeschworen und mit Durchhalteparolen gefüttert. Das elftägige Verstummen des Rundfunks nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands steht sinnbildlich für den tiefen historischen Einschnitt im Mai des Jahres 1945 - die sogenannte Stunde Null.
In dem Radio-Reenactment begibt sich das Publikum in den Kleinen Sendesaal im Haus des Rundfunks und taucht in die 8-Kanal-Klangcollage aus originalen Radiodokumenten ein. Redefetzen von Nazigrößen aus dem Reichstag oder dem Sportpalast mischen sich mit Unterhaltungssendungen, Fußballergebnissen, Wetterberichten und Nachrichten von der Front. Noch im „Endkampf“ verspricht der Rundfunk seinen Hörer:innen den Sieg. In das Verhallen der Bomben und Sirenen tritt ein Pianist auf. Der Moment des Schweigens der Waffen und des Nazisenders verschmilzt mit der Stille des Stückes 4‘33‘‘, einem Schlüsselwerk der Neuen Musik im 20. Jahrhundert von John Cage, in dem kein Ton gespielt wird.

Der Begriff „Stunde Null“ steht für den Zeitpunkt zwischen Ende und Neuanfang, eine Art Vakuum nach der Auflösung einer totalitären Herrschaft, bevor sich neue Interessens- und Machtstrukturen herausbildeten. Für die Überlebenden des Krieges ist jenseits aller Autoritäten nichts mehr gewiss und alles möglich.
Wenn Cage in dem Stück 4‘33‘‘ mit der Abwesenheit von komponierten Tönen experimentiert, werden zufällig und individuell wahrgenommene Geräusche zum Musikstück. Der Komponist ermöglicht damit seinen Zuhörenden eine Mit-Autorenschaft und öffnet sein Werk hinsichtlich demokratischer Prinzipien.
80 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges ist unsere Welt instabil geworden. Befeuert durch die Kriege in der Ukraine und in Nahost sowie die Entwicklung in den USA, erleben wir politische Polarisierungen mit extremistischen Tendenzen, mediale Desinformationen und Angriffe auf unsere demokratischen Grundstrukturen.

Wenn in diesem Projekt die sogenannte Stunde Null mit Cages Aufforderung zum Lauschen in die Stille verschmilzt, öffnet sich ein Möglichkeitsraum. Im Wahrnehmen, im Zuhören, erfüllen wir die Voraussetzung für gegenseitiges Verständnis und Dialog. Erst mit dem Schweigen der Waffen und des Propagandasenders im Mai 1945 war die Grundlage für ein gemeinschaftliches Miteinander, für Aufarbeitung und Versöhnung geschaffen. Als Reaktion auf die Folgen des Faschismus in Deutschland und Europa gründeten sich noch im selben Jahr die Vereinten Nationen.

Dieses Projekt zum Ende des 2. Weltkrieges richtet sich gegen das Vergessen und appelliert an einen humanistischen Gemeinsinn.

Rahmenprogramm

Die 5 Aufführungen à 30 Minuten werden gerahmt durch eine Lecture mit Publikumsgespräch der Musikwissenschaftlerin Prof. Dörte Schmidt (UdK-Berlin, Forschungsstelle Exil und Nachkriegskultur) zu den Folgen der Zeit der Nazidiktatur und des 2. Weltkrieges auf die Kultur-/ und speziell auf die Musikgeschichte.

Zur Geschichte des Hauses in der NS- und Nachkriegszeit können sich die Besu-cher:innen in den Zwischenzeiten im Podcast „Das Haus des Rundfunks“ informieren. Zusätzlich ist die Galerie im 4. Stock des Hauses des Rundfunks mit einer Wandzeitung zur Geschichte des Hauses für die Besucher:innen zugänglich.

Ulrike Ruf (Konzept, Künstlerische Leitung und Regie)
Ulrike Ruf arbeitet als Musikerin, Autorin und Regisseurin im Grenzbereich zwischen Musik, Performance und Theater. In ihren interdisziplinären Formaten verwebt sie Klang, Sprache, Video und Choreografie. Als Cellistin spielte sie im Konzerthausorchester Berlin, konzertierte auf Festivals wie MaerzMusik, dem Schleswig-Holstein-Musikfestival, dem Romaeuropa Festival und ist Teil der Berliner Echtzeitmusikszene. Prägend für ihren künstlerischen Werdegang war ihre Zeit als Musikerin und Performerin in Tanztheaterproduktionen an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz und die Zusammenarbeit mit Tänzerinnen von Sasha Waltz & Guests und Laborgras. Ihre Stücke und Performances wurden im Berliner Radialsystem V, HAU2, Sophiensälen, in der Villa Elisabeth Berlin uraufgeführt. Sie arbeitete mit Ensembles wie Vocalconsort Berlin, Solistenensemble Kaleidoskop und mit Mitgliedern des Ensembles Mosaik, mit Komponist:innen wie Rama Gottfried und Iris ter Schiphorst und dem Choreografen Gabriel Galindez Cruz. Ihre Werke wurden u.a. im Rahmen der Klangwerkstatt gezeigt und im Deutschlandfunk Kultur gesendet. Ihr Musikfilm STIMMENüberLEBEN erhielt den Opus Klassik Preis 2021.

Ernst Surberg (Klavier)
Ernst Surberg, geboren 1966 in Münster, ist Gründungsmitglied des ensemble mosaik. Als Stipendiat der Käthe-Dorsch-Stiftung studierte er Klavier bei Rolf Koenen und Alan Marks an der Universität der Künste und der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. Im Anschluss an das Studium gab ein Meisterkurs für zeitgenössische Klaviermusik bei Jeffrey Burns die Initialzündung für Surbergs intensive Beschäftigung mit Neuer Musik. Neben seinem Engagement beim ensemble mosaik begann Surberg auch selbst zu komponieren und brachte eigene Werke zur Aufführung. Er schrieb die Musik zu drei Theaterstücken am Schauspiel Köln, für „Der letzte Riesenalk“ (2009) und „wozuwozuwozu“ (2010) mit Anna Viebrock sowie für „Warten auf Godot“ (2011) in der Regie von Thomas Dannemann). Sowohl als Solist als auch mit Ensemble und Orchester spielte Surberg zahlreiche Uraufführungen – unter anderem Werke von Michael Beil, Agostino Di Scipio, Rama Gottfried, Andrew Hamilton, Marisol Jiménez, Georgia Koumará, Klaus Lang, Sarah Nemtsov, Sergej Newski, Enno Poppe, Karen Power, Kirsten Reese, Katharina Rosenberger und Stefan Streich. Mit dem ensemble mosaik gastierte er bei vielen der wichtigsten internationalen Festivals für zeitgenössische Musik und wirkte bei zahlreichen Rundfunkaufnahmen und CD-Produktionen mit.

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