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Tacheles - Das Kunsthaus in Berlin Mitte wird 12

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Das Tacheles ist ein Original, ein alternatives Gesamtkunstwerk. Umstritten bei vielen Berlinern, gehört es unter Touristen zu den Attraktionen der Stadt. Hier trifft der Vorwurf an die Berliner Stadtsanierern nicht zu, dass sie den wüsten Charme in Mitte einfach wegpoliert haben.

Berlin (ddp). Das Tacheles zeigt wie es nach der Wende im wilden Osten war. Der Kultladen in der Oranienburger Straße gehört heute zu den letzten Überlebenden aus jener Zeit. Totgesagte leben ja bekanntlich länger - das Tacheles feiert dieser Tage seinen 12. Geburtstag. Zugleich ist der einjährige behutsame Umbau rechtzeitig zum Fest "so gut wie fertig" geworden."

Glaspaläste, Stahlkonstruktionen und schicker Putz verdrängten zwar immer mehr bröckelnde Fassaden, heruntergekommene Hinterhöfe und graffitibunte Hauswände, doch nicht hier. Geleckt sieht es im Tacheles immer noch nicht aus. Dennoch befürchteten viele, dass das Haus nach der Sanierung nicht mehr dasselbe sein wird.

"Es soll gar nicht dasselbe sein", entgegnet Vorstandsmitglied Jürgen Weih. Das Tacheles werde sich ständig verändern - nicht nur baulich. Trotz der modernen Glasfront im Ost-Flügel über den "Waben" sei es nun "klassische moderne auf kitschruine" wie die Bewohner ihre Bleibe im Internet preisen. Das Ziel des Architekten Carl-Georg Schulz war, die "Ruinen-Romantik" wieder aufleben zu lassen.

Die Investoren-Gruppe Fundus um Anno August Jagdfeld, seit 1998 Eigentümer des Grundstückes, hat rund 4,9 Millionen Euro im ehemaligen Großkaufhaus der Friedrich-Passagen verbaut. Die einsturzgefährdeten Decken sind verstärkt und abgesichert, eine neue Lüftung sorgt für "frischen Wind" im ganzen Haus. "Eigentlich ist nun alles fertig", sagt Weih. Nur Kleinigkeiten fehlen. Der Aufzug funktioniert noch nicht, die Treppengeländer und Stufen sollen erneuert werden. Trotzdem sind der Geburtstag und das Ende des Umbaus für Weih zwei gute Gründe zu feiern: "Der Staub legt sich endlich. Nun kann das Haus wieder offener und lebendiger werden."

Wenn der Vereins-Vorstand durch das Tacheles-Labyrinth auf fünf Etagen führt, können sich Besucher selbst von dem Wandel des Gebäudes überzeugen. Selbst die gruseligen Kellerräume werden nicht ausgelassen. Der zweigeschossige Tiefkeller rettete den heutigen Restflügel - Grund genug dem Tresorkeller mal wieder einen Besuch abzustatten. Während der abenteuerlichen Tour erzählt "Reiseführer" und Vorstand Henning Gruner allerlei Anekdoten aus der Besetzerzeit vor zwölf Jahren, auch wenn er diese Tage selbst nur aus Erzählungen kennt.

Das Tacheles beherbergt auf seinen 8 700 Quadratmetern das Kino "high end 54", eine Metallwerkstatt, 25 Ateliers, eine neue Galerie über dem Torbogen, Büroräume für den Verein und ein Theatersaal. Das Cafe Zapata eröffnet am 1. März wieder. Donnerstags bis samstags lädt der Club Kabada in den blauen Salon. Dort hängen die heutigen Bewohner in den Sofas ab und sehen auf Fotos und Videos, wie es früher einmal war. Besetzer, die sich ab dem 12. Februar 1990 am Kampf um das Tacheles beteiligten, kramen nostalgisch in ihren Erinnerungen aus der wilden Zeit.

In der neuen Galerie des Kunsthaus Tacheles findet noch bis 13. März die Fotoausstellung "Augenblick Tacheles - 100 Fotos von Ursula Storm" statt. Im Fokus der Fotografin und Professorin für Restauration an der Universität Potsdam: das Tacheles sowie sein Innen- und Außenleben. Über fünf Jahre lichtete sie Details um die Oranienburger Straße 54-56a ab.

Ines Treffler

Mehr Informationen unter www.tacheles.de.