Anklam - Die Vorpommersche Landesbühne feiert an diesem Samstag 70 Jahre Theater in Anklam und eröffnet «mit Pauken und Trompeten» ihre 71. Spielzeit. Dabei wird in der Kleinstadt an der Peene schon viel länger Theater gespielt, mindestens seit dem 18. Jahrhundert.
Als ihren Geburtstag sieht die heutige Landesbühne jedoch den 28. August 1949 an, als Goethes «Iphigenie auf Tauris» Premiere hatte. «Im Sommer haben wir aber keine Zeit zum Feiern», sagte Theatersprecherin Martina Krüger.
Wie sie mitteilte, gibt es am Samstag einen humorvollen Ausblick auf das kommende Theaterjahr. 21 Premieren sind vorgesehen, darunter die vier Open-Airs. In einem kurzen Entrée wird dem Publikum das Beste aus vier laufenden Produktionen serviert - darunter aus Shakespeares «Was ihr wollt» und Andersens «Des Kaisers neueste Kleider». Zudem werden Theatererlebnisse versteigert - etwa einen Vineta-Song im theatereigenen Tonstudio aufzunehmen, einen Tanz aus «Ladies Night» oder ein Kampfduell einzustudieren.
Schaukeln im Theater weisen auf die Premiere von Effi Briest nach Fontane hin - Effi schaukelte gern. Zu einer Lesung aus «Tartuffe» von Moliere gibt es einen Schluck Pernod. Und in der «Jokes Corner» werden Witze erzählt - ein Vorgriff auf das Kabarett-Programm «Volle Fahrt ins Aus». Bevor die Erwachsenen am Abend die Saisoneröffnung feiern, haben Kinder schon am Nachmittag Grund dazu, bei der Premiere des Märchens «Der Froschkönig» nach den Gebrüdern Grimm.
Zu den Merkwürdigkeiten der Anklamer Theatergeschichte gehört das Gastspiel der «Tilly`schen Truppe» 1785 im halb preußischen, halb schwedischen Anklam. 1876 wurden für die Kleinstadt an 153 Spielabenden 161 Stücke verzeichnet. 1903 wurde ein Jahr nach der Uraufführung Gorkis «Nachtasyl» in Anklam gespielt. «Manchmal waren vier Truppen gleichzeitig in der Stadt», sagte die Sprecherin. Sie gastierten in Kneipen und vermutlich im 1738 errichteten Schützenhaus, das seit 1950 das Theater beherbergt. Zu dem 1949 geplanten Neubau kam es bis heute nicht.
In den 1980-er Jahren war Frank Castorf Oberspielleiter, dessen Arbeiten in der Fachpresse große Beachtung fanden, jedoch weniger beim Publikum. Die SED-Kreisleitung verbot Brechts «Trommeln in der Nacht». Die vergangenen 35 Jahre prägte vor allem der Intendant Wolfgang Bordel, der das Theater auch über die Wende rettete, vor allem durch die Sommerbespielung auf Usedom im Theaterzelt Chapeau Rouge oder den mittlerweile vier Open Airs.