Erl - Mit einer umjubelten Premiere von Giuseppe Verdis Oper «Aida» sind am Samstagabend die Tiroler Festspiele in Erl eröffnet worden. Die Regisseurin und Bühnenbildnerin Daniela Kerck setzte den Klassiker im Festspielhaus als handwerklich gelungenes Plädoyer gegen die Unterdrückung der Frauen in vielen Kulturen in Szene. Am Pult überzeugte die französische Dirigentin Audrey Saint-Gil.
Verdis wohl bekannteste Oper handelt von der äthiopischen Königstochter Aida, die sich mit anderen Frauen in der Gewalt der Ägypter befindet. Sie verliebt sich ausgerechnet in den ägyptischen Feldherrn Radamès, der seinerseits der Pharaonentochter Amneris versprochen ist. Die Sache geht tragisch aus, denn Radamès wird des Verrats beschuldigt und lebendig eingemauert, zusammen mit Aida, die sich noch heimlich ins Grab geschlichen hat.
Kerck unterlegt ihre Inszenierung unter anderem mit Bildern der von IS-Milizen verwüsteten Ruinenstadt Palmyra. Schon im ersten Bild geht ein Raunen durchs Publikum, als den Sklavinnen ein Propagandafilm vorgeführt wird: «Nicht ihr Frauen verfügt über Euren Leib, sondern der Mann», flimmerte über eine Leinwand. Bewacht werden sie von schwer bewaffneten Milizionären und einer brutalen Gouvernante.
Im Orchestergraben zelebrierte Audrey Saint-Gil mit großen Gesten einen pathosfreien Verdi-Klang mit Sogwirkung. Dazu gab es prächtige Stimmen, von Teresa Romano als Amneris über Maria Katzarava als Aida bis zu Ferdinand von Bothmer als Radamès.
Die Festspiele Erl haben damit nach der Affäre um den Gründer und langjährigen Intendanten Gustav Kuhn einen gelungenen Neuanfang gemacht. Kuhn war nach Vorwürfen sexueller Belästigung im vergangenen Oktober zurückgetreten. Die Vorwürfe hat er zurückgewiesen. Das Festival wird übergangsweise von dem Dramaturgen und Musikmanager Andreas Leisner geleitet, ehe im Herbst der Frankfurter Opernchef Bernd Loebe als neuer Intendant in Erl antritt.