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Udo Lindenberg: «Die schönste Party meines Lebens»

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Es war eine ganz spezielle deutsch-deutsche Beziehung: Udo Lindenberg und seine Fans in der DDR. So zögert auch er keine Sekunde, als im November 89 blitzschnell ein Konzertgeschenk auf die Bühne gebracht werden soll.

 
 
Hamburg/Berlin - Udo Lindenberg war im Hotel, als die Mauer fiel. Die deutsch-deutsche Grenze, gegen die der Rockstar so oft in Panik-Manier seine Stimme erhoben hatte, öffnet sich in Berlin - und er selbst sitzt am 9. November 1989 in München. «Ein Kumpel rief mich an und meinte: Alter, endlich ist das wahr geworden, was du dir immer erträumt hast!», erzählt der Musiker. «Glotze an, Flug gebucht und am nächsten Tag getarnt mit Kapuze auf'm Kopp und Hoch-die-Tassen im Freudentaumel durch Berlin geschleudert» - der 68-Jährige hat es noch genau vor Augen. «Es war die schönste Party meines Lebens», sagt er und trägt gerade wieder Kapuze statt Hut. Gleich will er joggen, fit muss er bleiben - zum Mauerfall-Jubiläum soll Berlin gerockt werden.
 
Keine Sekunde habe er damals gezögert, als «spontifix» etwas auf die Bühne gebracht werden sollte, erzählt Lindenberg. Am 12. November 1989 stieg in der West-Berliner Deutschlandhalle das erste gesamtdeutsche Rock-Pop-Konzert. Stundenlang und spontan. «Alles schön chaotisch», erinnert er sich, «aber egal, Hauptsache, man war dabei». Für den Auftritt habe er sich schnell von jemandem einen Lodenmantel geliehen: «Dreimal war Detektiv Freudenberg auf der Bühne.» Musiker wie Joe Cocker, Heinz Rudolf Kunze und Nina Hagen, Bands wie BAP und Silly traten in den elf Stunden bei freiem Eintritt auf. Lindenberg textete seinen «Sonderzug nach Pankow» um und ließ ihn diesmal von Ost- nach Westberlin fahren.
 
Highlights des Musikmarathons sind jetzt auf CD erschienen - Lindenberg ist als Einziger mehrfach darauf vertreten. Ihn hatte die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung schon lange umgetrieben. «Wir wollen doch einfach nur zusammen sein», sang er in den frühen 70er Jahren nicht nur über sein «Mädchen aus Ost-Berlin», und er träumte von der «Rock'n'Roll-Arena in Jena». Einmal durfte er 1983 im Ost-Berliner Palast der Republik auftreten. Er lasse sich vor den «Propaganda-Karren» der DDR spannen, warfen ihm Kritiker vor. «Dass ich im Palazzo Protzo dann auch gegen die Atomraketen der Russen protestiert habe, passte den Genossen aber ganz und gar nicht», meint er. Die ihm versprochene Tour sagten sie wieder ab.
 
Im Januar 1990 startete er dann sofort «ganz cool in Suhl» eine Tour durch die Noch-DDR. Noch heute seien die Konzerte im Osten besonders, sagt Lindenberg. Wie aufs Stichwort läuft in seiner «Panikzentrale» im Hamburger Hotel «Atlantic» gerade ein TV-Beitrag zum Thema «Ostalgie». «Nicht zu sehr in den Rückspiegel schauen», meint der Musiker, den es aber auch ärgert, wie wenig junge Menschen noch über die Teilung Deutschlands wissen. «Wer weiß, wo er herkommt, kann besser nach vorne gehen», betont er und liefert ganz eigenen Unterricht in deutsch-deutscher Geschichte: In sein Berliner Mauer-Musical «Hinterm Horizont» strömen viele Schulkassen.
 
«Was wirklich alles hinter der Mauer abging, die harten Fakten bis hin zur Fanfolter, davon habe ich auch erst viel später erfahren. Wahnsinnig erschreckend war das», sagt Lindenberg. Neben seiner Wahl-Heimat Hamburg lebte und lebt der Gronauer auch immer wieder in Berlin, ganz nah an der «Scheißmauer». «Hätte die Rote Armee 'nen neuen Trommler gebraucht, hätten die mich locker entführen können», witzelt der Mann, über den «meterhohe Stasi-Akten» verfasst wurden («mittelmäßiger Schlagersänger aus der BRD»). «Die ersten Konzerte im Osten waren dann einfach nur ein Freudentanz», sagt Lindenberg, «und ich war ordentlich stramm auf der Bühne».
 
«Die Vopos stehen noch an der Mauer, aber die Mauer ist bleich geworden. Ein Riesensouvenir. Der Rest muss auch noch weg», hatte er noch auf dem Mauerfall-Konzert in der Deutschlandhalle gerufen. 25 Jahre später gehört sein Auftritt am Sonntag (9. November) zu den Höhepunkten des Bürgerfestes am Brandenburger Tor. «Jungs vom Küstenschutz wegen der Überflutungsgefahr durch die Tränchen des Entzückens» müsse er wohl mitbringen, sagt er und zieht sich die Kapuze ins Gesicht. Jetzt wird gejoggt. Er muss in Form bleiben. Die nächsten Stadionkonzerte stehen 2015 an - unter anderem erstmals im Berliner Olympiastadion.
 
Dorit Koch
 
 
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