Salzburg - Helga Rabl-Stadler sitzt mal wieder im Auto. Die Präsidentin der Salzburger Festspiele ist auf dem Weg nach Wien, um ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen, der Sponsorenwerbung. "Mir macht es einfach riesigen Spaß, Menschen für die Festspiele zu begeistern", ruft die resolute Geschäftsfrau ins Mobiltelefon. Zusammen mit dem neuen Festspielintendanten Alexander Pereira, der selbst ein geschickter Mann des Marketings ist, hat sie mit der Nobel-Chronometerfirma Rolex einen neuen Hauptsponsor aufgetan, laufende Verträge neu ausgehandelt und etlichen vermögenden Privatleuten die Taschen geöffnet.
Allein eine Million Dollar brachte eine seit August 2009 laufende Fundraisingaktion der Salzburg Festival Society in den USA für die neue Originalklang-"Zauberflöte" mit Dirigentenlegende Nikolaus Harnoncourt. Auch der Vertrieb wird angekurbelt. Dafür tourte das Duo Pereira/Rabl-Stadler, teilweise begleitet von Schauspieldirektor Sven-Eric Bechtolf, auf einer regelrechten "Road-Show" nach London, Zürich, New York, Paris, Wien und München. Während sich Pereiras Vorgänger vor allem darum kümmerten, penibel das Budget einzuhalten, setzt das neue Management auf Expansion: Länger, teurer, exklusiver, lautet die Devise.
Trotz Finanzkrise scheint sich über das Festival ein Geldsegen zu ergießen. Die Klagen über eine mangelnde Finanzausstattung des Musik- und Theaterfestivals scheinen Vergangenheit. Das Budget steigt in diesem Jahr von 50 Millionen auf 56 Millionen Euro. "Angst ist nie ein guter Ratgeber", rechtfertigt Rabl-Stadler den riskanten Kurs und zitiert Pereiras direkten Vorgänger Jürgen Flimm, der 2008 nach der Lehmann-Bankenpleite gesagt hatte: "Wenn wir jetzt ein Sparprogramm auflegen, sparen sich die Leute das Kommen."
"Den Leuten etwas bieten"
Mit dem zusätzlichen Geld sollen anspruchsvolle künstlerische Projekte und diverse Glamour-Veranstaltungen finanziert werden. So stellt Pereira dem Festival eine einwöchige Sakralmusikwoche voran. Außerdem will der Musikmanager künftig fast ganz auf Opern-Wiederaufnahmen verzichten. Neu ist auch ein glamouröser Festspielball zum Ende der Festspiele, die 2012 an Stars fast alles auffahren, was die Musikwelt zu bieten hat. Nicht zu vergessen der Plan, ab 2013 jedes Jahr eine neu komponierte Oper zu präsentieren.
"Wir wollen nicht immer nur klagen, sondern unser Schicksal in die eigenen Hände nehmen", sagt Rabl-Stadler. Und die Salzburger Festspiele hätten weltweit einen so guten Ruf, dass man selbst in Zeiten wirtschaftlicher Turbulenzen neue Sponsoren gewinnen könne. "Natürlich muss man den Leuten auch etwas bieten", betont sie. "Ich kann prinzipiell mit Wiederaufnahmen sehr gut leben, aber es ist schwer, Sponsoren für einen zweiten Aufguss zu begeistern."
Trotz aller Jubelmeldungen sind die latenten Finanzprobleme der Salzburger Festspiele damit nicht gelöst. "Die Tatsache, dass uns die öffentliche Hand zwingt, mit Subventionen in der Höhe des Jahres 1998 die Kosten von 2011 zu stemmen, ist schmerzhaft. Schon heute machen die Personalausgaben mehr als 82 Prozent des jährlichen Budgets aus", rechnet Rabl-Stadler vor. "Wir müssen sehr aufpassen, dass die ständig steigenden Fixkosten nicht unseren künstlerischen Spielraum einschränken."
Kein Sponsor für neue Kabel
Die immer wieder von Ex-Intendant Flimm beschworene Gefahr einer weiteren Kommerzialisierung der Festspiele sieht Rabl-Stadler nicht. Allerdings sorgt sie sich, dass sich die öffentliche Hand auch bei der Deckung der "Grundbedürfnisse" auf die Sponsoringaktivitäten des Duos Pereira/Rabl-Stadler verlässt. Die Festspielhäuser kämen in die Jahre, die Anforderungen etwa an den Brandschutz stiegen. "Aber für neue Kabel im Keller und die Sicherheitsbeleuchtung finde ich keinen Sponsor. Das muss die öffentliche Hand leisten."
Bei den Kartenpreisen ist nach Ansicht der Festspielpräsidentin die Schmerzgrenze trotz einer aktuellen Anhebung der höchsten Preiskategorie noch nicht erreicht. "Wie die aktuelle Premiere an der Mailänder Scala gezeigt hat, wo astronomische Preise von bis zu 2.000 Euro pro Karte gezahlt wurden, kann diese Grenze bei gut betuchten Liebhabern manchmal unvorstellbar hoch sein." Allerdings solle davon die Festspielkasse und nicht der Schwarzmarkt profitieren. Dass die Festspiele nur für Superreiche erschwinglich seien, will Rabl-Stadler nicht gelten lassen. Gut die Hälfte der Karten sei zu moderaten Preisen zwischen 5 und 100 Euro im Angebot. Um diese Tickets zu ergattern, muss man sich freilich sputen. Die unteren Preiskategorien sind erfahrungsgemäß als erste ausverkauft.