Hintergrundmusik trägt zu jener Dauerbeschallung bei, die nachweislich krank macht und als Mitauslöser kindlicher Hyperaktivität und Konzentrationsschwächen gilt. Um dem rapiden Schwinden von Ruhezonen und Ruhezeiten entgegenzuwirken, gibt es nun eine österreichische Kampagne gegen Zwangsbeschallung.
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wangsbeschallung liegt nach Definition von Peter Androsch, künstlerischer Leiter für Musik von Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas dann vor, „wenn eine Dienstleistung nur unter Beschallung in Anspruch genommen und/oder wenn die Schallquelle nicht geortet werden kann“. Nicht nur ganz junge Menschen, sondern auch Senioren leiden unter Zwangsbeschallung. Vor allem im Advent, wenn sich das musikalische Repertoire auf einige wenige unablässig wiederholte Weihnachtslieder verengt, wird Musik in Handelsbetrieben zur schweren psychischen Belastung für Handelsangestellte.„Stopp der musikalischen Dauerberieselung“, fordert daher Androsch. Im Rahmen des von ihm initiierten Linz09-Projekts „Hörstadt“, das zur bewussten Gestaltung der akustischen Lebensumgebung beitragen will, hat sich Linz09 mit Organisationen verbündet, denen die fast flächendeckende Beschallung der öffentlichen Sphäre ebenfalls ein Dorn im Ohr ist
Einig sind sich die Organisatoren in der Überzeugung, dass die absichtsvolle Beschallung aus wirtschaftlichen Motiven – zum Beispiel die Erhöhung der Verweildauer zur Umsatzsteigerung – einen Missbrauch des Gehörs und eine Verletzung der körperlichen Souveränität des Menschen darstellt. Mit dem Logo „Beschallungsfrei – Zone ohne Hintergrundmusik“ hat das Kampagnenteam ein Symbol für die Kennzeichnung beschallungsfreier Räume geschaffen – und bereits zahlreiche Organisationen und Unternehmen gewonnen, ihre der Allgemeinheit offen stehenden Räume als „beschallungsfrei“ auszuweisen. Zu den Vorreitern der Initiative zählen die Stadt Linz und das Land Oberösterreich sowie Linz09-Premiumsponsor Bank Austria. Zu den weiteren bald als schallungsfrei ausgewiesene Einrichtungen zählen vor allem Kredit- und Versicherungsinstitute sowie einige Hochschulen. Die Zahl der beschallungsfreien Räume soll im Laufe der Kampagne steigen.
Als Replik auf das 1909 verfasste, lärmverherrlichende "Futuristische Manifest" lancierten die Initiatoren von „Beschallungsfrei“ nun ein „Akustisches Manifest“. Zu ihren Aktionen zählen weiterhin die Mitorganisation des „Internationalen Tags gegen Lärm“, die Unterstützung des „No Music Day“ der dieses Jahr am 21. und 22. November stattfinden soll, sowie die Einrichtung von sogenannten „Ruhepolen“ in der Linzer Innenstadt.