Madrid - Eine Oper des 21. Jahrhunderts mit einem Hauch von Flamenco: Die Idee stammt vom Starintendanten Gerard Mortier, dem Erneuerer der europäischen Opernszene. Als der Belgier 2010 sein Amt als künstlerischer Leiter des Madrider Opernhauses Teatro Real antrat, machte er sich sofort daran, das Vorhaben in die Tat umzusetzen. Die Weltpremiere der - damals von Mortier in Auftrag gegebenen - Oper «El Público» (Das Publikum) findet an diesem Dienstag (24. Februar) in der spanischen Hauptstadt statt.
Der Musikmanager kann sie nicht mehr miterleben. Er war vor knapp einem Jahr im Alter von 70 Jahren an einem Krebsleiden gestorben. Die Grundlage der Oper bildet ein Theaterstück des spanischen Autors Federico García Lorca, der 1936 von Anhängern des späteren Diktators Francisco Franco ermordet wurde. «Ich mag dieses Stück, aber ich verstehe es nicht», hatte Mortier vor fünf Jahren dem spanischen Dirigenten und Komponisten Mauricio Sotelo gesagt. «Du sollst mir und dem Publikum helfen, es zu verstehen.»
Der Dirigent erlitt kurze Zeit nach Erhalt des Auftrags während eines Konzerts auf der Bühne einen Herzinfarkt. Nach der Erholung machte er sich an die Arbeit. Das von Sotelo komponierte Werk hat die traditionelle Struktur einer Oper mit Arien und Duetten, aber zwei Flamenco-Sänger, ein Tänzer und ein Gitarrist sorgen für einen starken andalusischen Einschlag.
Die Oper ist keineswegs eine rein spanische Schöpfung, sondern das Werk eines multikulturellen Teams. Das Bühnenbild stammt vom Berliner Künstler Alexander Polzin; die Kostüme wurden vom renommierten polnischen Designer Wojciech Dziedzic entworfen; neben den Flamenco-Musikern spielt das Orchester des Klangforums Wien unter der Leitung des Spaniers Pablo Heras-Casado.
Lorca (1898-1936) hatte das surrealistische Stück 1930 während einer persönlichen Krise in Kuba geschrieben. Er vertraute das Manuskript damals einem Freund an mit der Auflage, es nach seinem Tod zu vernichten. Das Theaterstück «Das Publikum» wurde erst Jahrzehnte später erstmals aufgeführt. Es handelt von Liebe, Homosexualität und den Masken im Theater.
«Lorca hält dem Publikum einen Spiegel vor, damit es sich selbst betrachten kann», erläutert der Libretto-Autor Andrés Ibáñez. «Das Werk ist schwer verständlich, weil es nicht die endgültige Version ist. Wir wissen nicht, was daraus geworden wäre, wenn Lorca es noch einmal überarbeitet hätte.» Das Madrider Opernhaus widmet das Werk seinem früheren Intendanten Mortier. Die Oper wird vom 24. Februar bis zum 13. März an acht Abenden in Madrid aufgeführt und soll anschließend als DVD auf den Markt kommen.