Wie jedes Jahr wird zur Jahresversammlung der GEMA ein Geschäftsbericht für das vergangene Jahr vorgelegt. Für Reinhold Kreile, den Vorstandsvorsitzenden der GEMA, jedes Jahr bisher ein Grund zur Freude, denn die Erträge konnten Jahr für Jahr gesteigert werden. Seit 1993 von 608,8 Millionen Euro auf mittlerweile 812,5 Millionen Euro, eine erstaunliche Steigerung um rund 33 Prozent in zehn Jahren. Um über diese Größenordnung die Relation zu finden: 3,9 Milliarden US-Dollar Umsatz macht weltweit der Online-Medienhändler Amazon.com, rund eine Milliarde Umsatz der Südwestrundfunk. Der Musiksender und Medienkonzern VIVA liegt bei 100 Millionen Euro. Die gleiche Zahl erreicht beispielsweise auch die DEAG (Deutsche Entertainment AG), der führende Live-Entertainment-Anbieter Europas. Die Plattenfirma BMG kam auf 2,7 Milliarden Euro und Time Warner auf 3,66 Milliarden Euro. Die Ausgaben (Grundmittel) der öffentlichen Haushalte für Kunst und Kulturpflege für das Jahr 2000 betrugen 7.177 Millionen Euro, also etwa das Neunfache der GEMA-Erträge.
Was bekommen die GEMA-Mitglieder raus?
Um die Zahlen richtig zu würdigen, muss auf die Ertragszahl aus 2001 zurückgegriffen werden, da nur für dieses Jahr auch Werte für die Beteiligung der GEMA-Mitglieder vorliegen. 812,5 Millionen, das ist viel und das ist wenig. Denn, was bleibt davon übrig für die bei der GEMA vertretenen Mitglieder für das Jahr 2001: 311,9 Millionen Euro, nur etwa 39 Prozent der Erträge erreichen die in Deutschland vetretenen Mitglieder. Die anderen 61 Prozent (500,6 Millionen Euro) wandern an andere Orte: 117,9 Millionen Euro (14,5 Prozent) sind Aufwendungen (also die Selbstverwaltungskosten), Ausschüttungen an Schwestergesellschaften und Ausschüttungen auf Subverlagssonderkonten stehen mit 223,7 Millionen Euro (27,6 Prozent) in den Büchern, weitere Einzelposten kommen dazu. Bemerkenswert hoch ist die Differenz zwischen den Ausschüttungen an Schwestergesellschaften und den Erträgen, die von diesen an die GEMA zurückfließen: die betragen gerade mal nur 56,4 Millionen Euro, die im Wesentlichen aus Österreich und der Schweiz stammen. Sicher ein Grund, verstärkt deutsche Musik im Ausland zu fördern. Die Beteiligung der GEMA-Mitglieder 2002 am Ergebnis 2001 beträgt 311,9 Millionen Euro (Vergleich: AKM Österreich: 68,5 Millionen Euro; Suisa Schweiz: 74,5 Millionen Euro). Diese müssen an 58.870 Mitglieder verteilt werden, das entspricht einem Durchschittswert von 5.298 Euro per Anno. Natürlich ist dieser Durchnittswert nicht aussagekräftig: Dieter Bohlen, ein Verlag wie Bärenreiter oder auch ein Telefonanlagenkomponist verbergen sich hinter den Einzelschicksalen.
Im Geschäftsbericht sind daher die Auszahlungen auch differenziert nach den Mitgliedsgruppen. Aufs Jahr heruntergerechnet erhält durchschnittlich jedes(r):
• ordentliche Mitglied: 65.538 Euro,
• außerordentliche Mitglied: 4.233 Euro,
• angeschlossene Mitglied: 1.589 Euro,
• Rechtsnachfolger: 7.735 Euro (wobei hierbei der Geschäftsbericht nicht ganz klar ist, weil auch Rechtsnachfolger ordentliche, außerordentliche oder angeschlossene Mitglieder sein können). Die Mehrzahl der GEMA-Mitglieder, nämlich 50.065, sind jene angeschlossenen Mitglieder. Der Bericht weist aus, dass an die ordentlichen Mitglieder rund 58 Prozent des Kuchens gehen, wobei sich hinter dem Durchschnittswert auch ein großer Musikverlag verbergen kann. Es gibt bei der GEMA einige wenige, die von den Ausschüttungen also durchaus leben könnten: mindestens jene 2.779 ordentlichen Mitglieder 2001.
Zur Einnahmensituation
Im Einnahmenbereich waren die beiden größten Posten „Rundfunk und Fernsehen“ mit 203,4 Millionen Euro und „Tonträger- und Bildtonträgervervielfältigung“ mit 279,7 Millionen Euro. „Lebende Musik“ kommt immerhin noch auf 66,4 Millionen Euro. Die Vergütungsansprüche aus § 54 Urheberrechtsgesetz (also Abgaben für Vervielfältigungsgeräte wie Brenner und CDs) lagen gerade einmal bei 15,3 Millionen Euro, konnten aber im Jahr 2002 um etwa ein Drittel auf 20,1 Millionen Euro gesteigert werden. Dieser Zuwachs kompensiert zu weniger als der Hälfte den Rückgang bei der Tonträger- und Bildtonträgervervielfältigung im Jahr 2002 (ein Minus von 13 Millionen Euro). Allerdings, selbst wenn man einen Zusammenhang zwischen Raubkopien unterstellt, verwundert die Bedeutung, die in diesem Rahmen die Diskussion um Musikpiraterie in der Öffentlichkeit einnimmt. Es handelt sich dabei gerade mal um acht Millionen Euro, also ein Prozent der gesamten Erträge. Gewiss, auch Kleinvieh macht Mist, aber dieses Kleinvieh spielt die GEMA locker über mechanische Musik (Musik aus Wiedergabegeräten, Radios in Kneipen ...) ein (2000: 89 Millionen Euro; 2001: 96,7 Millionen Euro; 2002: 101,8 Millionen Euro). Minimal sind die Einnahmen aus Lizensierung von Musik im Online-Bereich. Der Geschäftsbericht schreibt dazu: „Die Höhe der Erträge aus Internet-Lizenzen ist auf Grund der sich entwickelnden Rechtslage und der Unübersichtlichkeit der nationalen wie internationalen Rechtedurchsetzung auf diesem Gebiet nach wie vor nicht einzuschätzen.“ (Seite 26) Auf Nachfrage bei der Pressestelle der GEMA soll es sich um einen Betrag von etwa 100.000 Euro für das letzte Jahr handeln. Angesichts der Tatsache, wie viel Musik im Internet bereitgestellt wird, sei es für ein so genanntes „Vorhören“ wie bei den Online-Medienhändlern Amazon oder JPC, aber auch von Seiten einiger Plattenfirmen oder auf andem Gebiet (einen Einblick liefert www.tonspion.de) erscheint dieser Betrag sehr klein, entweder weil er wirklich nicht so einfach zu berechnen ist oder weil viele Musikangebote nicht lizensiert sind. Als neuer Markt scheint sich dagegen die Lizensierung von Ruftonmelodien (Handy-Klingeltöne) zu erweisen. Hier ist der Ertrag mehr als zehnmal so hoch wie bei der Online-Lizensierung: 1,365 Millionen Euro.
Geschäftsbericht der GEMA im Internet: http://www.gema.de/wirueberuns/geschaeftsbericht.shtml
Statistisches Bundesamt Deutschland: http://www.destatis.de/d_home.htm
AKM Österreich: http://www.akm.co.at
Suisa Schweiz: http://www.suisa.ch/home_d.htm