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Salzburger Festspiel-Präsidentin: „Ich hoffe wieder auf eine richtige Ära“

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Fast 290 000 Besucher aus 73 Nationen hatten die Salzburger Festspiele 2013 – ein neuer Rekord. Die Ausweitung des Programms in den vergangenen Jahren hat auch Schattenseiten. Die Salzburger Festspiele rechnen trotz Rekorden bei Besuchern und Sponsoren-Geldern nur mit einer „schwarzen Null“ für die Festspiele 2013. Die Präsidentin der Festspiele, Helga Rabl-Stadler, spricht im Interview der Nachrichtenagentur dpa über finanzielle Herausforderungen, rasch wechselnde Intendanten und die Zukunft des weltgrößten Musik- und Theaterfestivals.

Frage: Die Intendanten wechseln immer schneller. Jetzt hat auch Alexander Pereira nach nur drei Jahren hingeworfen und wird Intendant der Mailänder Scala. Steckt das Festival in der Krise?

Antwort: Ich sehe da keine krisenhaften Zeichen. Aber natürlich sind diese Kurzintendanzen nicht das, was sich Festspiele wünschen.

Frage: Eigentlich müsste man sich ja die Finger schlecken nach der Leitung einer solch bedeutenden Kulturinstitution...

Antwort: Im Falle von Alexander Pereira gab es eine ganz besondere Konstellation in seinem Leben. Eigentlich wollte er eine neue Ära begründen. Doch dann wurde die Chefposition der Scala ausgeschrieben und Pereira drängte, nach nur einer Saison, auf eine Verlängerung seines Vertrages bis 2020. Das wollte ihm das Kuratorium, unser Aufsichtsrat, aber nicht zugestehen. Ich habe diese Entscheidung verstanden. Ich verstehe aber auch Pereira, der die Chance nicht vergeben wollte, Chef der Mailänder Scala zu werden.

Frage: Pereira hat das Festival stark ausgeweitet, unter anderem mit Einführung der Ouverture spirituelle, einer Woche mit Sakralmusik am Anfang der Festspiele. Dabei ist er aber auch finanzielle Risiken eingegangen. Wie stehen die Festspiele zurzeit finanziell da?

Antwort: Wir kommen aus der Saison 2013 wohl mit einer schwarzen Null heraus. Tatsache ist aber, dass unter Pereira vier Millionen Euro an Rücklagen aufgebraucht wurden, obwohl wir Rekordeinnahmen aus dem Kartenverkauf und dem Sponsoring verzeichnen konnten. Sein Nachfolger wird ohne Sicherheitspolster starten.

Frage: Pereira hatte sich wiederholt mit dem Kuratorium angelegt, in dem Politiker aus Stadt, Land Salzburg und dem Bund sowie der Tourismusförderung vertreten sind. Ist dieses Gremium eine Bremse für künstlerische Ambitionen?

Antwort: Ich wäre ziemlich dumm, wenn ich jetzt fordern würde: alle Politiker raus aus dem Kuratorium. Das sind nämlich die Leute, die ich jetzt für die dringend nötige Erhöhung der Subventionen für die Festspiele brauche. Ich bin fest davon überzeugt, das wir das Festspielgesetz von 1950 nicht antasten sollen, weil es ein Sicherheitsnetz bietet. Bund, Land, Stadt müssen nämlich ein mögliches Defizit tragen. Solch eine Konstruktion gibt es nur bei ganz wenigen Kulturinstitutionen weltweit.

Frage: Sind Sie eigentlich stolz darauf, dass Sie so erfolgreich bei der Gewinnung von Sponsoren sind und der Anteil der öffentlichen Hand an der Finanzierung der Festspiele nur noch bei einem Fünftel liegt?

Antwort: Ich glaube schon, auch wenn mir manchmal vorgeworfen wird, die öffentlichen Geldgeber zu sehr zu verwöhnen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass die öffentliche Hand ein stärkeres Bekenntnis zu uns abgeben muss. Es kann nicht sein, wir mit Subventionen auf dem Stand von 1998 die Kosten von 2014 stemmen müssen.

Frage: Festivals gibt es mittlerweile sozusagen wie Sand am Meer. Und viele bieten hohe bis höchste Qualität. Wie wollen sich die Salzburger Festspiele aus diesem Ozean der Künste hervorheben?

Antwort: Die Debatte darüber führen wir seit 1920, als die Festspiele gegründet wurden. Gründungsauftrag war eine Friedensbotschaft in einer Zeit des Krieges und der Gewalt. Dieser Gründungsmythos trägt uns bis heute. Im kommenden Jahr (2014), wenn dem Beginn des Ersten Weltkriegs zum 100. Mal gedacht wird, ist dieser Auftrag so aktuell wie eh und je. Wir stellen uns ihn mit einem großen Programmschwerpunkt.

Frage: Sie werden bis 2017 amtieren und als Präsidentin noch das erste Jahr des neuen Intendanten Markus Hinterhäuser mit gestalten. Was erwarten Sie sich von ihm?

Antwort: Ich hoffe, dass es Hinterhäuser gelingt, wieder eine richtige Ära zu begründen. Zehn Jahre sind eine gute Zeit, um den Festspielen einen Stempel aufzudrücken.

Frage: Was sehen Sie selbst als ihre bisher wichtigste Leistung an?

Antwort: Als ich kam, galten die Festspiele als abgehoben und elitär, eine Nachwirkung der Karajan-Ära. Gerard Mortier, Hans Landesmann und Heinrich Wiesmüller haben die Tore der Festspiele weit geöffnet. Ich konnte das noch verstärken, etwa mit den Siemens-Festspielnächten. Allein letztes Jahr hatten wir zwölf Live-Übertragungen auf unsere tageslichttauglichen Großleinwand.

ZUR PERSON: Helga Rabl-Stadler (65) ist seit 1995 Präsidentin der Salzburger Festspiele. Die Tochter des ehemaligen ORF-Intendanten Gerd Bacher war in den 1970er Jahren Politik- und Wirtschaftsjournalistin. Danach saß sie elf Jahre für die christdemokratische ÖVP als Abgeordnete im Parlament.

Georg Etscheit

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