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Schlüssel zum Gefühl

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Fach Musik in Griechenland
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In der modernen griechischen Bildung gehört die Musik nicht zu den Hauptfächern. Im Kindergarten singen die Kinder ein paar Lieder und spielen auf simplen Orff-Instrumenten. Jeden Tag werden zwei bis drei Lieder gesungen, die pädagogische Inhalte haben können: über die Natur oder den Körper, und vielleicht dürfen die Kinder sogar auf den Instrumenten spielen, die da so schön an der Wand hängen. Musik spielt also keine zentrale Rolle in der Erziehung der Kinder.

Die Kinder verbringen vier bis fünf Stunden im Kindergarten. Wenn sie nach Hause kommen, hören sie Radio oder sehen fern. Im Radio werden zum größten Teil „Erwachsenenlieder“ gespielt, und im Fernsehen gibt es, wie überall auf der Welt, alle möglichen Sendungen und Musikvideos. Die kleinen Kinder dürfen außerdem auch an den Familienfesten wie Namenstagen, Hochzeiten, Taufen teilnehmen. Bei solchen Festen gibt es Musik, die Menschen tanzen Volks- oder moderne Tänze, und natürlich hören die Kinder die Musik und nehmen auch an den Tänzen teil. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, daß es in Griechenland private und öffentliche Kindergärten gibt. Da die Eltern für die privaten Einrichtungen zahlen, hat dort die Musik einen höheren Stellenwert, und es gibt die Möglichkeit, zweimal pro Woche einen Musiklehrer zu organisieren, so daß die Kinder Musikunterricht bekommen können. Die Trennung in private und öffentliche Bildungseinrichtungen setzt sich auf dem Gebiet der Grundschulen und Oberschulen fort. Die Kinder besuchen sechs Jahre die Grundschule, dann drei Jahre das Gymnasium und weitere drei Jahre die Oberschule. Aphrodite Mihalopoulo, eine Musiklehrerin, erzählte mir, daß es in einer der öffentlichen Grundschulen in Xania, Kreta, kein Geld für die Einstellung eines Fachlehrers für Musik gibt. Die Schule entscheidet, welcher Lehrer Musik erteilt. Von der ersten bis zur vierten Klasse gibt es zwei Musikstunden pro Woche, aber wenn der Mathematiklehrer Musik erteilen soll, kann er sich auch dafür entscheiden, anstelle von Musik lieber Mathematik zu unterrichten. In der sechsten Klasse gibt es nur einmal pro Woche Musikunterricht. Die folgenden sechs Jahre der Schule sehen keinen Platz für Musik vor, die Musikstunde wird als unbedeutend betrachtet! Auf dem privaten Sektor sieht es ein bißchen besser aus. Hier ist etwas Geld vorhanden, um qualifizierte Musiklehrer zu verpflichten, so daß die Kinder zweimal pro Woche Musikunterricht haben. Die Kinder lernen viele Lieder, nationale und moderne, griechische und englische. Diejenigen Gymnasien und Oberschulen, die sich für die Weiterführung des Musikunterrichts entscheiden, haben einen Schulchor und in manchen Fällen auch ein Orchester. Alle Eltern, egal ob ihr Kind an einer privaten oder öffentlichen Schule ist, können ihr Kind an eine Musikschule schicken oder einen privaten Musiklehrer nehmen. Die Musikschule heißt „Odion“ und das Mindestalter für Instrumentalunterricht ist auf sieben Jahre festgesetzt. Ein Kind kann hier aus allen Instrumenten auswählen, vorausgesetzt natürlich, daß es einen Lehrer für das Instrument gibt. Nicos, 12 Jahre alt und an einer öffentlichen Schule, besucht das „Odion“ zweimal pro Woche und spielt Keyboard. Er sagte mir, daß er sehr gerne Keyboard spielt und daß seine Inspiration sein älterer Bruder gewesen sei, der damit anfing, als Nicos noch ein kleiner Junge war. Das griechische „Odion“ funktioniert sehr gut. Die Eltern bezahlen für die Musikerziehung ihrer Kinder, die aus instrumentalem, vokalem und theoretischem Unterricht besteht. Ein Schüler kann bis zum 18. Lebensjahr im „Odion“ bleiben, in manchen Spezialfällen sogar ein bißchen länger. Für talentierte Schüler gibt es auch noch die Möglichkeit eines Stipendiums. Das Problem ist, daß das öffentliche Bildungssystem die Musikerziehung nicht wirklich zu schätzen weiß. Musik ist der Schlüssel zu unseren Gefühlen. Musik ist vielleicht das einzige, was uns von Tieren unterscheidet. Warum also ignoriert man Musik in der Schule?

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