Regensburg (ddp). Nur knapp ein Jahr nach der Verleihung des Welterbetitels an Regensburg ist diese Auszeichnung durch die UNESCO womöglich schon wieder in Gefahr. Die möglichen Ersatzrouten zu der für den Verkehr komplett gesperrten «Steinernen Brücke» stoßen bei dem Gutachter-Institut der UNESCO, der ICOMOS Monitoring-Gruppe, auf deutliche Skepsis.
Der Bamberger Denkmalschützer Achim Hubel, der zu den Gutachtern gehört, sagt im ddp-Gespräch: «Die Brückenplanung lässt die Erinnerung an den Fall Dresden wachwerden.» In Dresden droht die Aberkennung des Titels als Weltkulturerbe, weil eine Brücke über das Elbtal gebaut werden soll.
Wie erst jetzt bekannt wurde, besuchte Anfang November eine 30-köpfige Delegation von Experten Regensburg, um sich ein Bild über eine geplante Ersatzbrücke für den Busverkehr über die Donau zu machen. Die «Steinerne Brücke» ist seit 1. August für den Busverkehr komplett gesperrt, Autos dürfen seit einem Bürgerentscheid schon lange nicht mehr über das Denkmal fahren. Das Bauwerk aus dem 12. Jahrhundert ist ein zentraler Bestandteil der als Welterbe ausgezeichneten Regensburger Altstadt.
Zwei Neubau-Varianten gibt es: Zum einen könnte eine Brücke über die Donau östlich der Altstadt entstehen. Diese Variante ist besonders unter Naturschützern umstritten, da die wertvollen grünen Donauauen beeinträchtigt werden könnten. Favorisiert wird allerdings eine neue Brücke westlich der Altstadt. Diese Pläne stoßen jedoch auf große Bedenken der UNESCO-Experten.
«Problematische Planungen der Stadt Regensburg» attestiert Hubel. Die östliche Variante sei ja ohnehin sehr unwahrscheinlich. «Erstens haben die Regensburger den Eingriff in die Donauauen bereits in früheren Jahren abgelehnt, zweitens ist es doch unsinnig, die Brücke so nah an der Nibelungenbrücke zu bauen." Doch auch die andere Variante gefällt dem Denkmalschützer nicht: «Das ist eine wahnwitzige Planung.»
Die großen Gelenkbusse müssten seiner Ansicht nach durch enge Straßen bis zur Donaubrücke gelenkt werden. «Das würde wohl nicht ohne eine Verbreiterung der Holzlände und einen schwerwiegenden Eingriff in das mittelalterliche Ensemble möglich sein», sagt Hubel. Zudem müsste es am Brückenkopf Rampenbauwerke geben, «um genügend Höhe zu erreichen». Auch dies will sich der Denkmalpfleger «überhaupt nicht vorstellen». Zugleich kritisiert Hubel die Informationspolitik der Stadtverwaltung. Der Monitoring-Gruppe sei noch keine genaue Planung für die Verkehrsführung vorgestellt worden. «Entweder hat man gar keine, oder man möchte uns diese nicht zeigen.»
Erleichtert sind die UNESCO-Vertreter hingegen über das Scheitern der Hotelbaupläne in Schloss St. Emmeram. «Der Oberbürgermeister erweckt in der Öffentlichkeit den Eindruck, als wäre es das Schlimmste für Regensburg, dass dieses Hotel nicht kommt», sagt Hubel. Dabei, so der Professor, «hätte ein Schlosshotel gravierende Veränderungen und Zerstörungen der wertvollen Bausubstanz mit sich gebracht».
Das Fürstliche Haus Thurn und Taxis hatte eigentlich geplant, zusammen mit der Schörghuber Gruppe (Arabella-Hotels) ein Fünf-Sterne-Nobelhaus im Schloss zu verwirklichen. Der Umbau scheiterte allerdings jetzt an der Finanzierung. St. Emmeram ist größer als der Buckingham Palace und mit 500 Zimmern eines der größten Schlösser weltweit. Besonders die von Cosmas Damian Asam gestaltete Bibliothek sowie der berühmte Davidhof und der Kreuzgang des ehemaligen Klosters St. Emmeram wären von dem Hotel berührt gewesen.
Nicht äußern will sich die Stadt Regensburg zu der Kritik von Hubel. Elisabeth Knott, Sprecherin von Oberbürgermeister Hans Schaidingers (CSU), sagte: «Herr Hubel spricht als Privatmann, seine Meinung ist für uns nicht relevant.» In den nächsten Wochen wird die Monitoring-Gruppe nun einen Bericht über Regensburg verfassen und diesen nach Paris zur UNESCO schicken. Nach der Kritik es ist unwahrscheinlich, dass der Bericht den Umgang der Stadt Regensburg mit dem Welterbe gutheißen wird.