Der Streit um das Bayerische Jazzinstitut (BJI) spitzt sich weiter zu. Nachdem das Bayerische Wissenschaftsministerium der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Jazz in Bayern schriftlich mitgeteilt hatte, „eine weitere staatliche Förderung des Bayerischen Jazzinstituts von einem Wechsel der Rechtsträgerschaft auf den Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen abhängig zu machen“, trat der erst am 20. Mai gewählte neue Vorstand der LAG zurück.
Entgegen den Bestrebungen der Stellvertretenden Leiterin des BJI, Sylke Merbold, zum Bayerischen Musikschulverband als Träger zu wechseln, will die LAG mit ihrem zwischenzeitlichen Vorstand (Theo Geißler, Barbara Heinrich und Steffen Schorn) bei der bisherigen Konstruktion bleiben, derzufolge das BJI Geschäftsstelle der LAG ist und von dieser auch rechtlich getragen wird. Grundlage hierfür ist ein Beschluss der Mitgliederversammlung vom Januar, in dem der Transfer abgelehnt wurde.
Die Stadt Regensburg, neben dem Bayerischen Wissenschaftsministerium der zweite wichtige Geldgeber des Instituts, stellte sich auf die Seite der LAG und wandte sich gegen den vom Ministerium befürworteten Wechsel der Trägerschaft.
Dass vom Staatsminister Wolfgang Heubisch nun – anstelle eines mehrfach abgelehnten Gesprächs – in einem Schreiben das Einfrieren der Mittel für die zweite Jahreshälfte verkündet wurde, wertet der zurückgetretene LAG-Vorstand in einer Pressemitteilung als „einschneidende Maßnahme“ und als Grund, aus Haftungsgründen seinen sofortigen Rücktritt zu erklären. Andernfalls müsste er für das Gehalt der Mitarbeiterinnen, welches aus dem Vereinsvermögen nicht bedient werden könne, persönlich haften.
Die Verantwortung gehe, so heißt es in der Mitteilung weiter, nunmehr auf „die derzeit noch im Vereinsregister eingetragenen Mitglieder des abgewählten, mehrfach und bis heute nicht entlasteten Alt-Vorstandes Martin Schmauch, Harald Rüschenbaum und Joe Viera“ zurück.
Der Vorgang wird von Theo Geißler in der Pressemitteilung wie folgt kommentiert:
„Jazz ist Freiheit“ – so hieß die Biografie über Dusko Gojkovic, dem langjährigen Leiter unserer „Landjugend“ – wie das Bayerische Landesjugend-Jazzorchester sich selbst gern nennt. Jazz ist Verschiebemasse für ein kenntnisarmes Ministerium – so schaut es heute aus.
Während zukunftsorientierte und reformwillige Kräfte in der LAG viel Zeit und Hirnschmalz aufbrachten, um die gröbsten Konstruktionsfehler in den Beziehungen zwischen Geldgebern, Jazzinstitut und LAG auszubügeln, pflasterten Ministerium und Jazzinstitut einen „kleinen Dienstweg“. Auf ihm soll die Trägerschaft für das Institut weg von der unbequem gewordenen LAG hin zu einem sicherlich sehr fleißigen, ministeriumsnahen Verein, dem „Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen“ (VBSM) transportiert werden. So könnten vergangene Zuwendungsproblematiken gewissermaßen im Vorzimmer des verantwortlichen Ministeriums geräuschlos aus der Welt geschafft werden.
Abgesehen davon, dass dieser Transfer fachlich gesehen so schlau ist, wie die Zwangseingliederung eines angeschlagenen Fußballvereins in einen Gleitschirm-Verband: Dem Jazz in Bayern – förderungstechnisch völlig unterbelichtet im Vergleich zu anderen Bundesländern – wird die Chance genommen, sich sachkundig und zielorientiert neu aufzustellen. Das nimmt Wissenschaftsminister Dr. Wolfgang Heubisch (FDP) mit seinem Beschluss-Schreiben in Kauf. Drei Ansuchen um persönliche Gespräche mit dem gewählten LAG-Vorstand hat Heubisch aus „Zeitgründen“ ausgeschlagen.
Dass dieser in nur zwei Monaten viel Zuspruch erhalten hat – bis hin zum Deutschen und Bayerischen Musikrat – und frische Mitgliederkompetenz versammelt (die drei Bayerischen Musikhochschulen, zwei Berufsfachschulen und andere Jazz-Institutionen), ist entweder nicht bis zum Minister durchgedrungen – oder es ist ihm egal: Jedenfalls hat er die Finanzierung der Geschäftsstelle der LAG am 1.7.2012 eingefroren. Aus Verantwortung für die bislang vom Ministerium finanzierten Arbeitskräfte der LAG am Bayerischen Jazzinstitut, sieht sich deshalb der amtierende neue Vorstand gezwungen, zurückzutreten. Er hätte sonst die Gehälter aus ehrenamtlich-privater Tasche zu zahlen. Das kann weder Sinn noch Grundlage von Jazzförderung in Bayern sein.“