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Von der Kunst des richtigen Investierens

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Öffentliche Akzeptanz und öffentliche Förderung im Kunst- und Kulturbereich
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Kunst ist mehr als eine Investition, es ist eine Obsession, eine Leidenschaft. So ähnlich hat sich Christian-Friedrich Flick ausgedrückt, als er nach der Entstehung seiner bemerkenswerten Sammlung zeitgenössischer bildender Kunst gefragt wurde, die bald in Berlin zu sehen sein wird. Auch wenn damit sehr treffend beschrieben wird, was Künstlerinnen und Künstler, aber eben auch Sammler, auszeichnet, gehört zur Kunst die Investition. Und dieses gilt für den öffentlich geförderten Kulturbetrieb gleichermaßen wie für die Kulturwirtschaft.

Es ist richtig und wird hierzulande viel zu wenig beachtet, dass es neben den öffentlich geförderten Kultureinrichtungen eine Kulturwirtschaft gibt, die oftmals weder im Blickfeld der Wirtschafts- noch der Kulturförderung steht. Literatur, Musik, Bildende Kunst, Film, Architektur und Design sind künstlerische Sparten, die in erster Linie durch die Kulturwirtschaft geprägt werden. Hier steht nicht die öffentliche Kulturförderung an erster Stelle, sondern der Markt. Künstlerinnen und Künstler müssen Verleger, Galeristen, Produzenten, Verleiher, Kunden von ihren Arbeiten überzeugen. Sie müssen sie in den Bann ziehen, dass in sie als Künstler und damit auch in ihr künstlerisches Schaffen investiert wird. Künstlerische Arbeit zeichnet sich durch Höhen und Tiefen, durch wechselnde Schaffensperioden, durch Krisen, durch höchste Produktivität, durch den Wechsel von herausragenden und weniger guten Arbeiten aus. Wer in Künstlerinnen und Künstler investiert, geht nicht auf Nummer sicher, sondern geht ein Risiko ein. Der Lohn für dieses Risiko ist die Teilhabe an der Kunst, die Freude oder – wie Michael Naumann es stets sagte – der Trost, den Kunst spenden kann.

Nun sollte die öffentliche Hand und schon gar nicht der Finanzsenator leichtfertig mit den öffentlichen Finanzen umgehen. Die Steuergroschen von uns allen wären bei einem Finanzsenator der ein leichtfertiger Spielertyp wäre, schlecht aufgehoben.

Zur Kunst des Haushaltens gehört aber auch die Kunst des Investierens. Ausgaben für Theater, Museen oder Bibliotheken sind Investitionen. Investitionen in künstlerische oder kulturelle Prozesse, aber auch in die kulturelle Bildung. Der Vergleich mit den Vereinigten Staaten mag pekuniär für Deutschland negativ ausfallen, kulturell aber mit Sicherheit nicht. Man mag sich auch darüber mokieren, dass in Berlin die Eintrittspreise für die Opern niedriger sind als in München. Es soll dann aber auch hinzugefügt werden, ob sich das Durchschnittseinkommen in München nicht auch von dem in Berlin unterscheidet. Gerade sozialdemokratische Finanzpolitiker werden sich in dieser Frage zu entscheiden haben.
Die öffentliche Förderung enthebt die Kultureinrichtungen aber nicht der Verantwortung, unter Beweis zu stellen, dass sich die Investition in sie lohnt. Im Gegenteil, gerade öffentlich geförderte Kultureinrichtungen die nicht ihren Gewinn maximieren müssen sind besonders gefordert, dass sie sowohl den Anforderungen der kulturellen Bildung als auch den zeitgenössischen Künsten nachkommen. Das „Risiko” sollte bei ihnen besonders gut aufgehoben sein. Sie müssen nicht den Mainstream im Publikumsgeschmack bedienen, sondern können ihrerseits in die zeitgenössischen Künste investieren. Sie müssen sich aber fragen lassen, ob es ihnen tatsächlich gelingt, Publikum zu gewinnen und zu halten.

Öffentliche Akzeptanz ist eine wesentliche Voraussetzung für öffentliche Förderung. Das heißt ebenso wie sich die Künstlerinnen und Künstler aus den kulturwirtschaftlich geprägten künstlerischen Sparten am Markt bewähren müssen, damit weiter in sie investiert und ihre Arbeiten gekauft werden, genauso müssen öffentliche Kultureinrichtungen beweisen, dass sie in der Gunst des Publikums stehen und darum ihre Förderung weiterhin gerechtfertigt ist. Die öffentliche Akzeptanz muss aber immer im Verhältnis zur gestellten Aufgabe gemessen werden. Ein volles Haus bei Mozarts „Zauberflöte” ist selbstverständlich einfacher zu erzielen als bei „Bernada Albas Haus” von Aribert Reimann. Auslastungsvergleiche sind nur dann zulässig, wenn die Risikobereitschaft der verglichenen Kultureinrichtung zumindest ähnlich war.

Wird öffentliche Kulturförderung so verstanden, ist sie weder ein Almosen, das den Kultureinrichtungen gewährt wird, noch eine Selbstverständlichkeit, die ihnen qua Existenz zusteht. Ein solches Verständnis öffentlicher Kulturförderung geht von zwei gleichberechtigten Partnern aus, die sich auf Augenhöhe gegenüberstehen. Den Einrichtungen, die eine Leistung erbringen und dafür Mittel erhalten, und der Politik, die entscheiden muss, ob sie diese Leistung haben will und ob der verlangte Preis adäquat ist. Politik meint dabei das Parlament und die Regierung und zwar die Verantwortlichen der verschiedensten Ressorts. Es ist ein beliebtes und letztlich auch billiges Spiel, dass es dem Finanzsenator gleich sein kann, für welche Zwecke das Geld ausgegeben wird, Hauptsache der Haushalt ist ausgeglichen. Ein solches Verständnis von Finanzpolitik ist kurzsichtig.

Die Finanzpolitiker müssen wie alle guten Investoren prüfen, ob sich ihre Investition zumindest mittel- wenn nicht langfristig lohnt. Sie müssen entscheiden, in welchen Bereichen sie investieren wollen und in welchen nicht. Den Sachverstand der Fachpolitiker der jeweiligen Ressorts bei der Entscheidung zu Rate zu ziehen, gehört dazu zur hohen Kunst des Haushaltens und des Investierens.

Finanzpolitiker dürfen keine leichtsinnigen Spieler sein, aber sie müssen wie Unternehmer den Mut zur Zukunft haben und bereit sein, in die Zukunft zu investieren. Dem Berliner Finanzsenator ist in diesem Sinne deutlich mehr Mut zu wünschen!

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