175 Jahre Jubiläum feiert der Deutsche Musikverlegerverband in diesem Jahr. Grund genug, auf der Messebühne über Situation und Zukunft, Probleme und Chancen der Verlage und ihres Verbandes zu sprechen. Dagmar Sikorski, Verbandspräsidentin und Chefin der Sikorski Musikverlage, Detlef Kessler vom AMA Verlag, Thomas Tietze von Bärenreiter und Jens-Markus Wegener, Alster Musikverlag, diskutierten mit Moderator Theo Geißler aktuelle Fragen der Branche.
95 Prozent aller Musikverlage werden durch den Verband vertreten, so Dagmar Sikorski, vom Ein-Mann-Betrieb bis zum Unternehmen mit 250 Mitarbeitern. Jens-Markus Wegener fühlt sich auch mit seinem Pop-Musik-Verlag gut vertreten; von den langjährigen Erfahrungen könnten gerade jüngere Verlage profitieren. Der Verband stelle eine starke Lobby für die Verlage und damit für die Urheber dar. Eine Herausforderung ist für die Verlage – anders als für die Plattenindustrie, die sich erst seit wenigen Jahren damit befassen muss – bereits seit vielen Jahren das Thema des unerlaubten Kopierens. Noten zu kopieren, um damit dem Kauf oder der Entleihung zu entgehen, schädigt die Verlage, die sich vorwiegend dem Papiergeschäft widmen, außerordentlich.
Es konnte nicht ausbleiben, dass sich die Diskutanten auch der gegenwärtig schwelenden Auseinandersetzung mit der Phono-Industrie über die Höhe der Lizenzierung zuwandten. Nach wie vor scheinen die Fronten hier verhärtet. Am bedrückendsten sei es, so Thomas Tietze, dass die Plattenindustrie Fehler, die sie selbst zu verantworten habe, auf diesem billigen Weg wettzumachen versuche. Auch die neu geschaffene Download-Plattform Phonoline könne nicht als Retter für die vorhersehbare Krise herhalten. „Gespräche mit der Plattenindustrie finden zurzeit nicht statt. Diskussionen im inhaltlichen und wirtschaftlichen Bereich sind zum Erliegen gekommen,“ ärgert sich Tietze. Die label-eigenen Verlage, die Mitglieder des DMV sind, haben eine ganz eigene Stellung, werden aber, wie Dagmar Sikorski bestätigt, vom Verband nun gegenüber ihren Muttergesellschaften unterstützt. „Diese Verlage sind auch nicht glücklich, weil sie selbst von der jetzigen Situation überrascht worden sind.“
Im Gegensatz zu den „Großen“ nutzt der Alster Musikverlag die Vorteile des kleinen Verlags: „Wir kümmern uns intensiver um unsere Autoren“, so Wegener. Er produziert keinen Riesen-Katalog wie die Majors, entwickelt aber frühzeitig Strategien für neue Ertragsfelder wie zum Beispiel Werbemusik. Auch AMA hat mit einer Nische angefangen und die ersten Noten mit CD auf den Markt gebracht. Heute allerdings ist AMA zum Full-Service-Verlag geworden. Die „Nase“ des Verlegers spielt noch heute eine große Rolle, wenn es um die Entwicklung neuer Produkte geht, aber, so Detlef Kessler, der Verlag lebt auch von seinen hochspezialisierten Mitarbeitern.
Vielfältige Veränderungen haben der Verband und seine Mitglieder in den vergangenen Jahre erfahren. Das Verlagsgeschäft ist stark verrechtlicht worden, die Controller spielen – in schweren Zeiten – eine wichtige Rolle. Aber „Controller sind nicht da, um Projekte zu verhindern, sondern um sie zu ermöglichen“, versichert Tietze. Und Dagmar Sikorski erlebt den Verlegerberuf nach wie vor positiv: „Wir haben doch den schönsten Beruf der Welt.“