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Musikland-Jahreskonferenz zeigt Perspektiven für geflüchtete Musiker. Foto: Hufner
Coronavirus: Hoffnung, Absagen und Spielzeitende. Foto: Hufner
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Wie weiter in der Kulturpolitik nach der Bundestagswahl?

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Berlin - Der Kultur droht in der Politik leicht ein Schattendasein, bei Koalitionsverhandlungen stehen kulturelle Themen nicht gerade obenan. Mit der Rechtsruck-Wahl vom Sonntag und dem Triumph der rechtsnationalen AfD könnte sich das ändern. Denn bei der Wahlanalyse geht es jetzt auch um die Frage, welche kulturellen Verwerfungen und Unbehaustheiten zu dem Erstarken der Rechtsaußen-Partei geführt haben.

«Letztlich geht es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, und diese Frage beantwortet man nicht mit einem dichteren Netz an Autobahnen», sagt die bisherige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). «Wir müssen einen guten Weg der Besinnung auf unsere eigenen Wurzeln finden, dann kann man auch dem Fremden den notwendigen Raum geben.»

Auch der Deutsche Kulturrat, die Dachorganisation von 250 Bundeskulturverbänden, machte eine «tiefgreifende kulturelle Verunsicherung in der Gesellschaft» für das Wahlergebnis verantwortlich. Die Rolle der Kultur für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Integration habe im Wahlkampf so gut wie keine Rolle gespielt, monierte Kulturrats-Geschäftsführer Olaf Zimmermann. «Das müssen wir ändern!»

In welcher Form und mit wem an der Spitze, lässt sich am Tag eins nach der Wahl noch nicht annähernd absehen. Von Grütters ist bekannt, dass sie liebend gern ihren im Kanzleramt angesiedelten Posten erneut übernehmen würde. «Vier Jahre sind einfach sehr kurz, wenn man viele Ziele hat», hatte sie der Deutschen Presse-Agentur vor dem 24. September gesagt.

Eine gute Startposition hat die Berliner CDU-Chefin immerhin - auch wenn es bis zum Schluss eine Zitterpartie war. Als Spitzenkandidatin ihrer Partei holte sie sich erneut über die Liste ein Bundestagsmandat, nachdem ihr Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf seit jeher eine Domäne der Linken ist. Hätten nur zwei CDU-Politiker mehr ein Direktmandat gewonnen, hätte selbst ihr Listenplatz eins nicht mehr gezogen.

Vor allen Gedankenspielen ums Personal steht aber zunächst der Koalitionspoker. Das derzeit wahrscheinlichste Bündnis, die Jamaika-Koalition, gilt auch im Kulturbereich als ausgesprochen schwierig. Die FDP würde als Juniorpartner gern das mühsam durchgekämpfte Gesetz zum Schutz von Kulturgütern wieder kippen, das aber bei der Union als ausgesprochenes Aushängeschild gilt.

Bei den Grünen als möglicher Nummer drei hat die Forderung nach kultureller Integration einen deutlich höheren Stellenwert, als die Unionsschwester CSU mitzugehen bereit ist. «Eine offene Gesellschaft und kulturelle Vielfalt stehen bei uns ganz klar auf der Agenda - heute mehr denn je», sagt die Kulturfachfrau der Grünen, Ulle Schauws.

Ein lange gehegter Wunsch des Kulturrats könnte durch die Jamaika-Koalition allerdings in Erfüllung gehen. Mit drei Partnern hätte Schwarz-Gelb-Grün mehr Leute, die mit einem Ministeramt versorgt werden müssten. Die Chance, das bisher auf Staatssekretärsebene angesiedelte Kulturamt zu einem eigenen Ministerium auszubauen, stiegen damit deutlich. Nach fast 20 Jahren Provisorium sei die Zeit endlich reif, so Zimmermann.

Für Noch-Amtsinhaberin Grütters ist das Thema allerdings kein Muss. Ihr sei die Unterstützung durch Regierungschefin Angela Merkel im Kanzleramt wichtiger als ein eigenes Haus, versichert sie regelmäßig. Nach Informationen aus Unionskreisen ist sie zudem als Nachfolgerin von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) im Gespräch. Vor der Landtagswahl in Niedersachsen am 15. Oktober dürften aber noch keine Entscheidungen fallen.