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Performance: Fahrrad mit Platte bei Musik 21. Foto: Klaus Fleige
Performance: Fahrrad mit Platte bei Musik 21. Foto: Klaus Fleige
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Zeitgenössisches in relevanten Zusammenhängen

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Regionalgesellschaften der GNM, Teil 3: Musik 21 der Niedersächsischen Gesellschaft für Neue Musik e.V.
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Selbstverständlich gehört zeitgenössische Musik zum Kulturverständnis eines Landes, eines Bundeslandes, einer Stadt und zum Selbstverständnis vieler Künstler. Selbstverständlich?

Musik 21 veranlasst in vielfältiger Art Interessenten und bisweilen auch Ignoranten genauer hinzuhören – von provokativen Klängen im öffentlichen Raum („My Daily Experiences“) zu Konzertreihen in Sälen mit Renommee (Musik 21 im NDR) bis hin zu Einladungen an das Publikum, sich einzumischen (Ensemble-Gesellschaft). Musik 21 – NGNM e.V. wurde 2006 gegründet und realisiert mittlerweile bis zu 60 Veranstaltungen pro Jahr.
Doch auch die besten Ideen brauchen eine Basis, auf der sie gedeihen können. Nachdem sich das niedersachsenweite Netzwerkprojekt Musik 21 erfolgreich für eine vierjährige Förderung durch das Netzwerk Neue Musik der Kulturstiftung des Bundes beworben hatte, erhielt die Initiative eine erste Planungssicherheit. Von 2012 bis 2015 fördert das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur Musik 21. Das Kulturbüro der Landeshauptstadt Hannover fördert Musik 21 – NGNM e.V. institutionell und das ermöglicht „quantensprungmäßige Veränderungen“, erklärt der künstlerische Koordinator, Schlagzeuger, Dirigent und Komponist Stephan Meier. „Seit dem 1. Januar 2008 gibt es keine Terminüberschneidung im bundeslandweiten Programmangebot mehr, und die Diskussion mit Förderern hat sich grundlegend verändert, denn die Aufmerksamkeit und die Anerkennung der Arbeit von Musik 21 in öffentlichen Stiftungen ist deutlich gewachsen.“ Es hat sich herumgesprochen, dass Projekte zeitgenössischer Musik einen neuen Stellenwert erobert haben, ablesbar an der Resonanz des Publikums.

Als Mitglied des Landesmusikrats Niedersachsen e.V., der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik e.V. (Sektion Bundesrepublik Deutschland) und der European Conference of Promoters for New Music gelingt es, eigene Projekte länderübergreifend zu präsentieren und zu kommunizieren. Das Neue Ensemble, das Ensemble L’art pour l’art, das Nomos-Quartett und das Ensemble S wurden vom Land Niedersachsen für eine vierjährige Konzeptionsförderung im Rahmen von Musik 21 Niedersachsen ausgewählt und realisieren lang gehegte und gesteckte Ziele.

Die Vorstandsvorsitzende von Musik 21 Astrid Schmeling – Flötistin und Mitbegründerin des Ensembles L’art pour l’art – engagiert sich seit Jahrzehnten gegen Elfenbeintürme, „weil uns einfach dieser Status so nervt, dass man eine Enklave hat, in der man ganz tolle Sachen macht, die einen selber begeistern, die sich aber nicht nach draußen transportieren lassen, zu denen, die davon noch gar nichts wissen“. Resultate kreativer Aufbauarbeit sind die etablierten Konzertreihen „zuHören“ in Winsen. Regelmäßig bieten im Forsthaus Winsen Veranstaltungen wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit anschließenden Hörerlebnissen. Seit 1999 verwirren in Winsen Werke aus der Kinderkompositionsklasse Winsen in Konzerten regelmäßig das Publikum, weil sich weder das Renommee noch das Alter der Komponierenden in den Darbietungen zu erkennen geben. Doch Begeisterung und Anerkennung allein tragen derlei Projekte nicht. Die Einbindung in eine Vernetzung wie Musik 21 bietet organisatorische Handlungssicherheit, wodurch sporadische Ereignisse zur Tradition heranwachsen, die sich mit der Zeit aufschlussreich verändern.

„Künstlerische Qualität und gut durchdachte Vermittlungsformen gehören untrennbar zusammen“, bekräftigt Stephan Meier. Qualität ist nicht plötzlich abrufbar und so ist die Kooperation mit Schulen und Hochschulen ein vorausdenkendes Anliegen. „Musik 21 Nachwuchs“, die von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung geförderte Initiative des Netzwerkprojekts, ermöglicht unverzichtbare Gelegenheiten, etwa die „Werkstatt Junger Komponisten“ und Begegnungen mit Komponierenden und Interpretierenden.

Mittlerweile zählt der Verein Musik 21 – NGNM e.V. 15 Mitglieder, bestehend aus Ensembles, Hochschulen, Kulturvereinen und Einzelpersonen. Zudem vereint das Netzwerk Musik 21 Niedersachsen aktuell 50 aktive, finanziell partizipierende Partnerakteure, und dabei sind Kooperationspartner wie Museen oder Verbände nicht eingerechnet. Das Spektrum der Mitstreiter reicht vom Jugendensemble baUsTeLLe KUNSTRAUM Tosterglope bis zur Radiophilharmonie des NDR, von Projekten in etlichen Musikschulen bis zur kontinuierlichen Zusammenarbeit mit dem Institut zur Frühförderung musikalisch Hochbegabter der HMTM Hannover. Ein groß angelegtes Projekt ist die Ensemble-Gesellschaft. „Die Ensembles bilden um sich herum Gesellschaften, aber die dürfen nicht zu Parallelgesellschaften werden, und das haben sich sechs Ensembles vorgenommen. Die Gesellschaft ergab sich aus dem Netzwerk Neue Musik, da haben wir uns getroffen und beschlossen, endlich gemeinsam Antworten auf die Frage zu finden, warum die Musik von heute nicht näher zur großen, ganzen Gesellschaft gelangt“, erklärt Stephan Meier.

Musik 21 initiiert in Niedersachsen und von dort aus das Zusammenspiel von Einzelkämpfern und verstärkt so die Aufmerksamkeit für Neue Musik. Es entstehen künstlerische Kontakte und gemeinsame Projekte, die es ohne das Netzwerk nicht gegeben hätte. „Dieses Netz trägt, wie man sieht, entgegen der Stimmen aller Skeptiker. Die Aussichten für dieses Jahr ermutigen mich zu behaupten, dass die Verknüpfung von künstlerischer Qualität und konstruktivem Diskurs über Neue Musik eine unverzichtbare organisatorische Plattform gefunden hat“, betont Stephan Meier. Musik 21 rückt die Musik der Gegenwart in gesellschaftlich relevante Zusammenhänge. Die Nachfragen werden erfreulich sein, und das Angebot, zeitgenössische Musik zu erleben, gehört immer selbstverständlicher zum Kulturangebot vielerorts in Niedersachsen.
 

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