Wenn Hein Mulders zur Spielzeit 2013 aus den Händen von Johannes Bultmann die Intendantengeschäfte in Essen übernehmen wird, wird er auch ein neues hauseigenes Festival vorfinden – sofern (diesen Vorbehalt muss man immer machen) die Finanzierung hält wie sie von der Kunststiftung NRW versprochen ist. Was mit „Now!“ im modischem Namensgewand, mit imperativ angehängtem Ausrufungszeichen daherkommt, kann als Erbmasse der 2012 auslaufenden Netzwerk Neue Musik-Förderung verstanden werden. Die jetzt gestartete Eröffnungsrunde steht unter der thematischen Klammer „Amerika“, worunter hier die nordamerikanische Avantgarde von John Adams über John Cage und Steve Reich bis zu Frank Zappa verstanden wird.
Philharmonie Essen plus assoziierte Netzwerkpartner wie vor allem Folkwang Universität der Künste setzen als Veranstalter auch eigene Akzente. Das bereits in der Netzwerk-Förderung gut aufgestellte Education-Projekt erlebt seine Fortsetzung; die Hochschule steuert ein „Bandprojekt“ bei, mit, wie es heißt, „zappaesken“ Kompositionen, ein großer Studierender-Abend „Publikumskompositionen“ sowie ensemble folkwang modern ein Konzert mit Werken von Carter, Feldman, Tenney, Reich und Wolpe.
Auch wenn „Now!“ die Assoziation wecken mag, hier und heute würden nun völlig neue Wege beschritten – die ausführenden Kräfte sind mit Bochumer Sinfoniker, WDR Sinfonieorchester, ensemble modern und musikFabrik in ebenso gefestigte wie bewährte Hände gelegt. So sehr dies das erfahrungsgemäß aufgeschlossene Essener Konzertpublikum freuen wird – die freie Szene wie etwa das mehr und mehr, auch international sich profilierende e-mex ensemble ist in dieser von etablierten Institutionen her gedachten Konzeption ausgeblendet. Hier wäre doch nachzubessern. Gleichwohl: Der Festival-Start war denkbar glücklich. Ein von Steven Sloane kuratiertes und seinen Bochumer Sinfonikern glänzend ausgeführtes Orchesterkonzert kam mit Werken von Zappa und Adams einer Entdeckung gleich.
Allein das fulminante, abendfüllende Meisterwerk „Naive and sentimental Music“ von John Adams ließ erkennen, dass die hiesige Konzertlandschaft immer noch weiße Flecken hat. Dazu die Erfahrung des interpretatorischen Potenzials des im Festivalthema beschworenen „Amerika“. Wie Omar Ebrahim und David Moss als schauspielernde, zungenbrechende Sprecher durch Frank Zappas formidable „Adventure of Greggery Peccary“ eilen und Sloanes Bochumer Gas geben, war ein Erlebnis für sich. Von dieser neuen Welt möchte man gern mehr hören.