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Die Pianistin Sabine Liebner aus München. Foto: Rupert Karbacher
Die Pianistin Sabine Liebner aus München. Foto: Rupert Karbacher
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Zurück zu den deutschen Wurzeln

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Das Kölner FORUM NEUER MUSIK 2011 setzt auf den Entwicklungsgedanken
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Ist es hervorhebenswert, wenn ein deutscher Veranstalter deutsche Komponisten und Interpreten programmiert? Auf den ersten Blick nicht. Oder doch? Im Konzertprogramm finden sich Namen wie Enver Özdiker, Annesley Black und Myunghoon Park. Dazwischen gibt’s Cage. Wie jedes Jahr scheint das FORUM NEUER MUSIK vom 7. bis 10. April 2011 im Deutschlandfunk Kammermusiksaal für Überraschungen gut. Andreas Kolb sprach mit Frank Kämpfer, dem verantwortlichen DLF-Redakteur.

neue musikzeitung: Vom Deutschlandfunk aus „nach Deutschland zu blicken“ – was meint das, was heißt das konkret?

Frank Kämpfer: Unser Blick in die deutsche Szene der Neuen Musik ist ein suchender, forschender, nicht von Moden oder Repräsentationsabsichten geprägt. Wen gibt es hier mit einer ausgeprägten musikalischen Sprache, der oder die vom Musikbetrieb nicht verschlissen und daher noch zu entdecken ist – und wo auch die gesellschaftsbezogene Haltung zum Deutschlandfunk passt? Karin Haußmann aus Essen war sofort bereit, etwas Neues zu schreiben; nach kurzem Überlegen auch Rolf Riehm. Von ihm wird ein neues Ensemblestück uraufgeführt: „Lenz in Moskau“. Für die jüngere Generation steht Jamilia Jazylbekova aus Bremen. Mit ihr realisieren wir ein Förderprojekt in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Musikrat. Außerdem im Programm sind Studierende und Nachwuchsleute von verschiedenen Kontinenten. Und dann – gegen alle Gewohnheit – gibt es beim FORUM 2011 auch Musik aus der Vergangenheit.

nmz: Stichwort John Cage. Sabine Liebner spielt an vier Abenden die legendären „Etudes australes“. Warum?

Kämpfer: In 2012 gibt es ein großes Cage-Jubiläum – ihn da herauszuputzen, hätte ich albern gefunden. Ganz unpassend für so eine Gestalt. Wir machen ihn jetzt schon, und zwar als Entdeckung. Die „Etudes australes“ wurden bisher fast nie gespielt, Sabine Liebner aus München präsentiert sie bei uns exklusiv und in neuer Lesart.

Natürlich ist auch von Grete Sultan die Rede, für die die „Etudes“ entstanden sind. Mit ihr gerät auch politische Vorgeschichte ins Spiel. Es geht uns bei Cage ohnehin weniger um die Person als um ein Prinzip. Wie erklärt sich, dass die New York School um Feldman und Cage im Nachkriegsdeutschland diese Bedeutung bekommt? In Ko­operation mit der Kölner Musikhochschule fragen wir nach Cages Wahrnehmung in Deutschland und der Rolle des Radios dabei. Gemeinsam mit David Smeyers haben wir ein Modell entwickelt, das ein Semesterprojekt, eine Matinee und einen Kompositionsauftrag umfasst – und natürlich ein Konzert im Funkhaus mit dem bemerkenswerten ensemble 20/21.

nmz: Drei namhafte Formationen spielen beim FORUM 2011. Darunter das Ensemble Modern, das sich vor 30 Jahren im Sendesaal des Deutschlandfunks gegründet haben soll...

Kämpfer: In unserem Archiv gibt es einen Mitschnitt von einem der ers­ten Konzerte. Es ist also kein Mythos. Friedrich Goldmann dirigiert im Deutschlandfunk – das war 1980, der Ensemblename war noch im Entstehen. Ich freue mich sehr, dass wir das Ensemble Modern jetzt nach längerer Pause wieder einmal in Köln haben werden. Mit e-mex, ascolta und dem Ensemble Modern einerseits und mit Hauß­mann, Riehm und Jazylbekova andererseits können wir musikalische Hochwertigkeit und künstlerische Individualität beim FORUM 2011 hervorragend bündeln.

nmz: Das DLF-Festival wird zum zehnten Mal von Frank Kämpfer programmiert. Man kann nicht behaupten, dass hier Mainstream angesagt ist. Welche Funktion hat das FORUM aus Ihrer Sicht, wie wollen Sie es weiterhin positionieren?

Kämpfer: Die Eigenproduktion, die thematische Arbeit und die internationale Nachwuchsförderung – das sind die tragenden Säulen. Es geht darum, jüngere Künstler nicht nur zu begleiten, sondern nachhaltig zu entwickeln. Und zwar gemeinsam mit unseren Partnern. Wir sind ein Werkstattpodium in einer namhaften Rundfunkanstalt, wir haben einen hervorragenden Saal, ein wunderbares Produktionsteam – und ein Publikum, das einen auf der Straße nach dem nächsten Programm fragt. ¢

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