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Titelseite der nmz 2016/12-2017/01.
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Erdrutsch oder leichte tektonische Bewegung ?

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Das Verhältnis zwischen Urhebern und Verlagen muss neu justiert werden
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Die Nachricht des Urteils des Berliner Kammergerichts in Sachen Kramm und Ackermann versus GEMA wirkte wie ein ungeahnter Kulturerdrutsch. Da war schnell die Rede vom „Ende der GEMA wie wir sie kennen“ (Markus Kompa – Telepolis), „Die Künstler haben die Macht“ (Berthold Seliger – iRights.info), „Alles Geld den Kreativen“ (dpa – faz) und „Wir haben gewonnen“ (Presseservice der Piratenpartei). Auf der anderen Seite: „Existenzbedrohendes Urteil schockt die deutschen Musikverleger“ (Deutscher Musikverlegerverband), „Verheerendes Urteil für kleine und mittelständische Musikverlage“ (vut – Verband unabhängiger Musikunternehmen).

Auf der einen Seite lauter Jubel, auf der anderen sieht und singt man das Ende vom Lied. „Was hat dich bloß so ruiniert“, sangen vor 20 Jahren Die Sterne. Nun steht die Zukunft der Verwertungsgesellschaft GEMA in den Sternen. Dabei weiß fast niemand so genau, was wirklich passiert ist. Den Sachverhalt beschreibt die GEMA selbst wie folgt: „Das Kammergericht in Berlin hat am 14. November 2016 entschieden (AZ 24 U 96/14), dass die GEMA ihre Musikverleger nicht mehr wie bisher an den Einnahmen beteiligen darf. (…) Die Kläger hatten geltend gemacht, dass ihnen neben dem Urheberanteil auch der Verlegeranteil zustehe, da die Nutzungsrechte allein von den Urhebern in die GEMA eingebracht würden. Nach den mündlichen Ausführungen des Kammergerichts Berlin stützt sich die Entscheidung insbesondere darauf, dass in den bestehenden Verlagsverträgen keine eindeutige Aussage zur Beteiligung des Verlegers erkennbar sei.“

Wenn dem so ist, dann muss die GEMA ihre Erträge anders verteilen. Und zwar rückwirkend bis ins Jahr 2013. Dabei geht es nicht um Peanuts, sondern im Zweifel Milliarden-Beträge in der Summe. Eine in der Tat fatale Situation. Schon das Urteil des Bundesgerichtshofes in Sachen Vogel vs. VG Wort hat gezeigt, dass zwischen den an der Kulturentwicklung beteiligten Partnern (Urheber und Verlage) die Verhältnisse in Sachen Rechteverwertung neu geregelt werden müssen.

Wie das genau aussehen soll, darüber ist man sich uneinig. Aber auch hier weist die GEMA auf einen Ausweg hin. „Die GEMA vertritt (…) die Auffassung, dass Urheber und Verleger an den Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften partizipieren sollten, wenn Urheber dies mit den Verlagen vereinbaren.“ Wenn nur das Wörtchen „wenn“ nicht wäre. Danach hängt es im Wesentlichen an den Urhebern, ob sie von ihrem Recht Gebrauch machen – oder eben nicht, wozu sie dies allerdings nachträglich klarstellen müssten. Erdrutsch oder tektonische Verschiebung? Denn wie viele Urheber dazu bereit sein werden, kann nur der Blick in eine Glaskugel verraten. Aber es gibt Anzeichen: Zur Sache haben sich bislang weder der Deutsche Komponistenverband, der „Composers Club“ oder der Deutsche Tonkünstlerverband in Stellungnahmen geäußert; Indizien dafür, dass das Meinungsbild intern uneinheitlich ist.

Nach den Urteilen in Sachen GEMA und VG Wort scheint aber sicher: gemeinsam in einer Verwertungsgesellschaft sind sie vielleicht doch nicht so leicht unterzubringen. Der Konzertagent und Buchautor Bertold Seliger („Das Geschäft mit der Musik“) kommentierte auf iRights.info: „Nicht zuletzt wird dieses Urteil Konsequenzen für die Struktur der GEMA haben, die Stichworte lauten Transparenz und faire Verteilung der Tantiemen. Und die Sperrminorität, über die die Verleger derzeit in der GEMA verfügen, ist durch das Urteil letztlich in Frage gestellt. Ein bloßes ,Weiter so!‘ der GEMA ist angesichts der Rechtslage ausgeschlossen.“

Man kann manchmal den Eindruck gewinnen, bei den Verfechtern des Primats der Urheber herrsche die Einstellung vor, mit einem Verlag erlange man die Lizenz zu Gelddrucken, sie seien, überspitzt gesagt, reine Bereicherungsinstrumente mafiös veranlagter Kapitalisten. Andererseits: Wird deshalb jeder Urheber gleich zu einem Verleger? Offenbar nicht. Verlage sind Scharniere zwischen den Kreativen und der Öffentlichkeit sowie Nutzern von Rechten und im besten Fall sind sie Kommunikationsmittel, Anreger. Leider sind sie auch schon mal Verhinderer oder im Fall von Zwangsinverlagnahmen als Schöpferabschöpfer geradewegs skrupellos.

Bruch?

Was also wird passieren? Zwischen Urhebern, Verlagen und Verwertungsgesellschaft wird man die Rechtssituation neu einjustieren müssen. Für die GEMA und die Verleger ist dafür der Gesetzgeber gefragt: „Wir halten das Urteil für falsch und werden alles daran setzen, dass auch in der Zukunft eine gemeinsame Rechteauswertung von Urhebern und Verlegern möglich bleibt. Wir gehen gegenwärtig davon aus, dass spätestens zu Beginn des neuen Jahres eine gesetzgeberische Klarstellung erfolgen wird, die eine sichere Grundlage für die Verlegerbeteiligung schafft,“ heißt es seitens des GEMA-Vorstandes in einer Mail an ihre Mitglieder. Man gesteht sich dabei implizit ein, dass der Bruch innerhalb der GEMA aus sich heraus nicht zu heilen ist, dass also die Urheber nicht gutmütig genug sein werden, von ihrem neugewonnenen Kuchen etwas abzugeben. Denn sonst bedürfte es nicht eines neuen Gesetzes, um beide zusammenzuzwingen. Zudem ist überhaupt nicht sicher, dass die gewünschte „gesetzgeberische Klarstellung“ tatsächlich erfolgen wird. Aber auf eine auf Augenhöhe zwischen Urhebern und Verlagen geführte Einigung will man sich auch nicht verlassen. Dafür gibt es gute Gründe, die man für die Zukunft besser aus der Welt schaffen sollte, damit zwischen Verlagen und Urhebern wieder der Zustand der Symbiose statt dem einer Zwangsehe sich einstellte.

Und so muss man wohl feststellen: Wenn sich nichts ändert, ändert sich viel – und zwar auf dem Rücken aller Beteiligten! 

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