Vor Freude wurden die beiden Duos spontan zum Quartett: Die Pianisten Yuhao Guo und Mark Kantorovich und das Duo Nadège Rochat (Violoncello) und Quoc-Vinh Nguyen (Klavier) vollführten gemeinsam einen Freudentanz, als die Jury am 19. September um 18.30 Uhr in der Westfälischen Schule für Musik in Münster das Ergebnis des Wettbewerbstags verkündete. Auch im 21. Jahr seines Bestehens macht der mit 6.000 Euro dotierte Klassikpreis herausragende Nachwuchsmusiker glücklich und befördert sie, aller Erfahrung und Recherche zufolge, in die Liga derer, von denen im Musikbetrieb noch zu hören sein wird.
Empfehlen konnte man sich für den „Klassikpreis“ dadurch, dass man ins Programm des Bundeswettbewerbs ein Stück der Wiener Klassik aufgenommen hatte, das von der Bundesjury besonders hoch bewertet worden war. Beim „Klassikpreis“ dann musste das Werk mit allen Sätzen vorgetragen werden. Seine Kategorien folgen denen des regulären Wettbewerbsturnus’, verengt durch die Tatsache, dass die Werke von Haydn, Mozart, Beethoven oder Schubert in Originalbesetzung gespielt werden müssen. Folglich waren 2009 Musiker in den Kategorien „Duo: Klavier und ein Streichinstrument“ aufgerufen, „Duo Kunstlied: Singstimme und Klavier“, „Klavier vierhändig“ und „Besondere Ensembles“. Insgesamt hatten sich 14 Bundespreisträgerinnen und -preisträger „Jugend musiziert“ in sieben Ensembles für die Wertungsspiele um den renommierten „Klassikpreis“ qualifiziert. Und der einzige Wermutstropfen war, dass sich kein einziges Lied-Duo gefunden hatte, obwohl die Bedingungen der Ausschreibung für die Sänger durchaus zu bewältigen gewesen wären: Kein ganzer Zyklus wurde gefordert, sondern eine „aus einem Liederzyklus sinnvoll zusammengestellte Folge von Liedern“, die einen thematischen oder dramaturgischen Zusammenhang hatten. Mögen die Aspiranten für den Wettbewerb 2012 diese Zeilen lesen und sich entsprechend rüsten!
Als Fachleute eingeladen hatte „Jugend musiziert“ erfahrene Musikhochschul-Pädagogen, renommierte Musiker, ausgewiesene Kammermusikspezialisten und Musikjournalisten: Prof. Peter Buck aus Stuttgart, Christine Christianus aus Saarbrücken, Prof. Barbara Doll aus Bern, Gideon Rosengarten aus Berlin, Prof. Josef Anton Scherrer aus Wuppertal, Bernhard Wallerius aus Köln, Prof. Dr. Dieter Zimmerschied aus Mainz. Den Vorsitz hatte Prof. Ulrich Rademacher aus Münster, der als Direktor der Westfälischen Schule für Musik in Personalunion in bewährter Weise die Gastgeberrolle für den „Klassikpreis“ übernahm.
Nach fünf Stunden Musik standen die Klassikpreisträger 2009 fest: der 19-jährige Pianist Quoc-Vinh Ngyuen aus Köln und seine 18-jährige Duo-Partnerin Nadège Rochat (Violoncello) aus Erftstadt erhielten für die hervorragende Interpretation der Sonate Nr. 3 in A-Dur op. 69 von Ludwig van Beethoven die Hälfte des Preisgeldes. Die andere Hälfte des Preises ging an die beiden Kölner Pianisten Yuhao Guo (17) und Mark Kantorovich (18) für ihre Interpretation der Sonate D-Dur, KV 448 von Wolfgang Amadeus Mozart.
Da mit dem „Klassikpreis“ neben der Preissumme von 6.000 Euro auch ein Konzertauftritt verbunden ist, sind beide Ensembles am 6. Dezember um 18 Uhr im Erbdrostenhof Münster in der Konzertreihe „Junge Meisterkonzerte“ der GWK e.V. und des Konzertbüros Schoneberg zu hören. Sie spielen dort das Wettbewerbsprogramm, erweitert um Werke der Romantik und Klassischen Moderne. Das Konzert wird vom WDR aufgezeichnet und zeitversetzt gesendet.
Rochat/Ngyuen und Guo/Kantorovich reihen sich mit ihrem neuesten Titel in die Reihe derjenigen jungen Musiker ein, die das Zeug haben, im Klassikmusik-Betrieb zu bestehen. Als im Juni das „WDR-Musikfest“ stattfand, hatte die Stadt Münster „ihre“ ehemaligen „Klassikpreisträger“ zu Konzerten eingeladen, und das Publikum konnte sich mit eigenen Ohren überzeugen, welch phänomenale Entwicklung die Musikerinnen und Musiker genommen hatten. Dort spielten der Pianist Herbert Schuch, Lena Eckels, Bratscherin im Amaryllis-Quartett, zu nennen wären beispielhaft die Pianisten Martin Helmchen oder Igor Levit, die Geigerin Sophie Heinrich, der Cellist Nikolas Altstaedt oder der Hornist Claudius Müller.
Wo liegen also die Herausforderungen, verglichen mit denen des gro-ßen Wettbewerbs „Jugend musiziert“? Dazu Ulrich Rademacher: „‚Jugend musiziert‘ findet und fördert junge Musikerinnen und Musiker, die auf höchstem handwerklichem Niveau vielseitig, authentisch und faszinierend sind. Die Ausschreibung gibt ihnen Gelegenheit, sich mit einer breiten Palette von Stilrichtungen zu präsentieren. Dadurch sind die Vorspielprogramme oft eine Sammlung von kurzen, wirkungsvollen ‚Häppchen‘, die wenig Raum für eine tiefer gehende Beschäftigung mit einem größeren Werk lassen. Der ‚Klassikpreis‘ will jungen Musikerinnen und Musikern Gelegenheit geben, zu zeigen, was im normalen Wettbewerb nicht möglich ist: ein ganzes, oft viersätziges klassisches Werk mit den spezifischen Herausforderungen beispielsweise der Sonaten-Form, eines langsamen Satzes, eines charakteristischen Tanzes und vielleicht eines virtuosen Finales unter einen großen Spannungsbogen zu stellen. Es gibt immer wieder Preisträgerinnen und Preisträger, die diesem Anspruch in besonders brillanter Form genügen.“ Ein Filmteam von nmzMedia dokumentierte den „Klassikpreis“ 2009, demnächst wird die Dokumentation im Netz zu sehen sein.
Ein ganzes Werk mit seinen spezifischen Herausforderungen bestmöglich zu präsentieren, ist schließlich auch die Klammer über den beiden „Wochenenden der Sonderpreise – WESPE 2009“, deren erstes nun in Münster stattfand: Wie schon im Vorjahr hatte „Jugend musiziert“ Bundespreisträgerinnen und -preisträger aufgerufen, sich für WESPE zu bewerben: Gefordert ist die Beschäftigung mit einem vollständigen Werk seiner Wahl und die jeweils beste Interpretation. Während in Münster traditionell die Musik der Wiener Klassik im Mittelpunkt steht, geht es bei WESPE in Freiburg um Werke des 20. und 21. Jahrhunderts. Aktuell 157 Teilnehmer bewarben sich vom 25. bis 27. September in Freiburg in sechs Kategorien um Geldpreise im Gesamtwert von 24.000 Euro. Ein Bericht folgt in der kommenden Ausgabe.