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Will Jazzer für junge Hörer begeistern: Markus Lüdke vom Musikland Niedersachsen. Foto: Nina Weymann-Schulz
Markus Lüdke vom Musikland Niedersachsen. Foto: Nina Weymann-Schulz
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Improvisation und Jazz für Kinder

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Markus Lüdke über ein Symposium auf der jazzahead!
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Das Musikland Niedersachsen erstreckt sich vom Harz bis zur Nordseeküste und von der Elbe bis zur Ems. Die zentrale Aufgabe der Musikland Niedersachsen gGmbH ist es, in dieser Fläche Akteure untereinander zu vernetzen. Ihren Ursprung hatte die Initiative, die 2008 ihre Arbeit aufnahm, in einer Bestandsaufnahme des zwar reichhaltigen, aber weitgehend unentdeckten Musiklebens.

So werden im Bundesland über 150 Musikfestivals veranstaltet, die inzwischen größtenteils als Partner betreut werden – von den Sommerlichen Musiktagen in Hitzacker über die Göttinger Händel Festspiele bis zu Weltmusikfestivals wie dem Morgendlandfestival in Osnabrück. 2017 hat das Musikland eine neue Initiative ergriffen, die über die Landesgrenzen hinausreicht. Es ist Hauptveranstalter des Symposiums „Improvisation & Jazz für Kinder“ auf der Fachmesse jazzahead! in Bremen (27.4.2017). nmz-Chefredakteur Andreas Kolb unterhielt sich mit dem Musik­land-Geschäftsführer Markus Lüdke über das neue Projekt seines Hauses.

neue musikzeitung: Für unsere Leser aus anderen Bundesländern: Was ist die Musikland Niedersachsen gGmbH?

Markus Lüdke: Wir unterstützen die professionellen Musikschaffenden im Land – vornehmlich diejenigen, die über keine eigenen Verbandsstrukturen verfügen. Das sind die Freien, die Fes-tivals, die Spielstätten oder die Musikvermittler. Wir begleiten Szenen auf dem Weg, sich selbst zu organisieren. Den Landesverband der Spielstätten unter dem Dach der LiveKomm etwa haben wir mit auf den Weg gebracht. Wir agieren als Moderator, der Impulse in die Szenen gibt und nachhaltige Strukturen aufbaut.

Eines unserer zentralen Anliegen ist die Musikvermittlung. Wir halten diese für ein entscheidendes Instrument, die Musikwelt modern zu halten und weiter zu entwickeln. Dabei haben wir nicht nur Kinder als Publikum vor Augen, sondern das Entwickeln neuer Aufführungsformate für alle Generationen.

nmz: Kann ich als Künstler Projektmittel direkt beim Musikland beantragen?

Lüdke: Wir sind keine fördernde, sondern eine Service- und Netzwerkeinrichtung. Was wir anbieten, ist fachliche Beratung und Begleitung innerhalb von Workshops oder Konferenzen. Dabei bringen wir die Kulturakteure zusammen: Stiftungen, Künstler, Kulturpolitik, Musikpädagogen und Vermittler. Dass es hier immensen Informationsbedarf gibt, merken wir immer dann, wenn einzelne Szenen wie etwa die Popularmusik nicht von bestehenden Fördermöglichkeiten wissen und also auch keine Anträge stellen.

nmz: Apropos Mittelvergabe: Wie sieht die Finanzierungstruktur des Musiklandes selbst aus?

Lüdke: Musikland Niedersachsen ist eine Gesellschaft der Stiftung Niedersachsen. Neben ihr sind das Land Niedersachsen über das Ministerium für Wissenschaft und Kultur und die Niedersächsische Sparkassenstiftung fördernde Partner.

nmz: Warum haben Sie über die niedersächsischen Landesgrenzen hinaus die Projektleitung des Symposiums „Improvisation & Jazz  für Kinder“ auf der Bremer Fachmesse übernommen?

Lüdke: Dafür gibt es zwei Gründe. Der eine hat mit dem Jazz selbst zu tun. Jazzmusiker spielen frei, ohne Noten, improvisieren eben. Das birgt ein großes Potenzial für die Musikvermittlung im Umgang mit dem Publikum. Jazzer bringen hier so viel mit, was sich andere erst mühsam erarbeiten müssen.

Zum Zweiten stellen wir aber auch fest, dass dieses Potenzial noch gar nicht gehoben ist. Man muss schon sehr lange suchen, um überhaupt Vermittlungsangebote oder -formate aus dem Jazz zu finden. Dies zu ändern, ist der Anlass für uns mitzumachen.

nmz: An welche Zielgruppen richtet sich das Bremer Symposium?

Lüdke: In erster Linie sprechen wir die Jazzszene selbst an. Es geht um ihr Verhältnis zum Publikum. Und weil das wie in der Klassik altert, vor allem um das Verhältnis zu einem jüngeren Publikum. Natürlich wünschen wir uns, dass die erste Begegnung glücklich verläuft. Deshalb haben wir für den Einstieg Kinder im Vor- und Grundschulalter ausgewählt. Sie sind ein ebenso neugieriges und offenes wie ehrliches und anspruchsvolles Publikum. Sie hören Musik nicht über Kategorien wie gut oder schlecht, sondern empfinden sie als spannend oder eben langweilig. Sie sind dabei noch weitgehend frei von festgefahrenen Hörgewohnheiten oder geschmacklichen Vorurteilen, die sie später vielleicht von Peer Groups oder durch kommerzielle Einflüsse übernehmen. Unser Ziel ist es, Jazzmusiker für dieses besondere und tolle Publikum zu begeistern.

nmz: Was sind die wichtigsten Elemente des Symposiums?

Lüdke: Um Kindern eine Begegnung mit Jazz zu ermöglichen, sind mehrere Akteure gefordert. Wir möchten alle zusammenbringen und gemeinsam auf das Anliegen einschwören. Zugleich bieten wir jeder Zielgruppe auch eigene spezifische Angebote: Die Jazzmusiker selbst sollen nicht nur erkennen, dass es Spaß macht, vor und für Kinder zu spielen, sondern auch dass das ein echter Markt ist. Deshalb haben wir Vertreter von Konzerthäusern und Orchestern wie Elbphilharmonie oder Berliner Philharmoniker eingeladen. Diese zeigen auf, dass es einen Bedarf an Musikvermittlung an ihren Häusern gibt.

Den Musikpädagogen und Vermittlern kommt eine Schlüsselposition zu. Ihre Aufgabe ist es, Kindern einen möglichst weiten Horizont aufzuspannen von dem, was Musik alles sein kann. Erst darüber können Kinder Musik als persönliches Ausdrucksmittel für sich entdecken. Unser Eindruck ist aber, dass Jazz noch nicht gleichberechtigt in die Vermittlungsarbeit einbezogen wird. Hier setzen wir auf die gewinnende Begegnung von Musikern und Vermittlern. Beide bekommen spezifische Angebote auf dem Symposium, die wechselseitig für Austausch werben.

Daneben laden wir schließlich auch die Ebene der Entscheider und Kulturförderer ein. Denjenigen, die bildungspolitische Rahmenbedingungen schaffen, wollen wir den Jazz als Integrationsmotor nahebringen. Jazz und Improvisation bieten einen Schlüssel zu positiven Erfahrungen in Bezug auf Interaktion, Selbstbewusstsein und Kommunikation.

nmz: Wer sind die Akteure, die sich für das Symposium zusammengefunden haben?

Lüdke: Das sind alles Partner, die sich bereits in den vergangenen Jahren auf der jazzahead! engagiert haben. Baden-Württemberg und Niedersachsen zählen zu den Bundesländern, die in Bremen seit Jahren mit einem eigenen Stand vertreten sind. Darüber verbinden uns inhaltliche Debatten: Das Thema Jazz für Kinder ist schon in den vergangenen Jahren immer wieder in einzelnen Konferenzsträngen auf der jazzahead! angesprochen worden, auch von uns selbst. Nun aber wollen wir es mit vielen gemeinsam ganz oben auf die Tagesordnung setzen. Die jazz-ahead! ist genau der richtige Ort für so einen Aufschlag.

nmz: Netzwerken, Verträge abschließen, Projekte initiieren: Was früher auf dem Jazzfest Berlin oder auf dem Jazzfestival in Moers stattgefunden hat, das passiert seit Jahren alles auf dem Bremer Branchentreff …

Lüdke: Was ich an der jazzahead! besonders schätze, ist das Feld der Showcases. Es gibt kaum einen anderen Ort, an dem man sich ein besseres Bild machen kann von dem, was die Jazzszene im Augenblick umtreibt. Wenn unser Auftakt gelingt, wenn dadurch in der Jazzszene Musikvermittlungsformate neu entstehen, dann wird die jazz-ahead! 2018 eine eigene Showcasereihe für Musikvermittlungsformate aus dem Jazzbereich etablieren. Veranstalter können Künstler und Projekte direkt von der Bühne weg engagieren. Ähnliches hätten wir uns längst auch für die Klassik oder die Neue Musik gewünscht.

nmz: Müsste der Jazz nicht stärker in den Lehrplänen fixiert werden?

Lüdke: Es ist nicht damit getan, dass der Jazz in den Curricula auftaucht. Da diese heute kompetenzorientiert sind, geben sie den Lehrkräften einen gro-ßen Gestaltungsspielraum. Da fänden Jazz und Improvisation sehr wohl ihren Platz. Die Frage ist, ob dieser Spielraum auch genutzt wird.

Hier wollen wir Lehrern und Erziehern Ideen und Best-practice-Beispiele an die Hand geben. Gerade das spielerische Element des Jazz, die freie Improvisation – durchaus im Sinne des Freejazz – möchten wir als Methode für die Arbeit mit Kindern erschließen. Die Freiheit, die der Jazz und die Improvisation versprechen, ist aber auch mit Ängsten bei den klassisch geschulten Musikern verbunden. Die wollen wir abbauen helfen.

nmz: Wer kommt von den Vermittlern, wer von den Jazzern aufs Symposium?

Lüdke: Das Gastland der jazzahead! 2017 ist Finnland: Robert Bär ist Senior Teacher an der Deutschen Schule Helsinki. Den Workshop für Musikvermittler leitet die Jazzsängerin Mascha Corman von der Kölner Jazzhausschule. Von wissenschaftlicher Seite aus bearbeitet Ilka Siedenburg von der Universität Münster das Feld, das Bestpractice-Beispiel bringt Mini Schulz aus Stuttgart mit und aus den Konzerthäusern sind Andrea Tober als Leiterin der Educationabteilung der Berliner Philharmoniker und Anke Fischer von der Elbphilharmonie anwesend.

nmz: Das Symposium soll keine Eintagsfliege bleiben. Wie sieht es mit  Nachhaltigkeit aus?

Lüdke: Es sind Mittel aus dem BKM für 2018 bereitgestellt. Und von unseren vielen Partnern trägt weiterhin jeder einen Teil zur Finanzierung bei.

nmz: Die Bemühungen um Jazzvermitlung sind ehrenhaft. Dennoch bleibt der Kuchen für die Musiker klein.

Lüdke: Ich sehe im Bereich Musikvermittlung insbesondere für den Jazz und die Improvisation einen echten Bedarf. Das signalisieren uns nicht zuletzt die Konzerthäuser. Hier entsteht ein Markt, der auch Perspektiven aus prekären Verhältnissen aufweist.

Symposium Improvsiation und Jazz für Kinder
Donnerstag, 27. April 2017
10 bis 17 Uhr
jazzahead! MESSE BREMEN
Anmeldung: www.jazzahead.de

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