Was dem Kölner Schlagzeuger Thomas Meixner hier gelungen ist, grenzt an ein kleines Wunder: Die komplette Rekonstruktion des illustren Instrumentariums von Harry Partch. +++ Einen umfangreichen Einblick in das Komponieren von Eres Holz gewährt dessen CD-Premiere mit diversen Solo- und Ensemblestücken. +++ Ein ganz und gar bemerkenswertes „Recital“, das der belgische Klarinettist Dries Tack hier unter dem Motto „Adjacent Spaces“ eingespielt hat – intensiv, konzentriert, in keinem Augenblick langweilig.
Was dem Kölner Schlagzeuger Thomas Meixner hier gelungen ist, grenzt an ein kleines Wunder: Die komplette Rekonstruktion des illustren Instrumentariums von Harry Partch. Annähernd 30 selbstentworfene Instrumente in zumeist reiner Stimmung, die Partchs Vorstellungen eines neuen mikrotonalen Tonraumes jenseits der zwölftemperierten Stimmung verwirklichen sollten. So konnte zusammen mit dem Ensemble Musikfabrik eine Renaissance von Partchs Musik beginnen, die 2013 in der Realisierung von „Delusion of the Fury“ (1969) bei der Ruhrtriennale in der Inszenierung von Heiner Goebbels gipfelte. 2015 folgte eine Studioaufnahme, die nun erstmals mit Partchs verschrobenem „Raum-Theater“ bekannt macht, das der Musik Asiens weit näher steht als der europäischen Musiktradition. Die spirituellen Dimensionen des vom „No-Theater“ inspirierten Dramas in zwei Akten lassen sich bereits an Satztiteln wie „Emergence of the Spirit“ ablesen. Klanglich begründen die einzigartigen Perkussions- und Saiteninstrumente mit ihren spezifischen Tonsystemen eine oft wunderbar schräge, aber auch ekstatisch verdichtete Klangwelt. Die rhythmische Energie und Vielfarbigkeit dieses surrealen Eklektizismus kommt dank einer rückhaltlos engagierten Musikfabrik erfrischend undomestiziert daher. Anders verhält es sich leider mit dem gewöhnungsbedürftigen Gesang: In Anlehnung an rituelle Praktiken ethnischer Musik hat Partch hier Vokalpartien entworfen, deren inszenierte Archaik oft unfreiwillig komisch daherkommt. Aber vielleicht fehlt in diesen Momenten auch einfach das Szenische … (Wergo)
Einen umfangreichen Einblick in das Komponieren von Eres Holz gewährt dessen CD-Premiere mit diversen Solo- und Ensemblestücken. Sie vermitteln eine beeindruckend intensive Musik, deren existentieller Impetus immer präsent ist, ohne dass es hier zu expressiven Allgemeinplätzen kommen würde, selbst wenn Stücke ganz unmittelbar und rückhaltlos aus dem persönlichen Empfinden gespeist sind. „Dunkle Risse“ (2018), elektrisierend gespielt vom Asasello-Quartett, verkörpert eine eindringliche Reflexion über das Sterben mit brüchig gedämpften Farben, ziellos mäandernden Melodiebewegungen, entrückten Obertonfeldern und schroffen Schmerzensakkorden. Auch „Touching Universes and Ends“ (2019) für Septett und Live-Elektronik ist ein aufgewühlter Kommentar zur Unausweichlichkeit des Verschwindens, das sich ausgehend von ruhigen Klangbewegungen in destruktive Klang-Kollidierungen hineinsteigert. Die Härtezeit der Pandemie ist auch an Eres Holz nicht spurlos vorüber gegangen und hat zu einer ganzen Serie von Solostücken geführt. Holz’ „MACH“-Reihe begann allerdings 2017 mit einer raumgreifenden Komposition für Orgel (Dominik Susteck). Es folgten Beiträge für Harfe (Anna Viechtl), Cello (Zoé Cartier) und Akkordeon (Silke Lange), die in enger Zusammenarbeit mit den Instrumentalist*innen hochexpressives Solo-Spiel und live-elektronische Transformation ins Räumliche expandieren lassen und von unmittelbar physisch wirksamer Unrast getragen scheinen. Sie alle vermitteln eine Intensität, die regelmäßig in bodenlose Klang-Desaster abstürzt. (Neos)
Ein ganz und gar bemerkenswertes „Recital“, das der belgische Klarinettist Dries Tack hier unter dem Motto „Adjacent Spaces“ eingespielt hat – intensiv, konzentriert, in keinem Augenblick langweilig. Da geht es nicht um Erwartbares: weder um lyrische Klang-Kulinarik noch um die Zurschaustellung spieltechnischer Virtuosität, ja nicht mal um die mittlerweile totgespielte Exploration vermeintlich unkonventioneller Spieltechniken zwischen Klappengeräusch und Multiphonics. Vielmehr gilt es Räume aufzumachen, die man mit dem Instrument normalerweise nicht in Verbindung bringen würde und dennoch ist das, was hier klingt, nur mit und wegen der Klarinette möglich, auch wenn die Elektronik bei fast allen Stücken hier entscheidenden Anteil an der klanglichen Hybris hat. Ausgehend von der ephemeren Schönheit von Salvatore Sciarrinos „Let Me Die Before I Wake“ entfernt sich Dries Tack auf dieser Entdeckungsfahrt Stück für Stück vom „normalen“ Klarinettenklang. Kompositionen von Hunjoo Jung, Stefan Prins, Malin Bang, Michael Maierhof und Ui-Kyung Lee. Tolle Platte! (Orlando)