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Verblüffender Klavierpädagoge

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Friedrich Wiecks Ausbildungsmethode in neuem Licht
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Cathleen Köckritz: Friedrich Wieck. Studien zur Biographie und zur Klavierpädagogik (Studien und Materialien zur Musikwissenschaft, Bd. 44), Georg Olms Verlag, Hildesheim u.a. 2007, 607 S., Abb., € 78,00, ISBN 978-3-487-13194-8

Friedrich Wieck dürfte dem Musikinteressierten, wenn überhaupt, nur als etwas arg in Verruf geratener Vater Clara Wiecks und böser Schwiegervater Robert Schumanns ein Begriff sein. Cathleen Köckritz zeigt mit ihrer Dissertation, dass es sich auch heute noch lohnt, mehr über Wieck zu erfahren als bloß Anekdotisches. Wieck begann als Autodidakt, seine später so überaus erfolgreiche pädagogische Methode beruht fast ausschließlich auf Lektüre und eigenen Überlegungen.

Köckritz gliedert ihre Arbeit in zwei Teile, von denen der erste, die fast 300 Seiten starke und mit hunderten von Fußnoten gespickte biographische Studie, wohl eher den Spezialisten zu fesseln vermag. Für den Musikpädagogen und -praktiker ungleich spannender ist der zweite Teil, die Studien zur Klavierpädagogik. Köckritz gelingt es, die von Wieck selbst niemals konkret niedergeschriebenen klaviertechnischen Details seiner Ausbildungsmethode aus unterschiedlichsten Quellen zu rekonstruieren. Wichtigste Bausteine hierzu sind neben Friedrich Wiecks Aufsätzen und Spruchweisheiten (die übrigens mitunter erstaunliche Nähe zu Robert Schumanns „Musikalischen Haus- und Lebensregeln“ zeigen) Klavierübungen, die seine Kinder Alwin und Marie Wieck nach seinem Tod unabhängig voneinander herausgegeben haben. Vor allem die von der Forschung bislang nicht berücksichtigten zwei Klavierschulen Alwin Wiecks entpuppen sich hierbei als Fundgrube und notierte Gegenstücke zu den verbalen Aufzeichnungen Friedrich Wiecks. Durch einen großen Glücksfall hat sich im Zwickauer Robert-Schumann-Haus zudem ein zweibändiges Manuskript Alwin Wiecks erhalten, das von Köckritz erstmals ausgewertet, wegen seines erheblichen Umfangs leider aber nur in Bruchteilen zitiert werden konnte. Es bleibt zu hoffen, dass eine Herausgabe dieses Manuskripts im Nachgang zur Arbeit möglich wird.

Der klaviertechnische Teil der Arbeit beginnt mit einer Positionsbestimmung, um Wiecks methodischen Ort im 19. Jahrhundert präzise einzuordnen. Im Anschluss daran werden die verschiedenen Kernbestandteile von Wiecks Konzept herausgearbeitet: Zusammenarbeit mit den Eltern, elementare Musiklehre, Ausbildung der Anschlagstechnik noch vor Erwerb der Notenkenntnis, systematische technische Übungen und Repertoirebildung. Überraschend ist, mit wie wenig täglichen Übungsstunden Wieck bei seinem Unterricht auskommt, noch verblüffender, in welch kurzer Zeit er die Prinzipien seines Unterrichts vermitteln kann. Einen Großteil seiner Schüler und Schülerinnen unterrichtet er selbst nur wenige Monate. Häufig findet parallel zu seinem Unterricht anscheinend weiterer Klavierunterricht statt. Hans von Bülow beispielsweise war 1845/46 Schüler Wiecks, behielt aber gleichzeitig den Unterricht bei seiner langjährigen Klavierlehrerin bei, das heißt Wieck bevorzugt eine Arbeitsteilung und sieht sich selbst in der Rolle eines Vermittlers von klaviertechnischen und interpretatorischen Grundlagen.

Köckritz bietet darüber hinaus eine Fülle weiterer klaviertechnischer und pädagogischer Details, man wird regelrecht erschlagen von Querverweisen und Fußnoten zu zahllosen weiteren Dokumenten und historischen Parallelen. Es wäre zu wünschen, dass aus der eher zäh zu lesenden Dissertation ein echtes Lesebuch erwüchse, entschlackt von allem theoretischen Ballast und auf das wesentliche konzentriert, die Vermittlung der pädagogischen Methodik Friedrich Wiecks.

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