An den Musikhochschulen in Deutschland gehört in den Instrumentalstudiengängen neben der Erarbeitung eines umfangreichen Solorepertoires die Ensemblearbeit insbesondere im Symphonieorchester seit jeher zum Kern der künstlerischen Ausbildung. In Berlin wurde bereits mit der Gründung der Hochschule für Musik 1869 das Hochschulorchester etabliert. Das unterstreicht die schon damals zentrale Bedeutung, die der Orchesterarbeit für die musikalische Ausbildung beigemessen wurde. Das Symphonieorchester der UdK Berlin kann somit auf eine lange Geschichte zurückblicken. Viele Künstlerische Leiter und Chefdirigenten am Pult des Orchesters haben Generationen von Musikstudierenden geprägt, darunter gleich zu Beginn bedeutende Persönlichkeiten wie Joseph Joachim, der Gründer der Hochschule für Musik, oder Max Bruch. In der jüngeren Vergangenheit hatten Dirigenten wie Lutz Köhler und Steven Sloane jeweils für viele Jahre die Künstlerische Leitung inne.

Das Symphonieorchester der UdK Berlin in der Philharmonie Berlin. Foto: UdK/Peter Adamik
Auf dem Weg in eine professionelle Laufbahn
Mit dem Wintersemester 2024/25 startet das Symphonieorchester der UdK Berlin in eine neue Ära seines langen und erfolgreichen Bestehens. Anstelle von festen Chefdirigenten, die in den vergangenen Jahren die Arbeit des Orchesters gestalteten, werden die Probenphasen und Konzerte von nun an von wechselnden renommierten Gastdirigent*innen geleitet. Deren internationale Erfahrung, ihre musikalischen Ansätze und ihre sehr individuelle Probenarbeit erlauben den Studierenden wertvolle Einblicke und neue und unterschiedliche Perspektiven auf die gemeinsame Arbeit im Orchester.
Prof. Eckart Hübner, seit 1997 Professor für Fagott und Ensemblearbeit und Dekan der Fakultät Musik an der UdK Berlin:
Mit dieser neuen künstlerischen Ausrichtung werden die Studierenden während ihres Studiums vielfältige und unterschiedliche Aspekte des Orchesterspiels kennenlernen. Unter der Leitung von international tätigen und erfahrenen Gastdirigent*innen sammeln sie auf höchstem Niveau Erfahrungen, die ihnen auf dem Weg in die professionelle Laufbahn wertvolle Unterstützung geben werden.
Hübner freut sich über die positiven Rückmeldungen der kommenden Gastdirigent*innen:
Es ist alles andere als selbstverständlich, solche großen Künstler*innen für unser Symphonieorchester zu gewinnen. Denn es handelt sich zwar um einen erstklassigen Klangkörper mit enormem Potential, es ist aber auch ein Ensemble von jungen und sehr jungen Musiker*innen, die naturgemäß nicht die Erfahrung von Orchestermitgliedern mitbringen können, die schon viele Jahre im Beruf sind. Gleichzeitig ist gerade dies natürlich ein großer Anreiz für die Arbeit mit jungen Studierenden: Sie sitzen mit einer absoluten Offenheit in den Proben und saugen alles auf, was ihnen angeboten wird. Beide Seiten profitieren deshalb aus dieser Zusammenarbeit.
Für die ersten beiden Spielzeiten konnten spannende Dirigenten mit unterschiedlichen musikalischen Schwerpunkten gewonnen werden, wie schon in diesem Wintersemester deutlich wird: Mario Venzago dirigierte im ersten Konzert im November Anton Bruckners Vierte Sinfonie in Kombination mit neueren Werken von Jennifer Higdon und Anna Clyne. Karl-Heinz Steffens erarbeitet für das Winterkonzert im Februar Werke von Robert Schumann, Edward Elgar und Claude Debussy. Und im Mai kommt Giovanni Antonini, der Gründer und Leiter des Barockensembles Il Giardino Armonico, mit Werken von Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven. In den Arbeitsphasen der darauffolgenden Saison 2024/25 stehen Michael Schønwandt, Harry Curtis und Michael Sanderling am Pult des Symphonieorchesters. „Natürlich hätten wir uns gewünscht, gleich zu Beginn die eine oder andere Dirigentin mit dabei zu haben,“ sagt Hübner. „Wir sind dazu bereits mit einigen interessanten und hochkarätigen Dirigentinnen in Kontakt, die sehr gerne mit dem Orchester arbeiten würden. Allein die vollen Terminkalender haben das bisher nicht ermöglicht. Doch wir sind sehr zuversichtlich, schon bald eine Dirigentin am Pult des Symphonieorchesters der UdK ankündigen zu können.“
Zur Entwicklung des neuen Konzepts für das Orchester hat die UdK einen Orchesterrat gegründet, in dem auch Studierende vertreten sind. Auf diese Weise sind sie gemeinsam mit den Lehrenden an der UdK in die Planungsprozesse eingebunden und können sich aktiv an der Neuausrichtung beteiligen. Das betrifft Vorschläge für Dirigent*innen, mit denen sie gerne arbeiten würden, ebenso wie die Programmgestaltung. Das stößt auf eine sehr positive Resonanz und unterstreicht das Wir-Gefühl im Orchester. Auf dem Programm der Orchesterkonzerte sollen zudem regelmäßig Solokonzerte stehen, so Eckart Hübner. „Die Solist*innen werden dabei in Zukunft möglichst aus den Reihen unserer Studierenden kommen. Für sie ist das eine tolle Gelegenheit, ihr musikalisches Können gemeinsam mit dem Orchester einem großen Publikum zu präsentieren. Gleichzeitig ist es eine vortreffliche Möglichkeit, auch auf diesem Gebiet die Exzellenz unserer Fakultät der Öffentlichkeit zu beweisen.“
Eckart Hübner ist als Fagottist begeisterter Kammermusiker, beispielsweise im Albert Schweitzer Quintett, und zudem seit vielen Jahren Solofagottist im SWR Symphonieorchester. Darüber hinaus ist er als Dirigent bei verschiedenen Orchestern aktiv. Für ihn ist das Arbeiten mit Studierenden eine „Lieblingsarbeit“, wie er sagt. „Ihre Unvoreingenommenheit und Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, erlaubt einem einfach, auch mal ungewöhnliche Dinge auszuprobieren, einen Blick über den Tellerrand zu wagen. Das kann für beide Seiten sehr bereichernd sein.“ Während seines Studiums hat Eckart Hübner als Fagottist selber im Hochschulorchester gespielt und dabei essentielle Erfahrungen für seinen Berufseinstieg bei verschiedenen Orchestern gesammelt, wie er sich erinnert: „Wir waren anfangs nur zwei Fagottisten an der Hochschule, so dass wir sehr regelmäßig im Hochschulorchester zum Einsatz kamen. Gerade für einen Bläser ist es natürlich enorm hilfreich, wenn man schon früh unterschiedlichstes Repertoire kennenlernen kann, und nicht erst im Probejahr im Orchester darauf stößt. Allerdings hätte ich mir rückblickend durchaus gewünscht, schon im Hochschulorchester mit wechselnden renommierten Gastdirigent*innen arbeiten zu können. Umso mehr freut es mich, dass wir das unseren Studierenden in Berlin nun bieten können.“ Das Symphonieorchester der UdK Berlin kann sich mit dieser künstlerischen Neuausrichtung auf inspirierende und intensive Zeiten mit vielfältigen neuen musikalischen Eindrücken für Studierende und Publikum freuen.
Konzerte des Symphonieorchesters der UdK
KONZERT IN DER PHILHARMONIE
Freitag, 22. November 2024, 20 Uhr,
Philharmonie Berlin
Anna Clyne: This Midnight Hour
Jennifer Higdon: The Blue Cathedral
Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 4 Es-Dur
Symphonieorchester der UdK Berlin
Mario Venzago, Leitung
WINTERKONZERT
Freitag, 7. Februar 2025, 20 Uhr
Konzertsaal der UdK Berlin
Robert Schumann: Sinfonie Nr. 3 Es-Dur
op. 97, Edward Elgar: Konzert für Violoncello und Orchester e-Moll op. 85, Claude Debussy: La Mer. Trois esquisses symphoniques
Dorukhan Doruk, Violoncello
Symphonieorchester der UdK Berlin
Karl-Heinz Steffens, Leitung
ERÖFFNUNGSKONZERT CRESCENDO
Freitag, 23. Mai 2025, 20 Uhr
Konzertsaal der UdK Berlin
Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 105 B-Dur „Sinfonia concertante für Oboe, Fagott, Violine und Violoncello“, Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 „Eroica“
Jona Schibilsky, Violine, Yo Kitamura, Violoncello,
Jasmin Werner, Oboe, Başak Kömürcügil, Fagott
Symphonieorchester der UdK Berlin
Giovanni Antonini, Leitung
AUSBLICK
20.11.2025: Novemberkonzert, Philharmonie,
Michael Schønwandt, Leitung
30.01.2026: Winterkonzert im Konzertsaal der
UdK Berlin, Harry Curtis, Leitung
30.05.2026: Eröffnung des Musikfestivals crescendo,
Konzertsaal UdK, Michael Sanderling, Leitung
Das Symphonieorchester der UdK Berlin
Das Symphonieorchester der UdK Berlin ist das Herzstück der künstlerischen Ausbildung der Fakultät Musik. Mit jährlich drei Konzerten und einer Opernproduktion präsentieren bis zu 120 Studierende im Orchester ihre Exzellenz und untermauern ihre erstklassige Ausbildung. Die Leitung der Projekte übernehmen wechselnd namhafte Chefdirigent*innen berühmter Orchester, unter anderem Mario Venzago, Karl-Heinz Steffens, Giovanni Antonini, Michael Sanderling und Michael Schønwandt, die das Programm in mehrtägigen Probenphasen mit den jungen Musiker*innen erarbeiten. Damit schafft die UdK Berlin eine individuelle Struktur in der Orchesterausbildung, die die Studierenden effektiv an den späteren Orchesterberuf heranführt und einen attraktiven und vielseitigen Einblick in die Arbeitsweise mit renommierten Persönlichkeiten bietet. Das Repertoire reicht von Kammerorchesterwerken des 18. Jahrhunderts über Solokonzerte, deren Solopartien von Studierenden im Konzertexamen übernommen werden, bis hin zur groß besetzten Sinfonik.
Drei etablierte Konzerte bilden die Anker im Auftrittskalender des Symphonieorchesters: ein Novemberkonzert, das traditionelle Winterkonzert im Februar und das Eröffnungskonzert des Musikfestivals der UdK Berlin „crescendo“ im Mai/Juni. Die Opernproduktion mit den Sänger*innen der Fakultät Darstellende Kunst steht als fakultätsübergreifendes Highlight stets am Ende des akademischen Jahres im Juni/Juli auf dem Programm.
In der langen Tradition des Orchesters, die mehr als 150 Jahre zurückreicht, erscheinen namhafte Persönlichkeiten der Musikgeschichte als Dirigenten: Das Orchester wurde bei Gründung der Hochschule für Musik Berlin 1869 etabliert und
unter anderem von Joseph Joachim, Max Bruch, Julius Prüwer sowie später von Erich Bergel und 15 Jahre von Lutz Köhler geleitet. Von 2013 bis 2024 hatte Steven Sloane die Künstlerische Leitung inne. Im Rahmen von Orchesterworkshops standen international renommierte Dirigenten wie Sir Simon Rattle, Bernard Haitink, Kent Nagano und Mariss Jansons am Pult des Orchesters. Herausragende Konzerte waren etwa Auftritte in der Berliner Philharmonie mit Sinfonien von Gustav Mahler, Bruckners 7. und 3. Sinfonie, Schostakowitschs 5. Sinfonie sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Kommunikations- und Design-Studierenden in Wagners Ring ohne Worte in der Fassung von Lorin Maazel. Die Zusammenarbeit mit großen Berliner Chören prägten unter anderem Mendelssohns Lobgesang, Brittens War Requiem und Beethovens 9. Sinfonie. Weitere Höhepunkte sind Gastspiele in Katowice, Glasgow und Edinburgh sowie jüngst in Den Haag und London.
Durch den Studiengang Tonmeister*in ist das Orchester auch medial präsent. Viele Konzerte wurden auf Tonträgern festgehalten oder als Livestreams produziert, die in der Mediathek der UdK Berlin abrufbar sind. Auch das zeichnet die Einzigartigkeit der Orchesterausbildung an der UdK Berlin aus.
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