Stuttgart - Die Stuttgarter Ballettschmiede John-Cranko-Schule will auch künftig keine Studiengänge anbieten. Entsprechende Überlegungen seien auf Eis gelegt, sagte Direktor Tadeusz Matacz der Nachrichtenagentur dapd. Auch künftig solle die Ausbildungsstätte als Berufsfachschule laufen.
"Junge Menschen möchten Tänzer sein, und die Ballettwelt legt keinen Wert auf einen Bachelor oder Master. Mit dem Bologna-System müssten die Schüler wie verrückt Punkte und Stunden sammeln", sagte Matacz. Die Kollegen an anderen Schulen verzweifelten an Bologna - der Reform, die einen einheitlichen europäischen Hochschulraum schaffen soll. "Sie sind nicht mehr mit Ballett beschäftigt, sondern opfern viel Zeit für die Verwaltung", fügte der Direktor hinzu.
[update 30.11.]
(dapd) - Die Stuttgarter Ballettschmiede John-Cranko-Schule will auch künftig keine Studiengänge anbieten. Entsprechende Überlegungen seien auf Eis gelegt, sagte Direktor Tadeusz Matacz der Nachrichtenagentur dapd anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Einrichtung. Auch künftig solle die renommierte Ausbildungsstätte als Berufsfachschule laufen.
"Junge Menschen möchten Tänzer sein, und die Ballettwelt legt keinen Wert auf einen Bachelor oder Master. Mit dem Bologna-System müssten die Schüler wie verrückt Punkte und Stunden sammeln", kritisierte Matacz. Die Kollegen an anderen Schulen verzweifelten an Bologna - der Reform, die einen einheitlichen europäischen Hochschulraum schaffen soll. "Sie sind nicht mehr mit Ballett beschäftigt, sondern opfern viel Zeit für die Verwaltung", fügte der Direktor hinzu.
Cranko-Schule genießt große Freiheiten
Seit der Gründung im Jahre 1971 sei die John-Cranko-Schule an die Hauswirtschaftsschulen angegliedert und genieße dadurch große Freiheiten. "Wir sind so nicht an die Vorgaben der Musikhochschulen gebunden", sagte Matacz.
Mit dem geplanten Neubau durch das Münchener Architekturbüros Burger und Rudacs, das vor kurzem den Zuschlag erhalten habe, sei die Ballettschule auf einem guten Weg. "Mit dem Neubau kommen wir im 21. Jahrhundert an. Wir hatten die Befürchtung, international nicht mehr konkurrenzfähig zu sein", betonte Matacz. Bislang habe er vielen Talenten absagen müssen, weil Schule und Internat zu klein seien.
Durch den Neubau werde sichergestellt, dass die John-Cranko-Schule auch weiterhin zu den besten Ballettschulen der Welt gehöre. Sorge bereite ihm allerdings die Finanzierung, die noch nicht endgültig geklärt sei, sagte Matacz. Die Kosten für den Neubau werden auf 35 Millionen Euro geschätzt, die sich das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart teilen. Hinzu kommen fünf Millionen für die Inneneinrichtung, die Mäzene übernehmen sollen. Der Neubau soll im Jahr 2016 eingeweiht werden.
Die Geschichte der John-Cranko-Schule
1971: Die Stuttgarter Ballett-Ikone John Cranko gründet eine Ballettschule zur Ausbildung von Nachwuchstänzern. Sie wird am 1. Dezember 1971 eingeweiht. Leiterin wird Crankos engste künstlerische Vertraute, die Ballettmeisterin Anne Woolliams.
1973: John Cranko stirbt plötzlich an einem Herztod im Alter von nur 46 Jahren auf einem Rückflug aus den USA. Die Ballettschule wird posthum nach ihrem Gründer benannt. Die beiden letzten Klassen laufen offiziell als Berufsfachschule.
1976: Anne Woolliams wird Künstlerische Direktorin am Australian Ballet. Heinz Clauss, langjähriger Erster Solist am Stuttgarter Ballett, wird neuer Direktor der John-Cranko-Schule.
1990: Alexander Ursuliak löst Heinz Clauss ab, der sich nach 14 Jahren an der Spitze der John-Cranko-Schule in den Ruhestand verabschiedet.
1997: Die Schule macht negative Schlagzeilen: Direktor Ursuliak wird pädagogisches Fehlverhalten und sexuelle Belästigung vorgeworfen. Er bestreitet dies. Um eine Schlammschlacht und langwierige Arbeitsgerichtsprozesse zu vermeiden, verlässt er die John-Cranko-Schule mit einer Abfindung. Zu einem gerichtlichen Verfahren kommt es nicht.
1997-1999: Ballettintendant Reid Anderson leitet die John-Cranko-Schule kommissarisch; mithilfe eines ständigen Austausches mit Schülern und Eltern werden die Wogen geglättet.
1999: Tadeusz Matacz wird neuer Direktor der John-Cranko-Schule.
2011: Das Münchener Architekturbüro Burger und Rudacs gewinnt den Planungswettbewerb für den Neubau der John-Cranko-Schule. Im Jahr 2016 soll der Neubau eingeweiht werden.