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Hospitationen bei der inklusiven Band „Alle Neune“ gehören zum Studiengangsprofil. Foto: Max Wagner

Hospitationen bei der inklusiven Band „Alle Neune“ gehören zum Studiengangsprofil. Foto: Max Wagner

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Bandprobe mit der „sozialen Oberschicht“

Untertitel
Einblicke in den neuen Masterstudiengang Inklusive Musikpädagogik an der HfM Würzburg
Vorspann / Teaser

In einer sich tiefgreifend wandelnden, diverser werdenden Gesellschaft erlangen die Anerkennung von Vielfalt als gesellschaftliche Realität und der Anspruch, Teilhabe für alle zu gewährleis­ten zunehmend an Wichtigkeit. Mit neuen künstlerisch-pädagogischen Masterstudiengängen reagiert die HfM Würzburg auf diese Herausforderungen und damit verbunden auf die veränderten Anforderungen an das Berufsbild von Musikpädagog*innen. Die Studiengänge vermitteln Absolvent*innen von instrumental-/vokalpädagogischen, anderen musikpädagogischen und künstlerischen Studiengängen weiterführende theoretische und praktische Kompetenzen aus den vier Bereichen Inklusive Musikpädagogik, Community Music, Elementare Musikpädagogik (EMP) und Vokale Musizierpraxis.

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Betreut wird das Masterstudienangebot von Prof. Michael Forster (Professor für Elementare Musikpädagogik) sowie von Prof. Dr. Katharina Deserno, die im Rahmen eines „Leuchtturm-Verfahrens“ zum Wintersemester 2023/24 als Professorin für Instrumental- und Vokalpädagogik an die HfM Würzburg berufen wurde. Zuvor war sie Professorin an der HfMDK Frankfurt, sie forscht und publiziert mit Schwerpunkt Gender Studies zu Interpretinnen und Komponistinnen und ist als Cellistin international tätig. 

Unter Anleitung der Professorin beschäftigen sich die Masterstudierenden mit einschlägigen wissenschaftlichen Publikationen, welche im Seminar erarbeitet und diskutiert werden. Zentral sind in diesem Studiengang die Praxis­erfahrungen aus der inklusiven musikpädagogischen Arbeit. Dieser im Studienverlaufsplan fest verankerte Praxisbezug wird möglich durch die innovative inhaltliche Ausrichtung des Studienprogramms „Inklusive Musikpädagogik“, die ein Alleinstellungsmerkmal dieses Studiengangs ist. In Kooperation mit der Musikschule Fürth hospitieren die Studierenden wöchentlich in den Proben der inklusiven Band „Alle Neune“ sowie im anschließenden Instrumentalunterricht der Bandmitglieder. Im Ensemble Alle Neune musizieren seit 2011 Menschen mit Behinderung gemeinsam in regelmäßigen Proben und erfolgreichen Konzertauftritten wie etwa auf der akustika Musikmesse Nürnberg. An der Musikschule Fürth gibt es zahlreiche weitere inklusive Ensembles. Die Studierenden profitieren durch die Hospitationen von der über Jahrzehnte gesammelten musikpädagogischen Erfahrung und dem seit jeher gelebten inklusiven Selbstverständnis der Musikschule Fürth.

Die Leiterin des Ensembles Carolin Heuser ist Lehrkraft, Inklusionsbeauftragte und stellvertretende Schulleiterin an der Musikschule Fürth. Sie ist ebenso wie Robert Wagner, Gründer und Leiter der Musikschule, Dozentin im neuen Masterstudiengang Inklusive Musikpädagogik. Robert Wagner gilt als einer der wichtigsten deutschlandweit bekannten Vertreter inklusiver Musikpädagogik. Neben seiner Lehr- und Leitungstätigkeit an der Musikschule ist er Vorsitzender des Bundesfachausschusses Inklusion im Verband deutscher Musikschulen (VdM) sowie Inklusionsbeauftragter des Verbandes Bayerischer Sing- und Musikschulen (VBSM). Er forscht und lehrt über systemrelevante Bereiche gelingender Pädagogik, verfasst Publikationen für einschlägige musikpädagogische Fachzeitschriften und veröffentlichte sein Lehrwerk „Max Einfach – Musik Gemeinsam von Anfang an“ beim ConBrio-Verlag, dessen zweites Spielheft erst vor Kurzem erschienen ist. „Max Einfach“ ist eine Lehrmethode für das gemeinsame Musizieren in fähigkeitsgemischten Gruppen, nach der auch die Band Alle Neune erfolgreich arbeitet.

Carolin Heuser und Robert Wagner eröffneten gemeinsam mit Prof. Dr. Katharina Deserno das laufende Studiensemester mit einem Auftaktworkshop zur inklusiven Musikpädagogik an der HfM Würzburg und begleiten die Hospitationen sowie erste Lehrversuche der Studierenden durch Vor- und Nachbesprechungen. Denn was zuvor bereits im Zuschauen begeistert hat, können die Studierenden nun selbst vor und mit der Gruppe erproben. Sie schlüpfen in die Rolle der Bandleitung, indem sie sich auf die Suche nach geeigneten Stücken machen, diese auf die Bedürfnisse der Musiker*innen anpassen und in der Bandprobe einstudieren.

Im Januar besuchten die Studierenden als festen Bestandteil des Mas­terstudiums Inklusive Musikpädagogik die erste Phase des berufsbegleitenden Lehrgangs „Instrumentalspiel mit Menschen mit Behinderung an Musikschulen“ (BLIMBAM) des VdM, welcher unter anderem von Robert Wagner und Carolin Heuser geleitet wird. Dort erhielten sie kompakt Einblicke in unterschiedliche Themenfelder und Methoden der inklusiven Arbeit und konnten sich mit Musik- und Sonderpädagog*innen des gesamten Bundesgebiets austauschen und vernetzen. Im Sommersemester werden sie zusätzlich zur wöchentlichen Hospitation das 10. Fürther Inklusive Soundfestival #FIS (2. und 3. Mai 2025) sowie eine inklusive Konzertreise der Musikschule Fürth begleiten und mitgestalten.

Gerade die praktische Arbeit bewegt die Studierenden, da sie neben den hochkarätigen und beeindruckenden musikalischen Leistungen der Menschen mit Behinderung erleben, wie achtsam, fürsorglich und empathisch die Teilnehmenden miteinander in den Proben umgehen. Diesen „überaus sozialen Umgang der Menschen mit Behinderung mit sich selbst und anderen, uns eingeschlossen, ist wirklich etwas Besonderes und in anderen Alltagssituationen alles andere als selbstverständlich“, so die Studierenden.

Die Masterstudierende Lilli Brand beschreibt dies so: „Es wirkt auf mich sehr angenehm, dass und wie die Band jedes Mitglied akzeptiert: Wer nicht spricht – muss nicht sprechen, wer auf Toilette gehen muss – geht auf Toilette, wer noch nicht fertig ist – auf den wird gewartet. Dazu kommt noch die gegenseitige Hilfe bei der Raumvorbereitung. Eine Kommilitonin hat in einer der Nachbesprechungen gesagt, dass die Band, wie wir sie erleben, zur ‚sozialen Oberschicht‘ gehört. Dieser Begriff erscheint mir sehr passend, er gefällt mir, denn: Die Bandmitglieder helfen einander, beruhigen, motivieren und lassen sich gleichzeitig auch einfach gegenseitig so sein, wie sie sind. Was wir an der Fürther Musikschule erleben dürfen, lässt über manche Verwendung von Begriffen nachdenken. So sind die Bandmitglieder alles andere als ‚sozial schwach‘ oder ‚soziale Unterschicht‘. Vielmehr sind sie für mich Vorbild und ihr Verhalten ein Modell dafür, wie Menschen miteinander umgehen sollten. Soziale Oberschicht eben.“ 

Das selbstverständliche Zusammenspiel einer professionell angeleiteten wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik, dem Erfahrungsschatz fachlich kompetenter Dozierender aus der Praxis sowie menschlich berührenden Erlebnissen zeichnet den neuen Masterstudiengang Inklusive Musikpädagogik an der HfM Würzburg aus. Das Lehrangebot ist umfassend aufgestellt. Zugleich greift es die individuellen Lebenswelten der Studierenden auf und orientiert sich an deren bereits gesammelten Erfahrungen als Musikschullehrkraft, als Lehrerin an einer Förderschule oder im ehrenamtlichen Engagement beispielsweise bei Fridays for Future oder in der Hospizarbeit. So entsteht ein für alle Studierenden individuell gewinnbringendes Angebot – ganz im Sinne einer inklusiven Pädagogik.

  • Die Bewerbungsfrist für die Eignungsprüfung an der HfM Würzburg ist der 15. März 2025. Nähere Informationen über die neuen Studiengänge finden sich auf der Hochschul-Webseite: https://hfm-wuerzburg.de

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