Von 14. bis 16. März 2018 wurde die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien Schauplatz der ersten Oboentage Wien. Die Veranstaltung rückte die Oboe in all ihren Facetten in den Mittelpunkt und thematisierte neben der Musik vergangener Zeit und neu komponierten Werken für Oboeninstrumente auch die neuesten Erfindungen im Instrumentenbau und unterstrich einmal mehr die Sonderstellung Wiens in der Historie des Instruments.
Drei Tage lang stellten die Initiatoren der ersten Oboentage Wien an der MUK, Andreas Helm, Thomas Höniger und Ernest Rombout – allesamt Lehrende an der MUK – das Holzblasinstrument in den Fokus der Veranstaltung. Das umfangreiche Programm bot Highlights wie den Vortrag der australischen Oboistin Emma Black zum Thema „Perspectives of Oboeplaying“, die Präsentation der bis dato einzigartigen Hybridoboe oder die Uraufführung des für die Oboentage entstandenen Auftragswerks „Flamen Triplus“ von Stefano Pierini. Es stellt das weltweit erste und einzige Werk dar, das für alle drei Oboenarten (Historische, Wiener und Französische Oboe) geschrieben wurde.
Wien als Schmelztiegel des Oboenspiels
Die Tatsache, dass dieses Werk in Wien zur Uraufführung gelangte und die MUK als Veranstalter der ersten Oboentage auftrat, ist keinesfalls ein Zufall: Wien ist international die einzige Stadt, die sämtliche Oboentypen an einer Universität vereint und schon seit vielen Jahren zum Studium anbietet. Der Austausch der Studierenden aller drei Oboenstudien sowie ein gemeinsames Musizieren und das Miteinander junger MusikerInnen werden gefördert. Durch die Möglichkeit, diese Instrumente auch wechselweise als Wahlfächer zu belegen, ergibt sich ein erweiterter interdisziplinärer Blick für die Studierenden.
Vergangenheit und Zukunft der Oboe
Ihren Ursprung fand die Oboe im Frankreich des 17. Jahrhunderts. 1672 war erstmals eine Oboe mit all ihren baulichen Kennzeichen auf der Titelseite des „Traité de la Musette“ von Pierre Borjon zu sehen. In Frankreich erfreute sich die „Hautbois“ unter König Ludwig XIV. großer Beliebtheit, es war Hofkomponist Jean-Baptiste Lully, der als erster die Oboe in seinen Kompositionen verwendete. Es dauerte nicht lange bis das modische Instrument in ganz Europa gespielt wurde. Die Wiener Oboe ist als direkter Nachfolger dieser historischen Oboeninstrumente zu sehen, denn sie war primär von technischen Veränderungen gekennzeichnet, während sich am Innenleben des Instruments nur kaum etwas änderte. Bis heute ist sie ein wesentlicher Teil der typischen Klangwelt der Orchester der Stadt, obwohl sich sonst weltweit die Französische Oboe durchgesetzt hat. „Die jungen Musikerinnen und Musiker sollen sowohl im Studium, als auch im Umgang mit dem Instrument ein Bewusstsein für seine Geschichte entwickeln. Es soll kein unbedachtes Spielen erfolgen, sondern die Rückbesinnung auf die Wiener Klassik und den historischen Kontext gefördert werden“, so Andreas Helm.
Insbesondere im 20. und 21. Jahrhundert stößt die Wiener Oboe jedoch an ihre instrumentalen Grenzen. Moderne Musikstücke sind aufgrund bestimmter Griffkombinationen nicht spielbar und erfordern technische sowie bauliche Veränderungen am Instrument. Aus diesem Grund hat Thomas Höniger in Zusammenarbeit mit dem deutschen Instrumentenbauer Jörg Huttenlöcher innerhalb von zehn Jahren die Hybridoboe erschaffen. Traditionelle Wiener Griffe werden mit einem französischen Techniksystem vereint. „Eine Adaption des Instruments an die gegenwärtige Literatur und Anforderungen zeitgenössischer Musik ist unumgänglich. Etwaigen Einschränkungen der Musikerinnen und Musiker wird so entgegengewirkt und das Instrument auch für den internationalen Wettbewerb tauglich gemacht“, so Thomas Höniger. Aber nicht nur bei der Wiener Oboe besteht Entwicklungspotential. Ernest Rombout hat seine Französische Oboe für zeitgenössische Spieltechniken durch Spezialvorrichtungen erweitern lassen, die es ihm ermöglichen, Vierteltonleitern problemlos zu meistern. Dies nahmen internationale KomponistInnen zum Anlass, Stücke speziell für Herrn Rombout und die musikalischen Möglichkeiten seiner Oboe zu entwickeln.
Es ist kein Wunder, dass sich die Wiener Oboe über Jahrhunderte in Wien gehalten hat und immer noch auch aus den internationalen Orchestern nicht wegzudenken ist, denn durch den für sie typischen und einzigartigen Klang verfügt sie über einen besonderen Wiedererkennungswert. „Würde die Wiener Oboe aus den Wiener Orchestern verschwinden, hätte dies große Auswirkungen auf den gesamten Wiener Klangstil“, so Thomas Höniger. „Durch den großen Zustrom internationaler MusikerInnen (OboistInnen) in die lokale Musikszene würden die typische Klangfarbe und individuelle Akustik der städtischen Orchester einem international einheitlichen Klang weichen.“ Darüber hinaus ist Höniger überzeugt: „durch stete Verbesserungen und Entwicklungen am Instrument, ist die Oboe auch in Zukunft nicht aus der internationalen Musiklandschaft wegzudenken.“
Weitere Informationen unter www.muk.ac.at