Wenn es um Innovation geht, um das Beschreiten ungewöhnlicher Wege, um visionäre Entwicklungen, so zählt die Hochschule für Musik Karlsruhe schon seit Jahren zu den führenden Einrichtungen ihrer Art in Deutschland. Der ehemaligen Rektorin Fany Solter ist mit der Gründung des Instituts LernRadio im Jahre 1995 hierbei ein Coup gelungen, der beispielgebend ist und seinesgleichen sucht.
Fortan und erstmals in Europa wurden von Karlsruhe aus Studierende zu Musik- und Kulturjournalisten für die elektronischen Medien ausgebildet. Was als reine Radioausbildung begann, ist heute eine multimediale Kaderschmiede für Nachwuchs in Musik- und Kulturredaktionen in Rundfunkanstalten, Onlineredaktionen, Video-Produktionsstudios und Medienhäusern. Das Institut LernRadio heißt heute Institut für Musikjournalismus für Radio, TV und Internet. Es gilt als die führende Ausbildungsstätte für angehende Musik- und Kulturjournalisten in Deutschland. Seine Absolventen sind gesuchte Moderatoren, Redakteure und Produzenten.
Angefangen hatte alles mit einem Konzept für einen Radio-Diplomstudiengang, einer Sendelizenz auf der Karlsruher Hörfunkfrequenz 104.8 MHz und einem Sendestudio im ehrwürdigen Schloss Gottesaue, dessen zentrale Technik im Wesentlichen aus einem ausgemusterten Deutschlandfunk-Sendepult, CD-Playern und einigen Mikrofonen bestand. Die Seminar- und Verwaltungsräume waren in einem nicht mehr genutzten Asylbewerberheim eingerichtet, und alle beteiligten Akteure mussten eine gehörige Portion Idealismus, Improvisationskunst und Optimismus mitbringen, um das Projekt an den Start zu bringen. Die Unternehmung war vergleichbar mit einem Garagen-Start-Up. Zwei pensionierte Südfunk-Redakteure waren die Masterminds und Ideengeber der ersten Stunde, zwei weitere Mitarbeiter für Technik und Verwaltung, eine Redaktionsleiterin und eine Handvoll Studierender mit unbändiger Begeisterung am Radiomachen sorgten für ein Radioprogramm, das 20 Stunden pro Woche lief.
Mit der Übernahme der Institutsleitung durch den Hamburger Musikjournalisten Jürgen Christ im Jahr 1996 durchlief der Studiengang dann eine fundamentale inhaltliche Wandlung. Als reine Radioausbildung gestartet, präsentiert sich das Institut heute im Zuge des Medienwandels als moderne und in Fachkreisen hochgeschätzte Ausbildungsstätte für crossmedialen Journalismus, als „Junger Kulturkanal“ für angehende Profis. Neben dem Institutsleiter arbeiten dort aktuell zwei wissenschaftliche Mitarbeiter, zwei Redaktionsmanagerinnen, ein Techniker, eine Sekretärin und drei weitere festangestellte Professoren. Hinzu kommt ein Pool von zirka 30 freien Dozenten, die im Lehrauftrag unterrichten.
Natürlich wird den Studierenden nach wie vor vermittelt, wie Radio gemacht wird, doch schon längst hat der Videobereich signifikant an Bedeutung gewonnen. Die Studierenden lernen den Umgang mit Videoproduktion (Kameraführung, Bildaufbau, Licht- und Ton, Postproduction sowie dramaturgisches Verständnis) und Onlinejournalismus (Texten fürs Internet, Socialmedia-Kompetenz, Fotografie etc.). In zwei etablierten Studiengängen (Bachelor / Master Musikjournalismus für Rundfunk und Multimedia) erlernen die jungen Kreativen nicht nur die kulturellen und journalistischen Fähigkeiten zur Vermittlung spezifischer Inhalte, sondern sie setzen sich auch mit der Sende- und Produktionstechnik, mit dem Erstellen von Texten, Bauen von Beiträgen, Moderieren von Radio- und TV-Sendungen oder dem digitalen Schneiden von Audio- und Videosendungen auseinander. Vorlesungen, Workshops und Seminare münden in die praktische Umsetzung von trimedialen Sendungen. Wöchentlich produzieren die Studierenden mehrere Stunden Hörfunk, Video und seitenweise Inhalte für die Homepage ihres „Jungen Kulturkanals“. In ganz Europa gibt es keine auch nur annähernd vergleichbare Ausbildung – die Kombination von theoretischem Studium und praktischer Umsetzung mit eigenem Sendestudio und Sendefrequenz ist deutschlandweit einzigartig.
Viele Preise zeugen von der hohen Leistungsfähigkeit der Studierenden, zu den wichtigsten Auszeichnungen zählen der Springer-Journalistenpreis, der Innovationspreis des Bundespräsidenten und die vielmals gewonnenen Medienpreise der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg. Regionale, nationale und internationale Kooperationen mit namhaften Institutionen aus Kultur, Wirtschaft und Medien runden die Ausbildung ab.
Mit dem Umzug 2012 in hochmoderne Seminarräumlichkeiten bekam die Ausbildung nochmals einen kräftigen Schub. Um die Studierenden noch näher an die journalistische Praxis heranzuführen, wurde ein gläserner Radio-Sendekomplex mit Sende- und Produktionsstudio eingerichtet, ausgestattet mit hochwertigster und modernster Studiotechnik. Ein volldigitales virtuelles 3D-HDTV-Fernsehstudio und Produktionspools für Video-Postproduction und Audioschnitt sorgen für optimale multimediale Produktionsvoraussetzungen. Die Studierenden können damit so realitätsnah und praxisrelevant wie nie mit den Gegebenheiten der crossmedialen Medienproduktion, mit den vielfältigen, hohen Anforderungen ihres späteren Berufsfelds vertraut gemacht werden. So blickt nicht nur die Hochschule für Musik Karlsruhe im Allgemeinen, sondern auch das Institut für Musikjournalismus im Besonderen einer glänzenden Zukunft entgegen.
Neuausrichtung am Puls der Zeit Der Bachelor / Master Musikjournalismus für Rundfunk und Multimedia
In den vergangenen Jahren hat sich der Medienbereich aufgrund technischer Weiterentwicklungen, vor allem im Internet, grundlegend gewandelt. Nicht mehr traditionelle Leitmedien wie Fernsehen, Radio oder Tageszeitung sind einzeln im Markt dominant, sondern sie reihen sich ein in eine ganze Phalanx von Medienangeboten. Noch nie konnte eine junge Generation aus so vielen Medienangeboten und -inhalten auswählen – und sie tut dies auch. In Konsequenz drängen Rundfunkanstalten, Verlage und Medienhäuser immer stärker in den Onlinebereich. Es haben sich dort neue Erzähl- und Darstellungsformen entwickelt. Begriffe wie „Crossmediales Storytelling“, „Pageflow“ oder „Storyscrolling“ stehen hier beispielhaft für die digitale Transformation, den tiefgreifenden Wandel im Umgang mit Informationen.
Um für die neuen Herausforderungen gewappnet zu sein, die mit diesen Veränderungen einhergehen, wurde die Ausbildung am Institut für Musikjournalismus (IMJ) entsprechend angepasst und optimiert.
War das IMJ 1995 als reine Radioausbildung an den Start gegangen, so wurde die Weitung des Lehrangebots in Richtung Video bereits vor der Jahrtausendwende vollzogen. Es wurden einzelne kleine Videos produziert und über Internet und später zusammen mit regionalen Partnern über TV abgesendet. Schon damals war absehbar, dass der Videoaspekt zunehmend wichtiger werden würde.
Im Zuge der politischen Strukturdebatte über die fünf baden-württembergischen Musikhochschulen wurde Karlsruhe ein Landeszentrum für Musikjournalismus und Musikinformatik zugesprochen. Dadurch konnten zwei 50%-Professuren und eine halbe Mittelbaustelle zusätzlich generiert werden, was das IMJ in die Lage versetzte, unabhängig von Drittmittelgebern den Video- und Multimediabereich bedeutsam auszubauen. Der Schwerpunkt der Ausbildung und Produktion wurde auf „online first“ gelegt. Dies bedeutete, dass die Aufbereitung aller Inhalte fortan multimedial geschah mit dem Ziel, die Produktionen non linear (orts- und zeitunabhängig) über die Webpage des Instituts (Junger Kulturkanal) und mobil abrufbar zu machen. Nach wie vor gab und gibt es Radiosendungen, die auf UKW, im Kabel und über Webstream empfangbar sind. Der Videobereich definiert heute jedoch einen neuen Schwerpunkt im Studium. Auch fächer- und medienübergreifende Aktivitäten wurden verstärkt genutzt, multimediale Produktionen entstanden mittels Projektarbeiten und in direkter Zusammenarbeit der Dozenten für Video und Audio.
Im Bachelor werden nach wie vor die Grundlagen multimedialer Produktion vermittelt. Er teilt sich in drei große Module auf: Musik / Journalismus / Technik. Der Musikbereich bietet nach wie vor die klassische Hochschulausbildung in Theorie und Praxis. Im Journalismus-Modul werden wie bisher die Grundlagen des Journalismus vermittelt mit Fächern wie Schreiben fürs Hören, journalistische Formen, Beitragserstellung Audio/Video etc. Der Videoaspekt und Social-Media-Journalismus werden verstärkt unterrichtet. Bei der Technik wirken sich die Modifikationen am stärksten aus. In zwei Produktionspools können an insgesamt 16 Arbeitsplätzen alle multimedialen Prozesse zentral bearbeitet werden. Durch das TV-Studio können Inhalte wie Lichtsetzen, Kameraarbeit, Studioproduktion oder Fernsehmoderation noch nachhaltiger als bisher vermittelt werden.
Während der Bachelor sich mit den Grundlagen der multimedialen Produktion beschäftigt, baut der Master auf diesen Basiskenntnissen auf und führt sie weiter. Das Masterstudium wird weitestgehend in Form von Projekten absolviert. Die Studierenden beschäftigen sich hierbei vorwiegend mit neuesten Entwicklungen im multimedialen Storytelling und mit experimentellen Formen in der Vermittlung von Musik. Dies gilt sowohl für Video als auch für Audio und Text. Als Stichworte seien hier Immersive Storytelling, Motion Graphics, Formatentwicklung im Radio oder Test von innovativen Produkten genannt.
Auch Next Generation Storytelling wird in die Ausbildung inkludiert zur Beantwortung der Frage, wie Virtual und Augmented Reality neue kreative Räume für Inhalte schaffen. Diese Bereiche liefern außerdem hervorragende Möglichkeiten, mit den Musikinformatikern im Landeszentrum, mit Sendern und projektweise mit anderen Hochschulen zu kooperieren. Ziel ist es, an den neuesten Entwicklungen im Medienbereich direkt teilzuhaben, in innovative Prozesse involviert zu sein und sie im besten Fall selbst zu entwickeln.
Zusammenführen vorhandener Prozesse Landeszentrum für Musikjournalismus und Musikinformatik
Im Dezember 2015 wurden das Institut für Musikjournalismus und das Institut für Musikwissenschaft/Musikinformatik an der Hochschule für Musik Karlsruhe vom Ministerium für Wissenschaft und Kunst im Rahmen der Exzellenzinitiative Baden-Württemberg zum Landeszentrum „Musikjournalismus und Musikinformatik“ ausgebaut. Das Zusammenführen bereits vorhandener Prozesse wirkt sich heute positiv aus auf alle Bereiche der Hochschule: Studium, Lehre, Vermittlung von Medienkompetenz bis hin zu neuen Schwerpunktbildungen im Zusammenwirken von Musik, Sprache, Klang und Medien. Durch das Landeszentrum konnten innovative und hochqualitative Lehrangebote an der Hochschule neu hinzugenommen und implementiert werden. Zu den wichtigsten zählen Kognitionswissenschaften, Neuroscience of Music, Videoproduktion und Bewegtbildprojekte. Die Curricula der Institute für Musikjournalismus und Musikinformatik wurden grundlegend renoviert und den neuen Möglichkeiten angepasst. So wurde beispielsweise der Master Musikjournalismus Radio, TV und Internet als Projektstudium eingerichtet. Dies bedeutet, dass ein erheblicher Teil der Ausbildung in Form von Projekten mit internen und externen Partnern durchgeführt wird.
Dadurch ist das Landeszentrum in der Lage, spannende Vorhaben zu realisieren: künstlerisch-kreative Medienprojekte in Form von Kooperationen bis hin zu multimedialen Musikvermittlungsprojekten gemeinsam mit Musikwissenschafts-Studierenden und Schulmusikern der Hochschule. Konkret ist das Landeszentrum mit einem Sitz im Advisory Board involviert die Aktivitäten der Stadt Karlsruhe als UNESCO-Stadt der Medienkunst.
Als weiteres großes Projekt produzierte das Landeszentrum unter Federführung des Instituts für Musikjournalismus eine multimediale Website zum hundertjährigen Bestehen der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Anwendung der modernsten technischen Möglichkeiten wie beispielsweise 360°-Video oder Virtuelle Realität.
Weiterhin geplant: Eine multimediale Website sowie ein mehrminütiger Videoclip zum Thema 100 Jahre Mozartfest 2021. Der Clip soll unter anderem im Vogel Convention Center Würzburg gezeigt werden. Dort sind den Besuchern spektakuläre Aussichten in „The CURVE“ sicher. Eine 21×4 Meter große, konkav gebogene Projektionsfläche sorgt mit 4K-Auflösung aus drei Projektoren für ein absolutes Wow-Erlebnis.