Seit Beginn dieses Jahres arbeiten die Hochschule für Musik Dresden und die EuropaChorAkademie Görlitz mit Unterstützung des Sächsischen Chorverbands daran, die lange Chortradition des Landes aufrecht zu erhalten. Sie bieten dazu im Rahmen einer Kooperation unter anderem eine Chorleitungsschule für zukünftige Laienchordirigentinnen und -dirigenten an. Einer der Ersten, die den Chorleitungskurs erfolgreich absolviert haben, ist Kay Hintersatz.
Gemeinsam für den Erhalt der Laienchöre
„Musik ist für mich Ausgleich zum Alltag im Industrieunternehmen, kreativer Wirkraum und gleichzeitig auch ein Stück meditativ. Als leidenschaftlicher Pianist habe ich im Vergleich zu den üblichen Orchestermusikerinnen und -musikern nicht ganz so viele Möglichkeiten, mit anderen Menschen gemeinsam Musik zu machen. Das Singen selbst, das Begleiten eines Chores und auch das Leiten eines solchen ermöglichen mir als Musiker eine Gemeinschaft und sind eine wunderbare Bereicherung zum Solospiel“, so Kay Hintersatz. Der 35-jährige Görlitzer spielt bereits seit seiner frühen Kindheit Klavier. Noch während der Schulzeit unterstützte er damit den Görlitzer Lehrerchor e. V. bei Konzerten. Nach dem Studium in Riesa und seit der Rückkehr nach Görlitz ist er als Korrepetitor wieder Teil des Chores. „Eine meiner Aufgaben ist die Vertretung des Chorleiters bei Krankheit und Abwesenheit. Da es sich dabei um eine verantwortungsvolle Tätigkeit handelt und ich meine Fähigkeiten ausbauen wollte, kam das Angebot der Chorleitungsschule der EuropaChorAakdemie Görlitz genau zur richtigen Zeit“, so Hintersatz.
Seit Januar 2023 gibt es im Rahmen der Chorleitungsschule Sachsen Aus- und Weiterbildungskurse zum Leiten von Laienchören. Die jeweils einjährigen Kurse können ohne spezielle Vorkenntnisse (C1 Basiskurs) sowie darauf aufbauend oder mit bereits nachweisbaren Chorleitungskenntnissen (C2 Erweiterungskurs) besucht werden. Die angehenden Chorleiterinnen und Chorleiter erlernen in fünf Wochenendworkshops, zwei Online-Workshops und beim Besuch des Chorleitungsseminars des Sächsischen Chorverbandes nicht nur die reine Dirigiertechnik, sondern auch musiktheoretische Grundlagen sowie Musik aus unterschiedlichen Epochen und deren Eigenheiten kennen. Die Dozentinnen und Dozenten, die zum Teil an der Hochschule für Musik Dresden lehren, geben Impulse zur Probenmethodik, zu speziellen Chorbesetzungen, zur chorischen Stimmbildung, aber auch zum Chorverbandswesen und zu organisatorischen Themen.
Cornelius Volke lehrt Ensemble- und Chorleitung an der Hochschule für Musik Dresden und ist gleichzeitig Leiter der Chorleitungsschule. Er freut sich über das breite Interesse: „Die rund 14 Teilnehmenden pro Jahrgang sind eine bunte Mischung aller Gesellschaftsschichten: vom Auszubildenden bis zum Ruheständler, Lehrinnen und Lehrer, Studierende oder Angestellte. Es ist spannend, wie sich die Teilnehmenden in der Gruppe untereinander ergänzen, dementsprechend herausfordernd ist es aber auch, mit dem unterschiedlichen Vorwissen und den Vorerfahrungen rund um Chorgesang inhaltlich umzugehen.“
Für Kay Hintersatz ging das Konzept auf: „Neben den eigentlichen Lehrgangsinhalten habe ich den Austausch mit den anderen Teilnehmenden sehr genossen. Durch die unterschiedlichen Hintergründe und Ensembleerfahrungen gab es viele Themen zu besprechen und den einen oder anderen Tipp zu aktuellen Herausforderungen.“
Insgesamt ist die Laienchorszene in Sachsen gemessen an der Einwohnerzahl eine der dichtesten in ganz Deutschland. Neben der Überalterung der Sängerinnen und Sänger hat der Sächsische Chorverband aber eine noch größere Herausforderung erkannt. „Ein Chor stirbt als erstes, wenn die Chorleitenden nicht mehr da sind.
Immer mehr Laienchöre wissen inzwischen, dass sie hier selbst etwas tun können und müssen. Mit dem Angebot der Chorleitungsschule geben wir ihnen die Möglichkeit, sich auch in den eigenen Reihen rechtzeitig weiterzubilden, um diesen wichtigen Kulturschatz Sachsens lebendig zu halten“, so Volke. Neben der Auseinandersetzung mit kultureller und künstlerischer Vergangenheit und Gegenwart haben Laienchöre noch viel mehr zu bieten. „Sie sind barrierefrei, vermitteln Kultur und Ästhetik anderer Länder und sind für alle Bildungsschichten offen. Außer dem Einsatz der Stimme braucht man kein Musikinstrument. Stimmbildung ist Teil jeder guten Chorprobe. Gleichzeitig schult der Chorgesang das Gehör, die Atemtechnik und die gesamte Körperwahrnehmung. Und am wichtigsten: wir trainieren unsere Kommunikation nicht nur zum Dirigenten oder zur Dirigentin, sondern auch untereinander. Das ist für mich gelebte Demokratiebildung“, so Volke.
Kay Hintersatz hat den Auftrag erkannt und arbeitet daran. Neben seinem Engagement beim Görlitzer Lehrerchor e.V. hat er den früher existierenden Kammerchor wiederbelebt. Sein nächstes Ziel: die Aufführung einer der Kompositionen von Ola Gjeilo, „Ecce Novum“ oder „The Rose“.
Zur Kooperation
Die Chorleitungsschule ist nur ein Bestandteil der Zusammenarbeit der EuropaChorAkademie Görlitz mit der Hochschule für Musik Dresden. Praxismöglichkeiten für Studierende der Musikhochschule, künstlerische Kooperationen mit den Chören und den Stipendiatinnen und Stipendiaten der EuropaChorAkademie Görlitz sowie die Nutzung weiterer Synergien in der professionellen Chorarbeit sind ebenfalls Teil der Kooperation.
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