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„Glaubt an Eure Zukunft!“

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Die Dirigentin und Dresdner Absolventin Oksana Lyniv im Gespräch
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Vor zwölf Jahren studierte die Ukrainerin Oksana Lyniv Dirigieren bei Professor Ekkehard Klemm an der Hochschule für Musik Dresden. Im Rahmen der Konferenz Zukunft(s)Orchester war die zukünftig erste Frau am Pult der Bayreuther Festspiele zu Gast in Dresden. Im Interview spricht sie über ihre Zeit in Deutschland und darüber, was sie jungen Dirigierstudierenden für eine erfolgreiche Zukunft rät.

Warum wollten Sie Dirigentin werden?

Ich habe mich schon immer für klassische Musik und Opern begeistert. Allein der Gedanke daran, als Dirigentin inmitten dieses Klangkosmos zu stehen und diese großartigen Werke interpretieren zu dürfen, hat mich nicht zögern lassen, diesen riskanten Berufswunsch anzustreben.

Warum haben Sie sich damals für ein Studium in Dresden entschieden?

Es war immer mein Traum nach Deutschland zu kommen, weil hier die besten Konzertsäle und Orchester der Welt sind und die musikalische Kultur einen hohen Stellenwert einnimmt. Ich hatte das Glück durch einen mir bekannten Musiker an Professor Ekkehard Klemm vermittelt zu werden. Nach einem Besuch in Dresden wusste ich, dass er ein guter Lehrer für mich sein würde und dass er mir helfen kann, in der deutschen Musiklandschaft Fuß zu fassen.

Wie haben Sie Ihr Studium in Dresden empfunden?

Mein Studium in Deutschland habe ich als sehr intensive Zeit in Erinnerung. Ich habe so viel gelernt! Natürlich die deutsche Sprache aber eben auch die Feinheiten der historischen Aufführungspraxis und die deutsche Art und Weise sinfonische Musik zu interpretieren. Mit jedem Stück, das ich im Studium dirigieren durfte, habe ich dazugelernt. Ich erinnere mich an die Probenbesuche bei der Staatskapelle, Vorstellungen in der Oper oder Konzerte in der Philharmonie mit hervorragenden Dirigenten, Musikern und Künstlern.

Welche Ausbildungsinhalte haben Ihnen gefehlt?

Das Wichtigste für jeden Dirigierstudenten ist es, die Inhalte aus dem Unterricht direkt in der Praxis mit professionellen Orchestern anzuwenden. Im Vergleich zur Ukraine könnte die Anzahl der Koope­rationen der Musikhochschulen mit Orchestern höher sein. Ich verstehe, dass diese Maßnahmen mit hohen Kosten verbunden sind, aber vielleicht wäre das ein Ansatzpunkt, um mehr mit internationalen Orchestern zusammenzuarbeiten.

Welche Eigenschaften zeichnen Sie als Dirigentin aus?

Ich bin mir meiner Verantwortung bewusst, die ich übernehme, wenn ich mit großen Orchestern und Top-Opernhäusern an Projekten arbeite. Man darf aber nicht vergessen, für sich selber zu sorgen. Auch wenn Produktionen manchmal schnell aufeinander folgen, muss man die Zeit finden, wieder Energie aufzuladen und seine Kräfte zu sammeln. Bei meiner Arbeit ist es mir sehr wichtig, die Hintergründe der Partitur zu verstehen und mir Zeit zu lassen, intensiv über den Komponisten, seine Zeit und sein Werk nachzudenken. Ich denke, nur so kommt man zu eigenen Ideen, ein Werk zu interpretieren.

Was raten Sie jungen Dirgierstudenten und -studentinnen, die Ihre Nachfolge bei den Bayreuther Festspielen antreten wollen?

Es gibt kein Patentrezept für Erfolg. Ich bin manchmal selber erstaunt, wenn ich darüber nachdenke, wo ich angefangen habe und wo ich jetzt stehe. Ich selber habe mir immer vorgenommen, jede Chance zu nutzen und das Beste daraus zu machen. Man weiß ja nie, wo man jemanden kennenlernt, der Dich weiterempfiehlt oder der Dir Kontaktdaten vermittelt. Wer sich also nichts anderes vorstellen kann, als mit dem Dirigierstab vor einem Orchester zu stehen, kann nicht früh genug anfangen sich darauf vorzubereiten. Glaubt an Eure Zukunft und fangt jetzt schon an, Euch auf die großen Werke und Komponisten vorzubereiten. Dann braucht Ihr nicht zögern, wenn die große Chance unerwartet vor Euch steht.

Oksana Lyniv, geboren in Brody/Ukraine, studierte Dirigieren u.a. an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden. Von 2008 bis 2013 war sie stellvertretende Chefdirigentin am Akademischen Nationaltheater Odessa. Als Dirigentin leitete sie u. a. Opernaufführungen an der Estnischen Nationaloper und der Oper Bonn. Von 2013 bis 2017 war sie an der Bayerischen Staatsoper als Assistentin des Generalmusikdirektors Kirill Petrenko engagiert. 2015 debütierte sie an der Kungliga Operan in Stockholm. Seit der Spielzeit 2017/18 ist sie Chefdirigentin der Oper Graz. 2021 wird sie das Eröffnungskonzert bei den Bayreuther Festspielen dirigieren.

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