Mit einer ungewöhnlichen Aktion haben Studierende der Hamburger Hochschule für Musik und Theater (HfMT) auf die desolate Lage in Sachen Überäume aufmerksam gemacht: Sie traten in „Übestreik“, was in diesem Fall aber nicht das Einstellen entsprechender Tätigkeiten bedeutete, sondern deren Verlagerung in andere Räumlichkeiten der Hochschule: ins Foyer und in die Gänge.
Anastasia Haag, Präsidentin des Studierendenparlaments, sprach gegenüber dem nmz-Hochschulmagazin von einem vollen Erfolg der Aktion: Mehr als ein Drittel der Musikstudierenden habe sich, über das ganze Gebäude verteilt, an der Protestaktion beteiligt. „Besonders haben wir uns darüber gefreut, dass auch bei der anschließenden Versammlung fast alle geblieben sind. Den Musikstudierenden wird ja immer ein gewisser Egoismus, ein Einzelkämpfertum nachgesagt, aber hier war Engagement und echtes Zusammengehörigkeitsgefühl zu spüren.“
Der Mangel an Überäumen ist an der Hamburger Hochschule schon seit einiger Zeit ein Problem. Für 550 Musikstudierende stehen 17 reguläre Zimmer im Hauptgebäude und 6 angemietete, nicht ausreichend schallisolierte Räume zur Verfügung. Auf einen Raum, so rechnet der AStA der HfMT Hamburg vor, kommen somit 23,91 Studierende, ein im Vergleich mit Bremen (11,47) oder Lübeck (8,89) extrem schlechter Wert, der deutlich über dem von der HIS GmbH (Hochschul-Informations-System) errechneten Bedarf von 11 Studierenden pro Überaum liegt. Bis vor Kurzem bestand an der Hamburger Hochschule Hoffnung auf einen entsprechenden Umbau der Tiefgarage. Dass dieser Plan sich nun – aus statischen Gründen – endgültig zerschlagen hat, brachte, so Anastasia Haag, das Fass zum Überlaufen.
Die Hochschulleitung solidarisierte sich mit dem Protest der Studierenden, rief dafür einen Dies Academicus aus und stand auch für eine Stellungnahme und ein Gespräch zur Verfügung. Schnelle Lösungen konnten dabei zunächst nicht präsentiert werden. Kanzler Bernd Lange verwies lediglich darauf, dass die Behörde für Wissenschaft und Forschung das Anliegen der Hochschule „sehr ernst genommen“ und die „vorgelegten Erhebungen und Berechnungen eingehend geprüft und den Bedarf an etwa 25 zusätzlichen Überäumen vorbehaltlos anerkannt“ habe.
Hochschulpräsident Elmar Lampson zeigte im Gespräch mit der nmz großes Verständnis mit dem Unmut der Studierenden („die Aktion hatte meine volle Unterstützung, das ist keine Konfrontation zwischen den Studierenden und mir“) und räumte ein: „Die Übesituation ist schlecht, besonders an bestimmten Tagen.“
Langfristig gebe es zwar mit dem geplanten Umbau der Theaterakademie gute Perspektiven, was an der aktuellen Lage aber nichts ändere. Man sei jedoch inzwischen in konkreten Gesprächen mit befreundeten Institutionen in der Nachbarschaft, so Lampson, der gleichzeitig einräumte: „Das ist keine Äußerung, mit der man eine aufgebrachte Studentenschaft beruhigt.“ Gleichzeitig betonte er, man habe in anderen Bereichen hervorragende räumliche Bedingungen und sei mit dem Standort der Hochschule grundsätzlich sehr zufrieden.
Eines der von Anastasia Haag formulierten Ziele haben die Studierenden somit offenbar schon erreicht: den Druck auf die Hochschulleitung zu erhöhen. Schließlich, so Haag, könne man es sich nicht leisten, dass sich wegen der schlechten Übebedingungen die besten Bewerber für andere Hochschulen entschieden, die in dieser Hinsicht besser dastünden. Und auch an die Stadt Hamburg haben die jungen Musiker eine klare Botschaft, die Anastasia Haag so formuliert: „Wenn Hamburg sich als Musikstadt versteht und eine Elbphilharmonie baut, muss sie sich auch darum kümmern, dass künstlerische Exzellenzen ausgebildet werden; unter den momentanen Bedingungen ist das nicht möglich.“