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Klingender Anschauungsunterricht Bläserserenade der Musikschule der Stadt Siegen erwies sich als Zuhörermagnet.
pch Siegen. Wer die Musizierform Bläserquintett immer noch im Schatten des Streichquartetts wähnt, der wurde an diesem Sonntag im Siegener Ratssaal eines Besseren belehrt.
Sehr lebendig gestalteten die fünf Solisten die Tänze des Ungarn Agay. Nach der haydnschen Geschlossenheit waren Temperament und Ausdrucksvielfalt gefragt. Spritzig, mit überraschenden harmonischen und rhythmischen Wendungen in der Polka, schmerzliche Wehmut im Tango mit einem kurzen Anklingen weillscher Schreibweise, spanisches Kolorit im Bolero – so erklangen die Stücke, um nach einem eher zukunftsträchtigen Waltz mit einer frechen Rumba die Zuhörer vollends für sich einzunehmen.
Das Quintett von Franz Danzi (1723–1826) – Repräsentant der Mannheimer Schule, einem Zentrum ungemeiner Schöpferkraft, die der Tonkunst eine kraftvolle Ausdruckssprache bescherte und von Zeitgenossen als epochal empfunden wurde – geriet zur Krönung des Konzerts. Danzis fundierte Kenntnis von Details der Ausdrucksfähigkeit jedes einzelnen Instruments, seine Begabung für Instrumentation und klangliche Wirkungen lassen ein Gesamtwerk von apartem Reiz entstehen, mit hohen technischen Anforderungen an die Interpreten.
In diesem Quintett kann sich niemand verstecken, keiner arbeitet nur zu, jeder muss mal in die Führungsrolle schlüpfen. Erst schwingt die Oboe das musikalische Zepter, um es dann an Flöte und Klarinette zu übergeben. Später mischt Danzi Horn und Flöte zum Triolenpaar, erlaubt Horn und Fagott kleine Kantileneneinwürfe, und nun dürfen nacheinander Flöte und Fagott über kurzen Akkordeinwürfen ein rasantes Sechzehntelspektakel aufführen. Nahezu romantischen Charakter trägt der vierte Satz, Allegretto. Danzi lässt das Horn immer wieder sehr schöne Kantilenen spielen, die von den Übrigen aufgegriffen und fortgeführt werden. Auch in diesem Satz tauchen wieder reizvolle »Zweierbeziehungen« mit der sich daraus ergebenden Farbenpracht auf.
Mit einem dämonischen Grollen in den tiefen Klavierlagen lässt Franz Liszt seine Ballade Nr. 2 h-Moll beginnen, gestattet ihr eine kleine lyrische Aufhellung, schickt sie mit beschwörendem Pathos in den Klavierkeller zurück, um sie endlich in oberen Gefilden sanft ausklingen zu lassen. Bei Liszt regiert die machtvolle Gebärdensprache, die selbst bei leichtesten Bewegungen die Aufmerksamkeit auf sich zieht, wenn man auch das technische Rüstzeug dafür besitzt. Matthias Schmitz erzielte jene für Liszt geforderte Fresko-Wirkung und fügte sich so passgenau in das Konzertniveau. Auch die »Suite Antique« für Flöte ( Arnim Klüser) und Klavier (Walburga Thiery) von John Rutter war ein nett anzuhörender Konzertbeitrag, fast so etwas wie ein imaginärer Musical-Mix, mehrheitlich mit Pop-Balladen gefüllt, pendelnd zwischen Bernstein und Gershwin.
Siegener Zeitung
http://data.siegener-zeitung.de/sz-neu/kultur/200202135232504