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Ein weißer Flur mit gelben Türrahmen und grauem Boden durch eine hauchdünn quadratisch gegitterte Glasscheibe fotografiert. An der Glasscheibe klebt ein Aufkleber mit einem Handsymbol in denssen Handfläsche steht: "Stopp den Unfall"

Foto: Dr. Juan Martin Koch

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Kulturwandel ist ein Prozess, kein Projekt

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Zur Implementierung eines Code of Conduct · Von Christine Peham
Vorspann / Teaser

Um dem Thema „Macht und Verantwortung“ im Soziotop einer Kunstuniversität/Musikhochschule zu begegnen, liegen mittlerweile zahlreiche Handlungsempfehlungen, Positionspapiere und Richtlinien vor, auf deren Basis Awareness Kampagnen, Aktionstage und Sensibilisierungsveranstaltungen initiiert werden. All diese Strategiepapiere (unter anderem der HRK/RKM beide Mai 2024) betonen die Rolle der Prävention, die tiefergreifender Reflexion struktureller Bedingungen und nachhaltiger Transformationsprozesse auf der Ebene der Organisationsentwicklung bedarf. Im Rahmen einer universitären/hochschulischen Gesamtstrategie zu Gewaltschutz und Prävention kann ein Verhaltenscodex (Code of Conduct) einen gemeinsamen Bezugsrahmen darstellen, der die Ableitung organisationspezifischer Maßnahmen zur Sensibilisierung und Prävention ermöglicht. Nachfolgend werden strategische Überlegungen rund um die Einführung eines Code of Conduct an Kunstuniversitäten und Musikhochschulen beleuchtet sowie Fragen und Impulse aus der Perspektive der Organisationsentwicklung formuliert, unabhängig davon, ob der Prozess um die Einführung dieses Instruments zur Entwicklung der Organisationskultur bereits abgeschlossen ist oder erst darüber nachgedacht wird.

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Wer sind wir gemeinsam?

Der universitäre Alltag birgt Potential für herausfordernde, diskursive, mitunter grenzüberschreitende Tätigkeiten oder Erlebnisse und das nicht nur in der künstlerischen Lehre, sondern auch in der täglichen Begegnung, in Bereichen der Verwaltung, in allen Aufgaben der Forschung, Lehre sowie Erschließung und Entwicklung der Künste. Manches Mal bedingt durch künstlerische Situationen, die emotionale Herausforderungen evozieren, manches Mal schlicht durch die Begegnung zweier Menschen und ihrer Geschichte. Als Teil der Selbstverpflichtung zu Gewaltschutz und Prävention kann ein Verhaltenskodex, aus ethisch inhaltlicher Perspektive und gleichzeitig den geltenden rechtlichen Rahmen in Erinnerung rufend, ein Instrument zum Abbau von Machtmissbrauch und Diskriminierungsfaktoren im universitären Alltag sein. Zugleich erlaubt er eine Verschiebung von einer reaktiven zu einer proaktiven Herangehensweise, eröffnet Handlungsspielräume und ermöglicht Präventionsarbeit in einer Haltung gemeinschaftlicher Verantwortungsübernahme nachhaltig organisationsstrukturell zu verankern.

Die Intention eines Verhaltenskodex sieht einen fairen, wertschätzenden und respektvollen Umgang vor, um sich der Idee eines diskriminierungsfreien Raums anzunähern, in dem für alle unabhängig von sozialer und ethnischer Herkunft, sozioökonomischem Status, Geschlecht, Geschlechteridentität, Geschlechterpräsentation, sexueller Orientierung, Alter, Aussehen, Weltanschauung, Religion oder körperlicher Verfassung bestmögliche Rahmenbedingungen für das Studien- und Arbeitsumfeld geschaffen werden. Darüber hinaus kann ein Code of Conduct handlungsleitend dazu beitragen, die Entwicklung einer Speak Up-Kultur an der jeweiligen Organisation zu unterstützen und das Bewusstsein für Diskriminierungsfaktoren und deren Zusammenwirken zu schärfen, das jegliche Perspektiven, Entscheidungen und Handeln im universitären Alltag prägt.

Um aus Steuerungsinstrumenten wie Handlungsempfehlungen, Richtlinien, Verhaltenscodizes oder Schutzkonzepten Verhaltensmaximen (und in weiterer Folge ein Beschwerdemanagement) ableiten zu können, bedarf es einer Verständigung über die Definition von Begrifflichkeiten (wie zum Beispiel eines gemeinsamen Gleichstellungsbegriffs), der Erhebung eines Status Quo und der Zuwendung an die Frage „Wer sind wir gemeinsam, was können wir (nur) gemeinsam?“ Verinnerlichte Werte sind nicht immer bewusst zugänglich, es braucht Zeit, gemeinsame Werte zu finden, zu reflektieren und zu benennen, besonders auch im interkulturellen Kontext. Auf Basis einer Situationsanalyse kann dieser Kommunikationsprozess zu individuellen und kollektiven Werten den Beginn eines Prozesses zur Erstellung und Einführung eines Verhaltenskodex darstellen.

Unternehmensethik

Verhaltenskodices sind ursprünglich als Instrumente der Wirtschafts- und Unternehmensethik entwickelt worden, um sich Fragen der gesellschaftlichen Verantwortung in einer globalisierten Welt zu stellen. Da zukunftsfähige Universitäten als öffentlich-rechtliche Körperschaften zunehmend wie Unternehmen agieren und die Forderung zur gesellschaftlichen Verantwortungsübernahme tertiärer Bildungseinrichtungen als Aufgabe in der Third Mission formuliert ist, etablieren sich Verhaltenskodizes neben weiteren (universitären) Steuerungsinstrumenten (u.a. Compliance Richtlinien) im Hochschulmanagement. Werteleitbilder wie ein Code of Conduct bieten Orientierung und Entscheidungshilfe im beruflichen Alltag, in dem Menschen mit unterschiedlichen Werten und Referenzsystemen aufeinandertreffen. Aus der Perspektive des Arbeitgebers soll dadurch zusätzlich die Zufriedenheit, Motivation, Loyalität, Krisenfestigkeit und schließlich auch die Effizienz der Mitarbeiter*innen sowie Reputation und Attraktivität der Organisation nach außen gesteigert werden. 

Orientierung und Anstoß

Diese orientierenden Leitlinien, die Regeln eines geordneten Miteinanders umfassen, können gerade an Hochschulen, als Räume gewünschter und geförderter (kultureller) Vielfalt und Diversität, mit hoher individueller Freiheit ihrer Mitglieder im Rahmen einer normativen Organisation Konfliktpotential bergen. Erwartungen an die Einführung eines Verhaltenskodex sind immer auch an Fragen der Wirksamkeit und Verbindlichkeit geknüpft und in den Implementierungsprozessen werden wiederkehrend Rufe nach einem rechtlich-bindenden Charakter laut.

Auch wenn Recht und Ethik beide Orientierung geben und handlungsleitend sind, so wird durch einen Verhaltenskodex keine (neue) Rechtsgrundlage geschaffen, er bietet Orientierung und Anstoß zur Vorbildfunktion, nicht aber zur Sanktion. Damit stellt er eine in Schriftform nach außen gerichtete Selbstverpflichtung einer Organisation dar, sich gesetzeskonform und nach einem gemeinsam geteilten Wertesystem auszurichten. Die Einhaltung liegt dabei in der Selbstverantwortung jedes Mitglieds einer Organisation beziehungsweise für den festgelegten Geltungsbereich, der gerade an Kunstuniversitäten und Musikhochschulen für temporäre, projektbezogene Mitarbeitende, Kooperationspartner*innen oder Studierende zu klären ist.

Strategische Überlegungen

Die Einführung eines Code of Conduct ist ein Change Prozess, der bereits in der Erarbeitungsphase zur Organisationskulturentwicklung genützt werden kann. Durch die Verschriftlichung eines Verhaltenskodex werden Normen und Werte an die Oberfläche einer Organisationskultur gebracht, wodurch sie sicht- und beobachtbar werden. Eine kurzfristige Beeinflussung der Organisationskultur ist dadurch nicht möglich, da unbewusste Grundannahmen und tiefverwurzelte sozialisationsgeprägte Einstellungen zur Umwelt, Wahrheit, Zeit und den Mitmenschen handelt.

Die angewandte Ethik zeigt, dass die Wertebildung nicht über Belehrung sondern über konsistentes praktisches Vorleben, basierend auf Erfahrungen und Beobachtungen gelingen kann. Für Führungspersonen bedeutet dies, neben der Vorbildfunktion in einer Haltung der Integrität und Authentizität, die Führung in Bezug auf ein ethisches Leitbild indirekt via Kontextsteuerung anzulegen, also Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Zielerreichung begünstigen.

Nach dem Entschluss, einen organisationsspezifischen Wertekompass zu entwickeln – dessen Intention reflektiert werden soll – stellt sich die Frage nach der Projektgruppe und der Identifikation der/des Change Agents und weiterer prozessrelevanter Stakeholder. Hierbei können die Leitfragen aus der Stakeholderanalyse nach Mintzberg et al. (2012)1 die Überlegungen beeinflussen: „Wer kann den Erfolg oder Misserfolg unseres strategischen Vorhabens entscheidend positiv oder negativ beeinflussen? Wer darf aufgrund seiner Macht (bspw. durch Zugang zu besonders wichtigen Ressourcen), Legitimation (strukturelle oder hierarchische Einflussnahme im System), der Dringlichkeit oder des Vermächtnisses (zum Beispiel Erfahrungs- und/oder Strukturwissen) im Prozess nicht übersehen werden?“ Externe Berater*innen können für Fachwissen und Impulse in den Prozess integriert werden, darüber hinaus wird dadurch der Prozess im Fluss gehalten und der externe Blick kann speziell bei dieser Thematik ein hilfreicher Spiegel sein.

Jedes Mitglied einer Organisation ist als Kulturträger zu verstehen, was eine breite Einbindung in den Erarbeitungsprozess begründet und zugleich die Identifikation mit dem Ergebnis steigert. Der Prozessbeginn eignet sich auch, um Organisationsspezifika zu beleuchten, geltende Leitlinien und Steuerungsinstrumente zu analysieren, um mögliche Implementationsbarrieren zu identifizieren. Welche Merkmale weist diese Organisation im speziellen auf und welche Bedarfe ergeben sich daraus für die Angehörigen aller Bereiche und Hierarchieebenen? Welche unterschiedlichen Kulturtypologien haben sich am Haus etabliert? Folgt beispielsweise das allgemeine Personal und die Verwaltung eher einer Verfahrenskultur und unterscheidet sich damit von der Organisationskultur des künstlerisch/wissenschaftlichen Personals? Wo verortet sich hier das Rektorat? Gibt es weitere Subkulturen in der Organisation?

Für das weitere Vorgehen im Transformationsprozess gilt es Faktoren wie Fokus, Zeit, Motivation und Ergebnis zu bedenken, um die entsprechende Vorgangsweise(n) für die einzelnen Projektphasen auf dem Verhaltenskontinuum informierend – direktiv – partizipatorisch – transformativ (nach Quinn & Sonnenshein 2008)2 zu bestimmen. Der Erarbeitungsprozess hilft, strukturelle Probleme zu identifizieren, denen durch den Verhaltenskodex beziehungsweise die daraus abzuleitenden Maßnahmen entgegen gewirkt werden kann.

Die Entwicklungsplanung an Hochschulen/Universitäten setzt häufig auf der Zielebene an, um Vorgaben und Bestimmungen abzuleiten, ohne an das auf der Kulturebene gewachsene Wissen über (nicht) akzeptierte Verhaltensweisen, Tabus, Mythen und ungeschriebene Gesetze in der Organisation anzuschließen. Diese daraus resultierenden widersprüchlichen Bezugssysteme erschweren das Ineinandergreifen von Strategie-, Wissens- und Innovationsmanagement und verpassen damit interne Andockstellen für gelingende Organisationsentwicklung. Führungspersonen an Universitäten/Hochschulen unterliegen oft einem häufigen Wechsel, sodass sie bei Übernahme ihrer Funktion auf eine bereits verankerte Organisationskultur treffen, deren Werteleitbild sie zumeist erst ab dieser Führungsperiode mitprägen. Voraussetzung für eine längerfristige und nachhaltige Entwicklung der Organisationskultur ist das Verständnis und das Anerkennen der Organisationskultur als Gestaltungsbereich durch die Führungspersonen.

In Kraft getreten – und nun?

Mit der Veröffentlichung des Verhaltenskodex wird die soziale Erwünschtheit der Inhalte expliziert. Die nach außen geteilten Werte geben keinen Aufschluss darüber, wie diese im Alltag gelebt werden – Universitätsangehörige bekennen sich durch die Selbstverpflichtung dazu, ob innerlich eine Zustimmung erfolgt, bleibt aber ungewiss. Unabhängig davon, ob der Erarbeitungsprozess eher direktiv, partizipativ oder transformierend stattgefunden hat, gilt es nun, Strategien zur Kommunikation, Verbreitung und Umsetzung des Werteleitfadens zu entwickeln, um den Code of Conduct mit Leben zu füllen und seine Wirkung entfalten zu lassen. In der letztgültigen Fassung sollte er jederzeit online und in mehreren Sprachen abrufbar sein und im Idealfall auch als analoge Publikation vorliegen – ein Wendeexemplar als Version in Deutsch und Englisch hat sich hierbei bewährt. Für die Betreuung des Verhaltenskodex nach In-Kraft-Treten, für die Koordination möglicher Stellungnahmeprozesse, die Übersetzung(en), Evaluation, Überarbeitung und Fortführung sowie Konzeption geeigneter Fortbildungs- und Sensibilisierungsformate kann eine verantwortliche Person(-engruppe) identifiziert werden, deren Funktion und Aktionsradius unter anderem auch auf Weisungsfreiheit geprüft werden soll.

Ein Code of Conduct kann zum Anlass genommen werden, die Handlungsempfehlungen der RKM umzusetzen. Zu den einzelnen Handlungsbereichen werden nachfolgend ergänzende Überlegungen angestellt. Best Practice Beispiele zeigen die Erhöhung des Empowerments von Studierenden durch die curriculare Verankerung von Präventionsarbeit in der Lehre in Form von Zivilcouragetrainings für Studierende, Fallbesprechungen aus dem Bildungs-, Kunst- und Kulturbereich, die den Abbau personaler/struktureller Gewalt thematisieren sowie medientheoretischer Auseinandersetzung mit individueller Beschwerdeführung. Für die künstlerische Lehre kann die hochschuldidaktische Begleitung des Professionalisierungsprozesses zur Ausbildung einer reflexiven Haltung gegenüber eigener didaktischer Konzepte sowie der Unterrichtsmethodik erfolgen. Diesem Prozess geht die Aufarbeitung der eigenen Lernbiografie und der Sozialisationsfaktoren und -bedingungen voraus. Formen der (transdisziplinären) kollegialen Beratung und Möglichkeiten zur Inter- wie Supervision im pädagogischen Alltag sollen über den gesamten Berufsverlauf und alle (Hierarchie-)Ebenen auch in Form von Entlastungsgesprächen etabliert werden.

Offene Unterrichtskultur

In der künstlerischen und wissenschaftlichen Lehre gilt es, ein Bewusstsein für Grenzsituationen und unterschiedliches Grenzempfinden zu entwickeln und den respektvollen Umgang mit Studierenden und Kolleg*innen zu kultivieren. Dies setzt eine wertschätzende Begegnung im Unterricht voraus, der einer zeitgemäßen Pädagogik mit ebensolcher Didaktik folgt. Im künstlerischen Unterricht ist die Beschäftigung mit Körperlichkeit, Körper und Emotionen unabdingbarer Inhalt künstlerischer Erarbeitungsprozesse. Hier trägt die Lehrperson die Verantwortung besonders auf Sachdienlichkeit und Grenzüberschreitungen zu achten sowie die Thematik vorab, offen und transparent anzusprechen. Vorausgestellte Inhaltshinweise sowie eine konsensuelle Einigung über die Präsentation bestimmter Inhalte wirken präventiv und bezeugen eine offene, transparente Unterrichtskultur.

Um die Fähigkeiten aller Universitätsangehörigen zur Wahrnehmung und Einhaltung des Verhaltenskodex weiter auszubauen, um im universitären Alltag Vorfälle besser erkennen sowie kommunizieren zu können und um Sicherheit im Verhalten bei Beschwerdeführung zu erlangen oder in Vorbereitung auf Führungsverantwortung beziehungsweise gremiale Tätigkeiten, können Fortbildungen, Schulungen und Personalentwicklungsmaßnahmen zur Handhabung und Einhaltung des Code of Conduct in universitärere Alltagspraxis von allen Mitarbeiter*innen besucht werden. Neu eingetretene Mitarbeiter*innen werden im Zuge des Onboardings mit dem Code of Conduct vertraut gemacht.

Eine zivilcouragierte Haltung, die sich in ebensolchen Handlungen in analoger wie digitaler Interaktion widerspiegelt, kann als Zeichen einer Speak Up-Kultur gewertet und mit dem Code of Conduct als gemeinsamem Referenzrahmen initiiert werden. Ein Verhaltenskodex schafft die Möglichkeit, unerwünschtes Verhalten zu markieren, auszuweisen und nicht mehr mittragen zu müssen. Aufeinander zu achten bedeutet auch, sich mit wachen Augen den anderen zu zuwenden, so gilt es auch die Thematik der selbstgefährdenden Verhaltensweisen achtsam und verantwortungsvoll in Präventionsmaßnahmen und Schulungen aufzugreifen. In Sensibilisierungsveranstaltungen soll der offene, wachsame Blick geübt und weiter geöffnet werden – die Diskussion um die verpflichtende Teilnahme lässt Erkenntnisse aus der Motivations- und der Lernpsychologie außer Acht und überhöht mögliche Ergebnisse: Eine Teilnahme allein garantiert weder Wissen noch Anwendung oder den Startpunkt eines Bewusstseinsbildungsprozesses. Trotzdem können die Maßnahmen ihre Wirkung nur durch Partizipation und ein Sich Einlassen entfalten.

Führungsstile

Führungskräften und Entscheidungsträgern kommt bei der Organisationskulturgestaltung eine wichtige Rolle zu: Auf welches Verhalten reagiert, welches gewürdigt, welches sanktioniert wird, prägt ihre Vorbildfunktion im Alltag. Vor allem die mittlere Führungsebene hat einen starken Einfluss darauf, welche Werte tatsächlich gelebt werden. Hierzu können gezielt Schulung und Trainings von Führungsstilen initiiert werden. Die Rolle der Tätigkeit in Gremien kann im Zuge der Implementierung eines Code of Conduct aufgewertet werden und zugleich müssen Anforderungen an Personen mit gremialer Verantwortung neu definiert werden (zum Beispiel Anti-Bias und Antirassismus Trainings, Gender- und Diversitätskompetenzen). Für Studierende in Gremien gilt es, besondere Schutzmaßnahmen zu treffen und auch Ausstiegszenarien ohne persönliche Nachteilnahme zu planen und zu begleiten.

Für den Prozess der Beschwerdeführung lohnt es sich, über die Rolle und Bedeutung der Beschwerde als wichtiges Werkzeug der Organisationsentwicklung nachzudenken (siehe hierzu Ahmed 2021)3, parallel dazu Unterstützungssysteme (Beratungs-, Clearing oder Vertrauensstellen) zu etablieren und die Dokumentation zu regeln, um im kasuistischen Sinne durch Fälle Wissen zu schaffen. Ein Gewaltschutzkonzept auf Basis sorgfältig durchgeführter Risikoanalysen sollte für alle Einrichtungen erstellt werden, um institutionellen Schutz zu gewährleis­ten – insbesondere für minderjährige Personen in Hochbegabungs- oder studienvorbereitenden Programmen oder elementarpädagogischen Kontexten. All diese Präventionsmaßnahmen haben sich an einer Gesamtstrategie zu Gewaltschutz und Prävention zu orientieren, um sich nicht in guten Absichten zu verlieren, sondern zu einem nachhaltig verankerten Kulturwandel beizutragen. Ein Code of Conduct als gemeinsamer Referenzrahmen folgt einem Integritätsansatz indem individuelle moralische Verantwortung gefördert und ein Appell an die Vorbildfunktion und persönliche Verantwortung jedes einzelnen verknüpft wird. Dies trägt maßgeblich dazu bei, die Third Mission einer UniversitätHochschule und damit gesellschaftliche Ansprüche in sozialer Verantwortung zu erfüllen.

Es liegt in der Verantwortung aller Universitätsangehöriger Diskriminierung und Gewalt unter Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen im Studium und am Arbeitsplatz zu verhindern. Gerade an Kunstuniversitäten und Musikhochschulen kann der Raum geöffnet werden, neue Modelle zu entwickeln und zu erproben, um so der gesellschaftlichen Verantwortung in sozialer Dimension gerecht zu werden.

Die Autorin dieses Textes, Christine Peham, ist Senior Scientist am Institut für Gleichstellung und Gender Studies der Universität Mozarteum und begleitet Bildungseinrichtungen bei Changemanagement Prozessen.
 

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Quellenverweise
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1

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Mintzberg, H., Ahlstrand, B. & Lampel, J. (2012): Strategy Safari: Der Wegweiser durch den Dschungel des strategischen Managements. München: FinanzBuch Verlag, Münchner Verlagsgruppe GmbH.

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2

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Quinn, R. E. & Sonenshein, S. (2009): Four General Strategies for Changing Human Systems. In: Cummings T. G. (Ed): Handbook of Organization Development. Beverly Hills, Sage, S. 69-78.

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3

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Ahmed, Sara (2021): Complaint! Durham: Duke University Press.

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