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Musik und Gesellschaft

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Educating Artist in der Studienrichtung Klassik am Institut für Musik
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Als ein exzellenter Teil der Osnabrücker Hochschule hat sich in den vergangenen Jahren das Institut für Musik etabliert. Die rund 450 Musikstudierenden sind in verschiedenen Studienrichtungen spezialisiert: Jazz, Klassik, Musical und Pop.

Zum Sommersemester dieses Jahres durften wir den lange erwarteten Neubau mit weiteren modern und zeitgemäß ausgestatteten Unterrichts-, Tanz- und Comboräumen sowie einem gelungenen, multifunktionalen Saal in Betrieb nehmen. Gemeinsam mit dem bestehenden Hauptgebäude, das in früheren Jahren eine Klinik war und neben Unterrichts- und Seminarräumen sowie der Verwaltung auch dem „Institut für angewandte Physiotherapie“ Platz bietet, ebenso wie einem sehr schönen Gartenhaus mit attraktiven Unterrichtsräumen und einem kleinen Kammermusiksaal, hat sich an unserem Standort ein attraktiver Musik-Campus gebildet, der die Lebendigkeit des studentischen Miteinanders unterstützt und zu einem beliebten Treffpunkt geworden ist.

Der Saal des Neubaus, wegen seiner architektonisch innovativen Außengestaltung Plektrum genannt, ist in jeder Hinsicht multifunktional ausgestattet. Man kann ihn vielfältig umgestalten und beispielsweise für ein Orchesterkonzert oder eine Opernproduktion einrichten und effektiv akustisch anpassen. Braucht ein elektronisch geführtes Ensemble eher wenig raumakustische Unterstützung, so sind klassische Ensembles genau auf diese akustische Unterstützung des Saales angewiesen. Das lässt sich individuell einstellen und schon nach einigen Wochen des Kennenlernens, Erhörens und Erfühlens ist der Mehrwert des Gebäudes in den Konzerten und Aufführungen spürbar und hat große Auswirkungen auf die künstlerischen Ergebnisse unserer Veranstaltungen.

Die Aufgabe des Instituts für Musik ist es, die künstlerische und pädagogische Ausbildung eines zukunftsfähigen Nachwuchses überregional sicherzustellen. Gerade im musikpädagogischen Arbeitsbereich sind in den kommenden Jahren viele vakante Stellen zu erwarten, da eine hohe Zahl an Lehrkräften berentet wird. Zum großen Teil sind es Arbeitsangebote mit unbefristeten TVöD-Verträgen an öffentlichen Musikschulen und auch viele Angebote freier Träger, die zum Teil schon heute nicht mehr aus einer adäquaten Auswahl an Bewerbenden besetzt werden können. Regelmäßig erhalten wir Anfragen von Musikschulen, die initiativ nach Musikpädagoginnen und -pädagogen für ihre Einrichtungen suchen.

Viele Studierende des IfM haben auch eine künstlerische Laufbahn fest im Blick. Mit zwei Standbeinen aus Konzerttätigkeiten und Unterrichten ist die Entwicklung eines künstlerischen Profils für die Studierenden ein reelles Studienziel. Die Beschäftigung mit dem Hauptfach bestimmt die acht Studiensemester und zieht sich wie der sprichwörtliche rote Faden durch das Studium. In den ersten Semestern geht es zunächst um die fachliche Grundlagenarbeit und die technische Vielfalt, um das handwerkliche Rüstzeug zu erlernen. Eventuelle Versäumnisse aus Vorstudienzeiten werden aufgearbeitet und korrigiert sowie instrumentale und vokale Fähigkeiten und Fertigkeiten ausgebildet, trainiert und auf ein professionelles Niveau gebracht. Anschließend nehmen die Studierenden die Gestaltungsprinzipien des Hauptfachs in den Blick. In der weiteren Vertiefung bereiten die Studierenden gemeinsam mit den Lehrenden die künstlerische Abschlussprüfung vor.

Ergänzend dazu enthält unser Curriculum von Anfang an Lehrangebote zur musikalischen Praxis: In jedem Semester belegen die Studierenden Kammermusik und wirken im Symphonieorchester oder einem vergleichbaren Ensemble mit. Im Bereich der Kammermusik wählen die Studierenden aus einem Ensemblekatalog (Angebote zur Alten und Neuen Musik oder einem „Weltmusikensemble“ mit Blick auf außereuropäische Musik). Außerdem berücksichtigen wir mit „Ensemblewahlen“ die Interessen der Studierenden. Sie können in Absprache mit den Lehrenden Vorschläge für die Erarbeitung ihres persönlichen kammermusikalischen Repertoires einbringen.

Realistische Kriterien

Wir versuchen, als Hochschule unsere Lehrinhalte und Lernziele an realistischen Kriterien auszurichten, zu berücksichtigen, was die Absolventinnen und Absolventen können müssen, was sie brauchen, was der Markt von ihnen erwartet und was sie später vermitteln sollen. Wir möchten sie in die Lage versetzen, sich über neue Strömungen und Entwicklungen in der Musikwelt und auf dem Arbeitsmarkt auf einem aktuellen und zeitgemäßen Wissens- und Könnensstand zu halten.

Wir verstehen die Studierenden unseres Studiengangs als Educating Artist. Dies drückt unser Verständnis von der Verbindung der ausübenden Künstlerinnen und Künstler und die Fähigkeit der Vermittlung und Weitergabe dieser Qualifikationen aus. Viel zu oft werden die Ansprüche getrennt verstanden. Unser Studienangebot in Osnabrück möchte beiden gerecht werden, weil wir der Überzeugung sind, dass nur dann eine qualitativ hochwertige Weitergabe und Vermittlung musikalischer Kompetenzen möglich ist, wenn eine qualifizierte und engagierte Künstlerpersönlichkeit dahintersteht.
Im Zusammenwirken der am IfM in Osnabrück vertretenen Studienrichtungen Jazz, Klassik, Musical und Pop profitieren alle Studienrichtungen voneinander, trotz ihrer zum Teil unterschiedlichen Herangehensweise an die künstlerischen und musikalischen Prozesse. In Bezug auf die Studienrichtung Klassik bedeutet dies, dass sie vom Schwung der „jüngeren“ Studienrichtungen mitgenommen wird.

Der entstehende Austausch und die Auseinandersetzung mit dem kritischen Angefragt-Werden und die eigene Formulierung kritischer Rückfragen trägt dazu bei, dass alle gemeinsam neue Herangehensweisen finden, die für die künstlerische Tätigkeit so wichtig sind und für den richtungsweisenden Musikunterricht gebraucht werden: Musiktheorie- und Gehörbildungskurse, die auf das später benötigte „Handwerkszeug“ Wert legen, wöchentliche Perfomance Hours zur Erprobung der eigenen künstlerischen Expertise oder Elemente innovativen Gruppenunterrichts mit Labs und Combos als Ergänzung zum Einzelunterricht könnte man hier genauso anführen wie die Einbindung von Musik aus anderen Stilen oder den selbstverständlichen Gebrauch digitaler Medien – kurz „applied science“, angewandte Wissenschaft, wie es auch der internationale Titel der Hochschule Osnabrück – „University of Applied Sciences“ sagt.

Darüber hinaus stehen Eigeninitiative und Selbstständigkeit im Erlernen und Erleben künstlerischer Prozesse im Mittelpunkt. Mit der erfolgreichen Absolvierung eines Studiums gleich welcher Profession geht heute keine vollständige Wissensvermittlung und keine absolute instrumentale Beherrschung über die entsprechende Fachrichtung einher. Wir machen Lehr- und Lernangebote, legen Grundlagen, geben für bestimmte Fachrichtungen Anregungen zur weiteren Vertiefung und möchten die Studierenden für das „lebenslange Lernen“ und ein dem Sport ähnliches „Fit-Halten“ die nötige Offenheit mit auf den Weg geben.

Auch mit verschiedenen Angeboten zur Resilienz und zur Achtsamkeit möchten wir die Studierenden auf ein erfolgreiches Berufsleben als Educating Artists vorbereiten. Gerade die Herausforderungen eines hohen Arbeitsaufkommens, von Stress oder beruflichen Rückschlägen erfordert verlässlich funktionierende Strategien in der Umgangsweise mit diesen, um den Anforderungen einer sich im stetigen Wandel befindlichen Portfoliokarriere im Musik- und Kulturbereich gerecht zu werden und sich dort erfolgreich und souverän bewegen zu können.

Eigene Standpunkte entwickeln

Im Zuge des neu erarbeiteten Curriculums haben wir im Rahmen eines aufwendigen Projekts mit Hilfe externer evidenzbasierter Unterstützung neue Veranstaltungen zu Themen wie „Musik und Medien“ oder „Musik und Gesellschaft“ eingeführt. Studierende sollen die Gelegenheit bekommen, sich auch in einen kulturwissenschaftlichen Diskurs begeben zu können und eigene Standpunkte zu entwickeln. Für das erste Semester haben wir eine studienrichtungsübergreifende Ringvorlesung installiert. Es geht in dieser Vorlesung um aktuelle musikalisch-gesellschaftliche Themen und die kritische Auseinandersetzung mit ihnen: „Improvisation and Ethics“, „Bezugnahmen zum Nationalsozialismus in der populären Musik“, „Wieso ist es so schwer, in Deutschland die LGBT-Geschichte des Musicals zu erzählen?“ sind beispielsweise Themen der Sitzungen des laufenden Wintersemesters. Diese Ringvorlesung entwickelt sich als unsere gemeinsame Veranstaltung zu einem guten Ort des fachübergreifenden Austauschs.

Das Institut für Musik ist Teil einer großen deutschen Hochschule. Die Hochschule Osnabrück hat insgesamt etwa 15.000 Studierende. Wir profitieren enorm von den Ressourcen dieser Hochschule in den unterschiedlichsten Bereichen von „Forschung und Lehre“ über Verwaltung, Gebäudemanagement, Bibliothek bis hin zu interessanten Kooperationen über die Fakultätsgrenzen hinweg. Aber wir können es uns auch nicht erlauben, im oft und gerne beschriebenen Kulturelfenbeinturm zu sitzen. Wir müssen ihn immer wieder verlassen und uns im Zusammenspiel der übrigen Fakultäten den gesellschaftlichen Anforderungen stellen. Kultur ist zwar seit vielen tausend Jahren in den seltensten Fällen wirtschaftlich profitabel oder es lässt sich nicht so einfach ein Mehrwert berechnen – aber erzählen Sie das mal einem Wirtschaftswissenschaftler oder einem Agraringenieur.

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