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Länderübergreifendes Projekt im Rahmen des europäischen Bildungsprogramms "Sokrates" - Lebensbegleitendes Lernen durch Zusammenarbeit von Eltern, Großeltern und Erziehern in den Ländern Deutschland, Litauen, Österreich und Ungarn
Der Elternverein Baden Württemberg e.V., Vorsitzende Frau Dr. Renate Heinisch, hat im Rahmen des europäischen Bildungsprogramms Sokrates eine "Europäische Lernpartnerschaft" bewilligt bekommen zu der "Bedeutung der Musikerziehung im frühkindlichen Bereich von behinderten und nicht behinderten Kindern für Eltern und Großeltern".Ziel ist dabei die Förderung des Lebensbegleitenden Lernens durch Zusammenarbeit von Eltern, Großeltern, Erzieher/innen und Lehrer/innen in den Ländern Deutschland, Litauen, Österreich und Ungarn.
Im Oktober 2003 fand ein erstes Treffen aller Partner der beteiligten Länder in der Internationalen Musikakademie in Weikersheim statt.
Nicht nur in beruflicher Hinsicht haben wir uns längst auf ein lebenslanges Lernen eingestellt, auch im musischen Bereich ist dies gefordert. Beim interkulturellen Austausch im Schloss Weikersheim ging es vor allem um die Förderung des Lebensbegleitenden Lernens durch Zusammenarbeit von Eltern und Großeltern mit Kindern.
Zu diesem Themenkomplex waren neben Deutschland Vertreter aus Österreich, Litauen und Ungarn in die Residenzstadt gereist. Federführend hatte die Vorsitzende des Elternvereins und Direktorin der Baden-Württembergische Elternakademie, Dr. Renate Heinisch aus Boxberg, dieses erste Treffen organisiert. "Heute ist Musik zwar überall präsent, aber im Bildungsverständnis hat Musik in den europäischen Ländern einen unterschiedlichen Stellenwert", betonte Renate Heinisch in ihrer Eröffnungsrede. So galt es, diese Unterschiede zu erörtern und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man voneinander lernen kann.
Die Musikwissenschaftlerin (und langjährige Direktorin der Stuttgarter Musikschule) Dr. Karina Telle aus Heidelberg konzentrierte sich in ihren Ausführungen auf die Angebote der Jugendmusikschulen und berichtete, dass die Musikschulen in Deutschland verstärkt Musikunterricht für Eltern mit ihren Kleinkindern anbieten. Dieser Elternschulung wird von den Musikpädagogen umsomehr Bedeutung beigemessen, da ein bedauerlicher Rückgang des elementaren Musizierens im familiären Alltag nun schon bei mehreren Generationen zu beklagen ist. Das Fehlen des natürlichen, spielerischen Umgangs mit Musik und Singen wirke sich negativ nicht nur auf die musikalische Entwicklung der Kinder aus und könne später in Kindergarten und Schule nur schwer nachgeholt werden.
Die Worte von Walter Pfohl vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg stießen bei den Teilnehmern auf großes Interesse. Er berichtete über die Musikinitiativen des Landes und stellte unter anderen die Stiftung "Singen mit Kindern" vor.
Die Vertreterinnen aus Litauen und Ungarn konnten davon erzählen, dass angehende Erzieherinnen im Fach Musik sehr gut ausgebildet werden, so dass das Singen und Musizieren im Kindergarten auf der Tagesordnung stehe. Allerdings sei dort wie hierzulande ein Rückgang des Musizierens in den Familien festzustellen. Auch in Österreich sei die musikalische Ausbildung für alle Bereiche der Kindererziehung sehr qualifiziert und umfasse neben umfassenden Angeboten auch zahlreiche Projekte der Konzertpädagogik für Kinder, berichtete Dr. Wolf Peschl von der Arbeitsgemeinschaft der Musikerzieher.
Experten wie der Sonderschullehrer Werner Bartholme von der Sprachheilschule Boxberg-Unterschüpf erläuterte, wie die Musik auf behinderte, besonders auf sprachbehinderten Kinder wirke. Bei ihnen sei der Spaß an Klängen und Rhythmen deutlich zu spüren und er kam zu dem Schluss, wer viel singt, sei ausgeglichener. Musik sei für sprachbehinderte Kinder eine große Chance zur Kommunikation.
Der Kinderarzt und Leiter des Sozialpädiatrischen Zentrums in Göppingen, Dr. Wolfgang Ettrich, schilderte bildhaft die eigenen Erfahrungen aus Afrika, wo Kinder bereits im Mutterleib mit Musik und Rhythmen aufwachsen und ihr Musikempfinden deshalb sehr stark ausgeprägt sei. Er bekräftigte die These, dass jeder Mensch musikalisch sei, sonst könne niemand eine Sprache erlernen.
Mit dem Vergleich der kulturellen Unterschiede in der Musikerziehung soll nun eine Lernende Partnerschaft von Eltern, Großeltern, Erziehern, Lehrer/innen, Ärzten und Wissenschaftlern für Kinder werden, die im Aufbau eines europäischen Netzwerkes "Musizierende" in Kindergärten und Schulen mit Eltern und Großeltern münden soll. Weitere Ergebnisse des Vierländer-Austausches sind, dass durch diese Lernpartnerschaft die Fähigkeit entwickelt und gefördert werde, durch Stimme und Sprache mit anderen zu kommunizieren. Weiterer positiver Nebeneffekt sei es, dass dadurch der Dialog der Generationen unterstützt werde und die älteren Menschen in den aktiven Bildungsprozess einbezogen werden. Darüber hinaus sollen Eltern und Großeltern zu Gesprächsforen eingeladen werden. Neue Wege zur Musikerziehung sollen erarbeitet werden und für die Förderung des Singens werden sich die Projektmitglieder einsetzen. Denkbar sind Aktivitäten wie Singe- und Erzähltage und die Erstellung eines europäischen Kinder- und Liederbuches. Basis ist es, Eltern und Großeltern für die Musikerziehung im frühkindlichen Alter zu sensibilisieren und sie für das Singen zu motivieren. Für sprachbehinderte Kinder soll eine Musiktherapie in Betracht gezogen werden. Andere Länder wie England, Frankreich und Dänemark sollen noch zu diesem europäischen Projekt aufgenommen werden.
Der Elternverein Baden-Württemberg, so berichtete Dr. Renate Heinisch, hat bereits mehrere Seminare und Projekte im Bereich der Eltern-Weiterbildung mit der Bedeutung der Musikerziehung durchgeführt.
Weitere Arbeitstreffen werden 2004 in Vilnius und Wien stattfinden.
Info:
Weiterführende Informationen unter
www. Elternverein-bw.de und
www. Elternakademie-bw.de