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Berlin-Reinickendorf: Auf Unverständnis in anderen Bezirken stößt die Art, wie sich der Leiter der Reinickendorfer Musikschule von seinen Honorarkräften trennt. Es ist von einem falschen politischen Signal und verheerenden Konsequenzen die Rede.
Zum Ende des Musikschuljahres 2001/02 wurden in Reinickendorf an alle 140 Honorarkräfte Blaue Briefe verschickt. Wie wir berichteten, sind vom Musikschulleiter Werner Kopp 40 Kündigungen als endgültig bezeichnet worden. 100 Musikschullehrer dürfen sich zum 1. Oktober wieder bewerben.Thomas Hamann, seit 16 Jahren als freie Honorarkraft und Leistungsträger an der Reinickendorfer Musikschule tätig, gehört zu jenen, die sich nicht wieder bewerben dürfen. Er fand das Kündigungsschreiben als Überraschung nach der Rückkehr aus dem Urlaub im Briefkasten. Hamann äusserte gegenüber der Morgenpost den Verdacht, dass Werner Kopp in Reinickendorf den Vorreiter für die anderen elf Musikschulen in Berlin spielen und sein Vorbild Schule machen könnte. Doch diese winken kollektiv ab.
«Aus meiner Sicht ist der Vorgang in Reinickendorf verheerend», sagt Christian Höppner, Musikschuldirektor in Charlottenburg-Wilmersdorf und Vorsitzender des Berliner Musikschulbeirats. Im Beirat habe die Handlungsweise Kopps Unverständnis hervorgerufen. Es sei nicht in Ordnung, dass qualifizierte Kräfte in die Sozialhilfe getrieben würden. Ein Musikschulleiter trage auch Fürsorgepflicht für langjährige Mitarbeiter.
«Kopp macht, was er will, und kooperiert mit niemandem», sagte Höppner weiter. Angesichts offensichtlicher Bestrebungen der Senatsinnenverwaltung, die staatlichen Musikschulen in Berlin ganz abzuwickeln, komme aus Reinickendorf ein schlechtes Signal. Monika Thiemen (SPD), Bezirksbürgermeisterin in Charlottenburg-Wilmersdorf, sieht das ähnlich: «Man muss nicht erst die Leute rauswerfen, um sie dann wieder einzustellen.» Während der Musikschuletat in Reinickendorf um 250 000 Euro gekürzt wurde, wolle sie keine Haushaltskürzungen bei ihrer Musikschule dulden.
Vertragskündigungen, wie in Reinickendorf praktiziert, sind auch an der mit über 400 Lehrern größten Berliner Musikschule in Steglitz-Zehlendorf kein Thema. «Auch wenn uns die Senatsvorlage zum Unterricht an den Musikschulen einiges Kopfzerbrechen bereitet, gehen wir den Reinickendorfer Weg nicht mit», versichert der zuständige Kulturstadtrat Erik Schrader (FDP). Zum einen könne die Senatsvorgabe unterschiedlich interpretiert werden. Zum anderen drohten zusätzliche Kosten. So würden die Verträge der Honorarkräfte dahingehend überprüft, ob ein arbeitnehmerähnliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Ist das der Fall, müsse ein zehn Prozent höheres Entgelt gezahlt werden und würde der Zuschuss zu den Lohnnebenkosten steigen.
Hajo Eckert
Berliner Morgenpost http://morgenpost.berlin1.de/archiv2002/020818/bezirke/story542644.html