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Reinickendorfer Musikschule kündigt allen Lehrern

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Musikschule kündigt Lehrern. Gewerkschaft: «Menschenverachtendes Vorgehen» - Gerichtliche Auseinandersetzung erwartet. Von Hajo Eckert

Es sind Ferien - und doch gibt es Missklänge in der Reinickendorfer Musikschule an der Buddestraße. Schon vor dem Ferienbeginn wurde allen 140 mit Dienstvertrag beschäftigten Musikschullehrern die Kündigung ins Haus geschickt. 40 blaue Briefe sind endgültig, 100 Adressaten dürfen sich zum 1. Oktober wieder bewerben. Sie müssen aber angesichts von Etatkürzungen von 250 000 Euro im Musikschulhaushalt mit Herabgruppierungen ihrer Dienstverträge und damit geringer ausfallenden Honoraren rechnen.

Die Fachgruppe Musik des ver.di-Landesvorstandes findet, dass Schulleiter Werner Kopp, der wegen seiner Personalpolitik schon mehrfach kritisiert wurde, diesmal den Bogen überspannt hat. Stefan Gretsch, Vorsitzender der ver.di-Fachgruppe Musik Berlin-Brandenburg, bezeichnet die 40 endgültigen Kündigungen als «menschenverachtendes Vorgehen». Denn Kopp, der seit 1996 Musikschulleiter ist, setze Lehrkräfte vor die Tür, ohne soziale Folgen zu beachten. Die Betroffenen, so vermutet Gretsch, zählten zu den Kritikern der Koppschen Leitungsmethoden. Der Schulleiter war bis zum Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Marita Boldt, 15 Jahre lang Honorarkraft in der Saxofonausbildung, behält sich rechtliche Schritte gegen ihre Entlassung vor. Denn sie sieht sich als «anerkannte arbeitnehmerähnliche Person», die - wie es in der Beamtensprache heißt - «wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig» ist.

Die 100 auf Bewährung gekündigten Musikschullehrer, so Andreas Eschen von ver.di, müssen mit ihrer Bewerbung für Verträge ab 1. Oktober Befähigungsnachweise sowie eine Abrechnung ihrer im vergangenen Musikschuljahr an jedem Schüler geleisteten Arbeit einsenden und nach neuen Senatsrichtlinien ihr Einvernehmen über Unterricht nach Lehrplänen bekunden. Eschen: «Das ist in der Frist von einer Woche nicht zu schaffen.»

Kulturstadtrat Thomas Gaudszun (SPD) sieht nichts Sittenwidriges in der Handlungsweise des Musikschulleiters. Er teile in den Entlassungsschreiben ja mit, dass er in der Musikschule viele Gespräche geführt habe und ihm «ausschließlich Zustimmung» zu den Kündigungsplänen signalisiert worden sei. Gaudszun: «Geringere Mittel ziehen ein schmaleres Angebot an der Musikschule nach sich.» Vorwürfe, dass man Musikschullehrer rausschmeiße, weist der Kulturstadtrat zurück. Das Verfahren sei dem Kulturausschuss in der Bezirksverordnetenversammlung vorgetragen worden. Somit habe größtmögliche Transparenz bestanden.
Berliner Morgenpost http://morgenpost.berlin1.de/bm/inhalt/heute/bezirke/story535567.html
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