Rostock (ddp-nrd). Das Rostocker Zentrum für verfemte Musik hat seit seiner Gründung vor neun Monaten zahlreiche in Vergessenheit geratene Werke gesammelt und veröffentlicht. «Angehörige von den Nazis verfolgter Komponisten haben uns allein in dieser Zeit rund 100 Stücke überlassen», sagte Birger Petersen, einer der Leiter des Zentrums an der Hochschule für Musik und Theater.
Damit sei das «Archiv der verstummten Stimmen», das im Schweriner Konservatorium aufbewahrt wird, auf rund 400 Kompositionen von etwa 60 Künstlern angewachsen.
Musikstudenten bedienten sich aus diesem Fundus mit wachsender Begeisterung, sagte Petersen. Die Musik sei oftmals so virtuos und fröhlich, dass es den jungen Leuten Spaß mache, sie beispielsweise zu Wettbewerben vorzutragen. Damit habe das Zentrum für verfemte Musik schon eines seiner Ziele erreicht, Stücke verfolgter oder ermordeter Künstler nicht nur zu Gedenktagen auf den Spielplan zu setzen.
Auch bundesweit knüpfe das Zentrum mehr und mehr ein Netzwerk von Partnern, die vergessene Komponisten wieder in das musikalische Gedächtnis rufen wollen. Es gebe zudem viele Anfragen von Schulen, die sich mit dem Schicksal dieser Künstler beschäftigen wollen. Mit den Kompositionen, die das Zentrum sammle, würden auch Lebenslinien der damals Verfemten wieder sichtbar, sagte Petersen. So habe die in Paris lebende Tochter eines ermordeten Komponisten nach Jahrzehnten erstmals wieder ihre Heimatstadt Schwerin besucht.
Das Rostocker Zentrum ist Mitte November Gastgeber der Europäischen Plattform für vom Nationalsozialismus verfolgte Musik. Dem Gremium gehören Forscher und Musiker aus acht Ländern an, es tagt zum ersten Mal in Deutschland, wie Petersen sagte.