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Bernd Redmann. Foto: privat
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Zukunftsfähigkeit als zentrales Anliegen

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Die Musikhochschule München bekommt mit Bernd Redmann einen Komponisten-Präsidenten
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Mit Bernd Redmann hat die Münchener Hochschule für Musik und Theater einen ausgewiesenen Ausbildungs-Fachmann, aber auch einen anerkannten Komponisten als Nachfolger von Siegfried Mauser gewählt. Mauser hat in seiner Amtszeit vieles an der Hochschule in Bewegung gesetzt. Wie wird es weitergehen? Für die nmz sprach Nikolaus Brass von der Münchner Gesellschaft für Neue Musik (MGNM e.V.) mit dem frisch gebackenen Hochschulpräsidenten.

neue musikzeitung: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer neuen Position an der Münchner Hochschule für Musik und Theater. Was ist dem neuen Präsidenten jetzt besonders wichtig? Welche Aufgaben stehen ganz oben an?

Bernd Redmann: Höchst dringlich ist die Generalsanierung des Hauptgebäudes der Hochschule in der Arcisstraße. Es fehlt an Schalldämmung, Überäumen, funktionaler Ausstattung – das 1957 als Musikhochschule hergerichtete Gebäude erfüllt bei weitem nicht mehr die Standards für eine zeitgemäße Musikausbildung. Mit der Einstellung des entsprechenden Haushaltstitels in den bayerischen Doppelhaushalt 2015/16, von der ich nach Auskunft von Staatsminister Dr. Spaen­le ausgehen darf, können wir dann endlich mit den Planungen beginnen. Priorität hat für mich außerdem die zukünftige Gliederung der Hochschule in Institute. Durch die Fusion mit dem Richard-Strauss-Konservatorium und die Implementierung neuer Studiengänge ist das Studienangebot wesentlich differenzierter geworden. Die Einrichtung von Instituten gibt den einzelnen Ausbildungsbereichen mehr Handlungsspielraum und organisatorische Eigenständigkeit, macht aber auch die Struktur nach außen transparenter.

Außerdem muss sich die Hochschule in den kommenden Jahren noch mehr als bisher schon um die aktuellen hochschulpolitischen Themen Qualitätsmanagement, Lehrentwicklung, Akkreditierung, Internationalisierung und interdisziplinäre Vernetzung kümmern. Es geht hier um die nachhaltige Hochschulentwicklung und Verbesserung der Studienbedingungen in vielen kleinen Etappen, die zusammen für unsere traditionsbewusste Hochschule einen großen Schritt in die Zukunft bedeuten.

Die Zukunftsfähigkeit steht und fällt für mich auch mit der Fähigkeit der Hochschule, auf die Veränderungen in der Musik- und Theaterlandschaft zu reagieren. Nur durch Innovationsbereitschaft können wir der Verantwortung für die berufliche Zukunft unserer Studierenden gerecht werden. Neben der Weiterentwicklung der hervorragenden künstlerischen Ausbildung liegen mir die in die gesellschaftliche Breite wirkenden pädagogischen Studienbereiche besonders am Herzen. 

nmz: Gibt es ein besonderes Talent, das der Komponist Bernd Redmann als Hochschulpräsident einbringt? Oder ist allein der Ausbildungs-, Verwaltungs- und Organisations-Fachmann Redmann gefragt?

Redmann: Es ist mir gerade wichtig, den Erfahrungshintergrund als kreativer Künstler und das Wissen um die Voraussetzungen künstlerischer Qualität in die herausfordernde Managementtätigkeit einbringen zu können. Damit ich der Rolle des Ermöglichers gerecht werden und dazu beitragen kann, die Potentiale der Hochschule bestmöglich zu entfalten, ist ebenso kreatives wie analytisch-sys­tematisches Denken erforderlich – diese Verbindung ist für mich in gewisser Weise die Fortsetzung kompositorischen Denkens in einem anderen Gebiet.

nmz: Welchen Stellenwert wird die Neue Musik in der Ausbildung der Ins­trumentalisten und Sänger an der Hochschule künftig einnehmen?

Redmann: Die Entwicklung geht dahin, dass die Neue Musik noch stärker in den Kernbereich der Instrumental- und Gesangsausbildung hineinwächst und nicht mehr nur als peripheres Spezialgebiet gesehen wird. Ein über diese breite Verankerung der Neuen Musik in allen Ausbildungsbereichen hinausgehendes Angebot ist der 2011 eröffnete Masterstudiengang Neue Musik, der heute schon ein Anziehungspunkt für in zeitgenössischen Ausdrucksformen versierte Instrumentalisten geworden ist. Diesen Studiengang möchte ich zur eigenständigen Experimentierplattform ausbauen, umfassende Teambildung auch zur Kompositions- und Dirigierseite hin anregen wie auch die Vernetzung in die internationale Neue-Musik-Szene vorantreiben.

Ein Anliegen ist mir auch die Kooperation eines neuen Landesjugendensembles für Neue Musik mit unserer Jugendakademie sowie die Intensivierung der Kooperation mit dem Bay­erischen Rundfunk, sodass talentierte Instrumentalisten und Sänger mit besonderem Interesse an Neuer Musik von der Vor-Studienphase bis zum Übergang ins professionelle Berufsleben exzellente Förderung an der Hochschule finden können.

nmz: Wie sehen Sie die Chancen, die Hochschule noch mehr mit Initiativen der „offenen Szene“ in München zu vernetzen? Ist das überhaupt ein Ziel?

Redmann: Die Hochschule kooperiert jetzt schon mit vielen Veranstaltern und ist an vielen Veranstaltungsorten in München und der Region präsent. Es ist eines meiner Ziele, die Vernetzungen in das Münchener Kulturleben hinein noch weiter auszubauen und die Öffnung unseres Hauses nach außen weiter voranzutreiben. Hier gilt es, für die einzelnen Ausbildungsbereiche jeweils passende Auftritts- und Projektplattformen zu finden. Den Studierenden kommt es zugute, wenn sie Erfahrung in unterschiedlichen kulturellen und sozialen Kontexten sammeln können. Allerdings dürfen wir uns auch nicht mit zu vielen Projekten und Aktivitäten verzetteln.

nmz: Die Münchner Gesellschaft für Neue Musik (MGNM e.V.) hat im letzten Jahr in einem Konzert der Reihe „Verhört – Komponisten im Gespräch“ einige Ihrer Kammermusikwerke vorgestellt, unter anderem wurde auch ein neues Klaviertrio von Ihnen durch Ingolf Turban, Silke Avenhaus und Jessica Kuhn uraufgeführt. Können Sie beschreiben, worauf es Ihnen beim Komponieren besonders ankommt? Welches sind die Schwerpunkte Ihres Schaffens? Gibt es einen Traum, den Sie sich als Komponist erfüllen wollen?

Redmann: Ich versuche bei jeder kompositorischen Arbeit von Null anzufangen, zu neuen Ufern aufzubrechen, Alles anders zu machen. Auch wenn dieses Selbstbild partiell eine Illusion bleibt und sich doch gleichbleibende Gestaltungsformen (positiv gesehen als eine eigensprachliche Handschrift) abzeichnen, kann ich sagen, dass sich meine Stücke mit sehr unterschiedlichen musikalischen Daseinsebenen und Ideen auseinandersetzen. Ich gehe eher nicht vorkonzipierend und -disponierend vor, sondern versuche, mich durch Aufdeckung und Findung mir zuvor verborgener Aspekte gleichsam selbst zu überraschen. Vom Ansatz her entfalten sich meine Kompositionen häufig als innerer Dialog und in tendenziell dialektischer Entwicklung. Mein Schwerpunkt liegt sicher in der Instrumentalkomposition, in der Kammer-, Ensemble- und Orchestermusik. In Zukunft möchte ich mich mehr der Vokalkomposition zuwenden, besonders würde ich mich freuen, wenn ich nach „Die Gehetzten““(Theater Bremen, 2010) in den nächsten Jahren wieder ein neues Musiktheater uraufführen könnte.

nmz: Gerade wird ja der „Weltbezug“ der Neuen Musik kritisch hinterfragt, – also der Bezug, den die heute komponierte – und überwiegend an Hochschulen auch gelehrte – Kunstmusik zur Lebenswelt von Komponisten, Interpreten und Publikum hat. In wie fern ist das für Sie als Komponist und Hochschulpräsident ein Thema?

Redmann: Ästhetische Autonomie ist kein Luxus, sondern Grundbedingung künstlerischen Schaffens. Andererseits wird die Fortentwicklung und Realisierbarkeit der ästhetisch tendenziell hermetischen Neuen Musik seit Jahrzehnten durch öffentliche Kulturförderung ermöglicht. In die Zukunft gedacht wird es für die Neue Musik von vielleicht existenzieller Bedeutung sein, sich noch mehr soziale Begegnungs- und Reibungsflächen zu erschließen. Nur wenn es ihr gelingt, sich in gesellschaftliche Diskurse einzubetten, sich inmitten einer durch Angleichung verödeten Mainstream-Musikkultur als Faszinosum zugänglich zu machen, kann sie sich auch in Zukunft ihren Anspruch auf öffentliche Relevanz erhalten.

Dieses dialogische Verhältnis zur Gesellschaft, das Aufgreifen kultureller Veränderungsprozesse, die Offenheit für neue künstlerische Ausdrucksformen und ästhetische Positionen, die Erschließung neuer Publikumskreise und medialer Vermittlungsformen all diese Themen sind nicht nur für die Neue Musik, sondern auch für die Zukunftsfähigkeit einer Musik- und Theaterhochschule essentiell. Und auf diesen Kurs inmitten des stürmischen Flusses lebendiger kultureller Entwicklung möchte ich meine Hochschule in den nächsten Jahren bringen. 

nmz: Vielen Dank für das Gespräch.

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