An Musikhochschulen laufen die Uhren anders als an Universitäten – so kann man das mit einiger Berechtigung sehen. Schließlich sind die meisten Musikhochschulen – im Gegensatz vor allem zu den Massenuniversitäten – klein, beschaulich und alles, auch die Hochschulpolitik, findet in einem eher familiären Rahmen statt. Hinzu kommt, dass nirgendwo der Anspruch der Bildungspolitik, Exzellenz zu befördern, bereits so nachdrücklich erfüllt wird wie an den Musikhochschulen. Dafür sorgen allein schon die anspruchsvollen Aufnahmeprüfungen. Kurz, hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein!
Diese Sichtweise ist allerdings einseitig, denn sie übersieht, dass Universitäten und Musikhochschulen mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, genannt seien hier nur die Unterfinanzierung durch die Landesregierungen und die Umstellungen im Rahmen des Bologna-Prozesses. So muss man eher sagen: An den Musikhochschulen gibt es die gleichen allgemeinen Probleme wie an den Universitäten, aufgrund der spezifischen Bedürfnisse aber in besonderer Ausprägung.
In diesem Spannungsfeld zwischen allgemeinen und spezifischen Problemen bewegt sich die studentische Politik der ASten an Musikhochschulen. Auch wir kämpfen – wie die Studierendenschaften an den Universitäten – gegen die gesetzlich festgeschriebene Bedeutungslosigkeit der Studierenden in den meisten Hochschulgremien, auch wir setzen uns vielerorts gegen Studiengebühren ein, aber wir stellen uns auch die Frage, wo zum Beispiel im verschulten Bachelor-/Master-System der Freiraum speziell zur musikalischen Entwicklung und Selbstverwirklichung bleibt. Dabei sind die Arbeitsbedingungen unserer ASten im Vergleich zu denen der Universitäten komplett verschieden: Während Universitäts-ASten – teilweise ausgestattet mit einem Jahresetat von mehreren hunderttausend Euro und getragen von durchorganisierten Hochschulgruppen – große Politik betreiben können, wirkt unsere – oft von kleinen Personengruppen getragene – Alltagsbewältigung sehr bescheiden. Umso wichtiger ist es, sich untereinander zu vernetzen, um mit vereinten Kräften die gemeinsamen Interessen zu vertreten!
Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die erste Musikhochschul-Bundes-ASten-Konferenz (MuBAK), die vom 17. bis 18. Mai – zeitgleich mit der Rektorenkonferenz der Musikhochschulen – in Trossingen stattfand. Dabei zeigte sich in den Diskussionen, dass sowohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen als auch die Strukturen innerhalb der Musikhochschulen und der Studierendenvertretungen deutschlandweit so unterschiedlich sind, dass es oft schwierig war, die jeweiligen Erfahrungen zu vergleichen. Dennoch ist es uns im Laufe der Tagung in einer Mischung aus Plenums- und Gruppenarbeit gelungen, zu verschiedensten Themen gemeinsame Stellungnahmen und Forderungen zu erarbeiten. Wir fordern zum Beispiel ein wirkungsvolleres verbrieftes Mitspracherecht für uns Studierende bei hochschulpolitischen Entscheidungen, eine bessere finanzielle Ausstattung der Hochschulen durch die Länder und betonen zugleich, dass Studienbeiträge aufgrund der mit ihnen verbundenen sozialen Ungerechtigkeit der falsche Weg sind, die Finanzlöcher zu stopfen. Desweiteren fordern wir eine bessere Abstimmung der Musikhochschulen untereinander, zum Beispiel was die Anrechnung von Veranstaltungen oder die teilweise sehr unterschiedlichen Strukturen der Bachelor-/Master-Studiengänge angeht. Zusammengefasst wurden die Ergebnisse unserer Diskussionen schließlich in einer gemeinsamen Abschlusserklärung, die unter http://www.mh-trossingen.de/infothek/fuer-studierende/asta/mubak-2010.h… heruntergeladen werden kann.
Das zentrale Thema des zweitägigen Treffens war die Bachelor-/Master-Umstellung, die alle Musikhochschulen gleichermaßen betrifft. Es zeigte sich schnell, dass die bisherigen Erfahrungen mit der Umstellung eher negativ waren. Mit Veranstaltungen überladene Studiengänge, die wenig Zeit zum Üben lassen, zahlreiche laufend zu erbringende Prüfungsleistungen, die Unvereinbarkeit des Studiums mit Nebenjobs und auch musikalischen Auftritten, die ja nicht zuletzt der Finanzierung des Studiums dienen, rigide Regelstudienzeiten und geringe Wahlmöglichkeiten bei der Kursbelegung – all dies steht aus unserer Sicht im Gegensatz zu einem wirklich künstlerischen Studium, das wie kaum ein anderes Zeit für individuelle Schwerpunktsetzungen und Kreativität lassen muss. Dazu in unserer Abschlusserklärung: „… auch wenn die Erfolge beziehungsweise Misserfolge bei der Umsetzung (der Bachelor-/Master-Studiengänge)von Hochschule zu Hochschule individuell bewertet werden müssen und wir die Chance einer Neugestaltung der Studiengänge im Zuge der Bachelor-/Master-Umstellung nicht verkennen wollen, so ergeben sich aus den bisher gemachten Erfahrungen erhebliche Zweifel, ob das Bachelor-/Master-System für die künstlerischen Studiengänge eine sinnvolle Struktur darstellt. Das gilt im Besonderen für die Lehramtsstudiengänge.“
Auch wenn klar ist, dass die Vernetzung und die Abschlusserklärung keine kurzfristigen Änderungen herbeiführen werden, war es uns wichtig, einmal mehr deutlich zu machen, was wir als Studierendenvertreterinnen und -vertreter wollen, nämlich aus der Sicht der Betroffenen die Folgen und Mängel der laufenden Veränderungen zu dokumentieren und die Diskussion in Richtung notwendiger oder wünschenswerter Korrekturen zu befördern.
Am Ende der Tagung in Trossingen, die noch durch einige kulturelle Programmpunkte, etwa eine Führung durch die Klaviermanufaktur Sauter, bereichert wurde, bleibt festzuhalten, dass die erste MuBAK definitiv Lust auf mehr gemacht hat und hier möchte ich stellvertretend für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer dem AStA der Musikhochschule Trossingen ganz herzlich für die ausgezeichnete Organisation danken! Man sieht sich 2011 in Lübeck!
Christoph Müller-Oberhäuser
AStA der Hochschule für Musik und Tanz Köln