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Vom schnodderigen Ton

Untertitel
Zur Kritik Hermann J. Kaisers an dem Artikel „Auf der Suche nach dem verlorenen Gleichgewicht“ von Klaus Velten
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Ich habe lange darüber nachgedacht, ob es sich lohnt, auf die Stellungnahme H.J. Kaisers zu meinem in der Juli/August-Ausgabe der nmz veröffentlich-ten Artikel „Auf der Suche nach dem verlorenen Gleichgewicht“ zu reagieren. Im Interesse der Sache habe ich mich entschieden, der sehr pauschalen Kritik des Kollegen mit einigen Anmerkungen zu entgegnen. Schließlich hatten meine Ausführungen nicht zuletzt das Ziel, den schulmusikalischen Diskurs anzuregen.

1. An keiner Stelle meiner Ausführungen ist von einem Schüler und Lehrer reglementierenden „Kanon“ die Rede. Es wirft ein bezeichnendes Licht auf die Entgegnungsstrategie des Autors, wenn er die von mir vertretene Position sogleich in einen gesellschaftspolitischen Zusammenhang bringt, der mit der hier angesprochenen Thematik kaum zu tun hat. Es ist dies eine von ideologiebedingten Motiven geleitete Strategie, deren Ziel die Schwächung der bürgerlichen Musikkultur ist und deren Ursache in der persönlichen Musikerbiographie des Autors vermutet werden kann. Ein Schulmusikerzieher, der sich in seinem Studium und hernach ernsthaft um das Verständnis von Werken der artifiziellen Musik bemüht hat, wird von der Bildungskraft dieser Inhalte überzeugt sein und sich in seiner Berufspraxis entschieden dafür einsetzen. Er wird in der Auswahl seiner Unterrichtsinhalte nicht Beliebigkeit walten lassen. Er wird sich beim Unterrichten nicht in erster Linie von erziehungswissenschaftlichen Theorien leiten lassen, sondern von seiner ästhetischen Erfahrung, die er im Umgang mit der Musik erworben hat. Warum eine solche Einstellung „makaber“ (= grausig, düster) sein soll, ist schlichtweg unverständlich.

2. Es ist mir bewusst, dass der von mir formulierte Bildungsauftrag des schulischen Musikunterrichts eine normative Setzung ist. Sie als „simpel“ und „vorwissenschaftlich“ abzuqualifizieren, ist arrogant und nichts als die Reaktion eines realitätsfernen „Didaktikers“, der den desolaten Zustand des schulischen Musikunterrichts vor Ort nicht wahrnehmen will. Die in den vergangenen 30 Jahren zu beobachtende schrittweise Preisgabe eines verbindlichen musikalischen Bildungsbegriffs hat dazu geführt, dass die Ergebnisse des schulischen Musikunterrichts von Kulturverantwortlichen, insbesondere von professionellen Musikern und Instrumentalpädagogen nicht ernst genommen werden. Die sich „wissenschaftlich“ gerierende Didaktik hat nicht zu verhindern gewusst, dass im „Urteil“ insbesondere von Haupt- und Realschülern Dieter Bohlen vor Ludwig van Beethoven rangiert, einfach aus dem Grunde, weil ihnen Beethovens Musik vorenthalten wurde. Dieses ist eine „inhumane“ Restriktion. Die Erfahrung bestätigt, dass eine unvoreingenommene Vermittlung klassischer Musik bei Jugendlichen auch aus bildungsfernen Schichten Resonanz findet. Wenn der Autor den von mir vertretenen Begriff von musikalischer Bildung als „in sozialer Hinsicht exklusiv“ bezeichnet, so gibt er seine ideologieverhaftete Position klar zu erkennen. In einfachen Worten ausgedrückt: artifizielle Musik ist nichts für „einfache“ Leute; sie können ruhig weiterhin Objekte kulturindustrieller Steuerung bleiben.

3. Die völlig unbegründete Zurückweisung des Konzepts der „didaktischen Interpretation von Musik“ zeigt, dass der Autor jeden Bildungsanspruch des schulischen Musikunterrichts selbst preisgegeben hat und zu denen gehört, die in die Untiefen einer „Anpassungspädagogik“ versackt sind. Die redlichen hermeneutischen Bemühungen, die Distanz zwischen den unterschiedlichen Erfahrungsebenen verschiedener Epochen und Generationen zu überbrücken, werden in äußerst schnoddrigem Ton abgetan, so dass Zweifel an der wissenschaftlichen Seriosität des Autors aufkommen können.

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