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Erster Orgelpreisträger seit 21 Jahren: Aurel Dawidiuk. Foto: DMW/Heike Fischer
Erster Orgelpreisträger seit 21 Jahren: Aurel Dawidiuk. Foto: DMW/Heike Fischer
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Ein Preis, der Karrierewege ebnen kann

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Eindrücke vom Deutschen Musikwettbewerb in Bonn
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Der Preisträger spielte Klavier. Das wäre eigentlich nicht der Rede wert. Doch Aurel Dawidiuk heimste beim diesjährigen Deutschen Musikwettbewerb (DMW) einen Preis in der Kategorie Orgel ein (das finale Wertungsspiel ging in der Kirche St. Simon und Judas in Hennef über die Bühne).

Beim Konzert der Preisträger in der Aula der Universität Bonn musste er jedoch am Flügel Platz nehmen – die 1957 von der Firma Klais erbaute Orgel ist nämlich seit Jahrzehnten unspielbar. Hoffnung, sie wieder spielen zu können, schürt die anstehende Generalsanierung der Aula. So lenkte also der Auftritt von Dawidiuk den Blick nebenbei auf ein konzerttechnisches Desideratum in der Bundesstadt am Rhein, dem diesjährigen Austragungsort (2021 war es Freiburg). Dieses Manko mutet allerdings winzig an im Vergleich zu dem sich in abstruse Dimensionen auswachsenden Sanierungsfall Beethovenhalle. Welch vorzüglicher Pianist er ist, stellte Dawidiuk an diesem Abend mit Franz Liszts Präludium und Fuge über den Namen „B-A-C-H“ unter Beweis (die er auch schon auf CD eingespielt hat). Dawidiuk, mit 22 Jahren bereits ein vielbeschäftigter Künstler, ist beim DMW der erste Preisträger im Fach Orgel seit 21 Jahren. Die Zahl der Laureaten ist beim DMW nicht festgelegt, in diesem Jahr waren es drei. Ein olympisches Siegertreppchen gibt es dabei nicht, alle Preisträger befinden sich auf demselben Level. Neben Dawidiuk waren es die Geigerin Anna Luisa Kramb, die sich mit Mozarts Violinkonzert A-Dur präsentierte, sowie der Klarinettist Lyuta Kobayashi, der Mozarts Klarinettenkonzert darbot (beide begleitet vom Kölner Kammerorchester unter Leitung von Artem Lonhinov). 

Ein Preis beim DMW hat schon manchem und mancher den Weg zur Karriere geebnet. Sabine Meyer wäre zu nennen, ebenso Alban Gerhard, das Ensemble Amarcord oder das Artemis-Quartett. Wobei es weniger um das Preisgeld geht – es liegt derzeit in der Regel bei 5.000 Euro –, sondern um die umfangreichen und langfristig angelegten Fördermaßnahmen, die mit einem Preis verbunden sind. Durch Konzertvermittlung und die Produktion einer CD werden bei Veranstaltern Türen geöffnet, individuelle Karriereberatung inklusive Beratung bei der Programmplanung und Honorarverhandlungen machen sattelfest fürs Leben als Berufsmusiker. Eine Teilnahme am DMW lohne sich in jedem Fall, erklärt Irene Schwalb, zuständig beim Deutschen Musikrat für den DMW: „Man bereitet sich nie so gut vor wie auf einen Wettbewerb oder auf eine CD-Aufnahme. Sich einmal „auf neun oder zehn Stücke zu fokussieren, um die dann innerhalb einer guten Woche abliefern zu können“, das sei, ob man nun gewinnt oder nicht, für einen Musiker einfach ein wichtiges Stück Lebenserfahrung. Mehr als 5.000 Musiker und Musikerinnen im Alter bis zu 30 Jahre haben seit Bestehen des DMW, also seit 1975, teilgenommen, etwa 200 gingen als Preisträger nach Hause, etwa 800 als Stipendiaten. Letztere müssen zwar auf eine CD-Produktion verzichten, erhalten aber diverse Sach- und Sonderpreise sowie ebenfalls umfangreiche Fördermaßnahmen. Preisträger wie auch Stipendiaten werden jährlich in rund 150 bzw. 180 Konzerte vermittelt.

Beim DMW entscheidet in der letzten Runde eine 35-köpfige Gesamtjury, zusammengesetzt aus den Fachjurys der Vorrunden. Kriterien sind dann weniger instrumentalspezifische als Aspekte der musikalischen Persönlichkeit. In diesem Jahr etwa galt es, ein Programm zum Thema „Atem“ zusammenzustellen. Kritiker wenden dagegen ein, dass beispielsweise Klarinettisten über Geiger mitentschieden und sich der oder die durchsetze, der oder die sich besser „verkaufen“ könne. Auf jeden Fall sind Stipendiaten nicht als Musiker „zweiter Wahl“ misszuverstehen. Nichts verdeutlichte das besser als das Abschlusskonzert der Stipendiaten. Unter anderem empfahlen sich das Malion-Quartett mit einer tiefgründigen Brahms-Darbietung, der Saxophonist Anže Rupnik (mit Berios „Sequenza VIIb“) oder das „Weir“-Liedduo (Hannah Elisabeth Meyer, Sopran, und Nasti Sokolova, Klavier) mit Liedern von Enescu. Den Kompositionspreis des Deutschlandfunks erhielt Marc L. Vogler für „nature morte“ für Liedduo, der Kompositionspreis des Deutschen Musikwettbewerbs ging an Taehyun Ha für „Winternacht“ für Klaviertrio. 

 

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