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Geduld, Empathie, Mut

Untertitel
Verleihung der diesjährigen Kunstpreise der Stadt Köln
Vorspann / Teaser

„Das Allerwichtigste ist, zu erkennen, dass man selber das Instrument ist. Die Drumsets, die überall rumstehen, sind zweitrangig. Dieselbe Improvisation könnte ich jetzt auch hier auf dem Küchentisch spielen.“ So äußerte sich Leif Berger in einem kurzen Videoportrait, mit dem der Schlagzeuger, Pianist und Bandleader bei der Verleihung der Kunststipendien der Stadt Köln im Rathaus vorgestellt wurde. Der 1995 in Münster geborene Musiker erhielt das von privat finanzierte Horst & Gretl Will-Stipendium für Jazz und Improvisierte Musik. An der Hochschule für Musik und Tanz Köln ausgebildet, fand er nach eigener Aussage seine wichtigste Lehrerin jedoch in der Musik selbst: „Musik ist ein schöner Spielplatz, aber man lernt durch sie auch Geduld, Empathie, Mut, Fokussierung.“

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Die fünf Förderstipendien der Stadt Köln sind mit je zwölftausend Euro dotiert. In den vergangenen Jahren wurden sie stets von Oberbürgermeisterin Henriette Reker verliehen. Diesmal übernahm dies Bürgermeister ­Ralph Elster. Die Preise wollen künstlerische Freiheit ermöglichen. In Umkehrung der kapitalistischen Effizienzlogik „Zeit ist Geld“ verschaffen die Preisgelder idealerweise Zeit, die für Absolventen von Musik- und Kunsthochschulen vor allem Freiheit bedeutet: Freiheit vom Zwang zu Nebenerwerb sowie Freiheit zu Selbstfindung, Nachdenken, Probieren, Forschen, Experimentieren, Arbeiten, Vernetzen… Ein weiterer Bestandteil der Kunstpreise sind Lesungen, Ausstellungen und Konzerte in einschlägigen Spielstätten der Stadt, bei denen sich die Ausgezeichneten der hiesigen Öffentlichkeit und Kulturszene vorstellen. Bewerben können sich Kunstschaffende bis 35 Jahre, die in Nordrhein-Westfalen leben und arbeiten.

Angesichts der Vielfalt und Dynamik von Jazz und neuer Musik in Köln und NRW erstaunen die geringen Bewerbungszahlen. Leif Berger setzte sich gegen lediglich acht Mitbewerbungen durch. Nun spielt er mit seinem Quartett bei der Cologne Jazzweek. Der aktuelle Träger des Bernd-Alois-Zimmermann-Stipendiums Nicolas Kuhn hatte bloß elf Mitbewerbungen und wird nun in der Kunst-Station Sankt Peter porträtiert. Der 1989 in Stuttgart geborene Komponist und Dirigent studierte und lebt in Düsseldorf. An der Musikhochschule Dresden leitet er das Ensemble für neue Musik. Barbara Mauer hob als Jurymitglied und Laudatorin die Sparsamkeit seiner Partituren hervor, die sich auf wenige, umso genauer beleuchtete Elemente konzentrieren und der Wahrnehmung dafür in vielen Generalpausen die nötige Zeit lassen. Kuhn reagiert auf die analog-digital hybridisierte Lebens- und Medienwelt, indem er Instrumente so künstlich wie möglich und Elektronik so natürlich wie möglich erscheinen lassen möchte. Zudem befragt er die vermeintliche Natürlichkeit bestimmter Gesten der Musik des 19. Jahrhunderts sowie die scheinbare Authentizität von Field-Recordings.

Die anderen Kunstsparten verzeichneten 35, 80 und 41 Bewerbungen. Das Chargesheimer-Stipendium für Medienkunst erhielt der 1989 in Moskau geborene Danila Lipatov. Er studierte Translationswissenschaft in Russland und ab 2016 Videokunst und Performance an der Kunsthochschule für Medien Köln. Seine filmischen Arbeiten sind biographisch geprägt durch Migration, Mehrsprachigkeit und Queerness. Das Friedrich-Vordemberge-Stipendium für Bildende Kunst wurde der 1991 in Bukarest geborenen Cristiana Cott Negoescu zugesprochen. Sie studierte in England und bis 2022 an der Kunst­akademie Düsseldorf. Sie verbindet Konzeptkunst und Choreographie und bezeichnet sich daher als „Conceptographer“. Das Rolf-Dieter-Brinkmann-Stipendium für Literatur erhielt die 1992 in Aachen geborene Autorin Mirjam Kay Mashkour. Ihr Debütroman „Star Girl Space Boy“ erscheint demnächst in der Black Edition. Ihr zweites Romanprojekt beschäftigt sich mit dem Problemkomplex von Wohnraum, Mietpreisen, Immobilienhandel und Sozialleistungen.

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